Etwa eine Handvoll Lebensversicherer wird in den kommenden Wochen mit neuen Berufsunfähigkeitsversicherungen auf den Markt kommen, bei denen die pauschalen Risikozuschläge für gefährliche Berufe, etwa Dachdecker, Sprengmeister und Geldtransportfahrer entfallen. Statt dessen wird es je nach Berufsgruppe völlig unterschiedliche Grundprämien geben.
Einzelheiten geben die Gesellschaften zwar im Vorfeld noch nicht bekannt. Klar ist jedoch, daß sich viele Freiberufler und Selbständige auf kräftige Preisreduzierungen von bis zu 30 Prozent freuen können. Draufzahlen müssen alle Angehörigen von Berufen mit höherem Risiko berufsunfähig zu werden, also beispielsweise Handwerker. Berufsgruppen also, die gerade auf privaten Berufsunfähigkeitsschutz angewiesen sind, weil sie von Vater Staat im Fall des Falles nichts oder nur wenig zu erwarten haben.
Damit setzt sich bei den Personenversicherungen eine Tendenz fort, die die Allianz Autoversicherung im vergangenen Jahr mit ihren Berufsrabatten eingeläutet hatte. Zwar sind die neuen Tarife in der Regel tatsächlich risikogerechter - wer kostenintensive Schäden verursacht, muß höhere Versicherungsbeiträge zahlen. Die Kehrseite der Medaille: Preise und Leistungen lassen sich nicht mehr vergleichen, Versicherungsprodukte werden immer undurchsichtiger und beratungsintensiver.
Immerhin: von einer Neuerung werden künftig alle Berufe profitieren. Etliche Gesellschaften werden auf ihr Recht zur "abstrakten Verweisung" verzichten. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit des Versicherers, einen berufsunfähig gewordenen Kunden auf eine andere Tätigkeit zu verweisen, die er theoretisch noch ausüben kann. Ob er in diesem Bereich auch tatsächlich einen Job bekommen hätte, spielte keine Rolle. Der Versicherer konnte die Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente verweigern. Nach den neuen Regeln darf die Gesellschaft nur dann auf eine andere Tätigkeit verweisen, die der Kunde auch praktisch bereits ausübt und die zu seiner Lebensstellung paßt.
Neues deutet sich auch in der privaten Krankenversicherung an. Wurden bisher nur Beamte und Ärzte mit eigenen Offerten bedacht, könnten schon bald wie bei den neuen Berufsunfähigkeitstarifen eine ganze Reihe überwiegend selbständiger und freier Berufe von günstigeren Preisen profitieren. Vorreiter dieser neuen Tarifgeneration ist die Bayerische Beamtenkrankenkasse mit ihrem Angebot "Com-pactPrivat". 75 Berufsgruppen vom Elektriker bis zum Seelsorger wurden nach einem Verzeichnis der Bundesanstalt für Arbeit herausgefiltert.
Selbständige und Freiberufler der ausgewählten Berufsgruppen erhalten einen Nachlaß von im Schnitt 30 Prozent gegenüber ihren Angehörigen und den Angestellten der jeweiligen Berufe. Wechselt der Selbständige in ein abhängiges Arbeitsverhältnis oder in einen Beruf, der sich nicht auf der Liste befindet, wird auch die Krankenversicherung auf die teurere Variante umgestellt.
Rat: Wer einen risikoreichen Beruf ausübt und sich für den Abschluß einer Berufsunfähigkeitsversicherung interessiert, sollte sich beeilen, um noch einen günstigen Tarif zu ergattern. In der privaten Krankenversicherung wird es wohl auch künftig genügend Auswahl zwischen Angeboten ohne Berufsgruppen-Bonus oder -Malus geben.