Den Chef erwischt’s im Stress, die Mitarbeiter bei doofen Drehungen. Hexenschüsse sind nicht nur eine Volkskrankheit sondern auch ein echter Handwerkfluch. Der Grund: schießt die Hexe, ist an Arbeit nicht mehr zu denken. Stattdessen regiert der Schmerz.
Der Physiotherapeut Till Moritz richtet in seiner Praxis täglich im Schnitt fünf Hexenschuss-Betroffene wieder auf. Für handwerk.com fasst er die wichtigsten Infos und Tipps zum Thema zusammen:
Was ist Hexenschuss und wo wird "geschossen"?
Hexenschuss ist eine Verwringung des Beckens. Die höllischen Schmerzen rühren daher, dass dabei Nerven gequetscht oder eingeklemmt werden. Beste Voraussetzungen für Hexenschüsse sind Drehungen mit Lasten auf dem Arm in der Kälte – am besten noch bei Schiefstand auf einem Dach. Im Büro schlägt die Hexe oft bei Stress zu. Wenn die Muskeln verspannt sind, hebeln sie schon mal das Gelenk aus.
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Worauf kommt es an bei Hexenschuss-Therapien?
Das Becken ist sozusagen die Bodenplatte für die Wirbelsäule. Ist das Becken verwrungen, steht man nachher schief und die Hüften (als Torpfosten) haben unterschiedliche Lasten zu tragen. Die Wirbelsäule kann das über Jahre hinweg ausgleichen ohne dass man seine eigene Schonhaltung bemerkt. „Auch der Glöckner von Notre Dame fühlt sich wahrscheinlich gerade", meint Moritz.
3-7 Jahre danach kann so ein Schiefstand aber zu Folgeschäden führen (Miniskusschaden, Schwindel, Bandscheibenvorfall). Darum steht an erster Stelle: wieder alles ins Lot bringen! Das machen Physiotherapeuten, Chiropraktiker, Osteopathen und Orthopäden. Akupunktur sticht kein Becken wieder gerade. Sie lockert die Muskeln, kann Nervenreizungen lindern und erwischt so womöglich die Ursachen für einen Hexenschuss.
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Wie schnell wird man einen Hexenschuss wieder los?
Eins ist klar: Hexenschuss macht in Sekundenschnelle arbeitsunfähig. Die Schmerzen lassen gerades Stehen nicht mehr zu. Wer sich ins Bett legt, leidet da meistens noch mehr (darin unterscheiden sich Hexenschüsse übrigens von den viel selteneren Bandscheibenvorfällen).
Das Becken wieder Geraderücken schaffen Profis innerhalb weniger Minuten. Die Nerven brauchen oft länger, um sich wieder zu erholen. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein gerade wieder gerichtetes Becken die fiese Bewegung bald wiederholt. Darum sollte man Hüften und Becken in den vier bis sechs Wochen nach einem Hexenschuss wieder stabilisieren. Eine einzige Sitzung reicht dabei oft nicht aus.
Wie lassen sich Hexenschüsse vermeiden?
Einseitige Bewegungen befördern Hexenschüsse, darum sollten gerade Handwerker wie Steinmetze, Dachdecker und Friseure Ausgleichssport machen. Schwimmen, Laufen oder Walken machen den Körper geschmeidig und beweglich. Um die Muskulatur gezielter gegen Hexenschüsse zu wappnen empfiehlt Moritz Pilates. Einfache Grundregel: Wer hebt, zieht dabei seinen Bauchnabel nach innen – das stabilisiert.
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Schiefstand frühzeitig erkennen - bevor es schmerzhaft wird!
Jeder kann selbst zu Hause prüfen, ob er schon schief steht (bevor es Schmerzen gibt).
1. mit Wasserwaage, Spiegel und wasserlöslichem Edding
Zeichnen Sie ein Lot auf Ihren gerade stehenden Ganzkörperspiegel und stellen Sie sich davor. Wenn Sie mittig davor stehen und Ihr Bauchnabel links oder rechts vom Lot ist, stehen Sie schief und sollten gegensteuern.
2. mit fremder Hilfe
Legen Sie sich auf den Boden und bitten Sie jemand anders zu schauen, ob eines Ihrer Beine länger wirkt als das andere. Tatsächlich unterschiedlich lange Beine sind höchst selten. Viel häufiger ist auch hier ein Schiefstand im Becken die Ursache.
Sie wollen tiefer ins Thema einsteigen? Hier noch ein Buchtipp
Bei der Behandlung von Hexenschüssen führen viele Wege nach Rom, sagt der Fachmann. Wer sich tiefer mit dem Thema beschäftigen will oder muss, findet in der Cross-Therapie eine sanfte Soforthilfe-Methode, die auch zur Prävention hilft. Entwickelt wurde sie von Lilo Cross – die auch viele Steinmetze behandelte. Hier geht’s zum Buchtipp: Soforthilfe bei Rückenschmerzen. Moritz sagt: „das hilft und liest sich sehr verständlich“.
Weitere Infos zum Thema:
(kö)