- Chefs sind nicht Teil des Teams und müssen deshalb ein gewisses Maß an Lästerei ertragen.
- Doch wenn die Stimmung im Betrieb kippt, einzelne Mitarbeiter Unwahrheiten verbreiten oder vor Kunden lästern, sollten Sie handeln.
Wer Chef ist, entscheidet und das nicht immer im Sinne aller Mitarbeiter. Klar wird deswegen auch mal schlecht geredet. Psychologin Dagmar Holzberger erklärt, wann Lästern zum Problem für Chefs werden kann und was Sie dagegen tun können. Grundsätzlich aber, meint sie, sei Lästern über den Boss eher eine teambildende Maßnahme.
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Darum sollten Ihre Mitarbeiter lästern dürfen
In jedem Betrieb wird mal über den Chef gemotzt – schon wieder hat er mehr Sorgfalt angemahnt, Unpünktlichkeit moniert oder über unaufgeräumte Baustellenfahrzeuge geschimpft. „Das braucht mich als Chef nicht zu unbedingt stören“, sagt Psychologin Holzberger. „Es gehört zur Rolle: Chefs werden auch dafür bezahlt, dass man über sie meckern darf.“
Schließlich sei ein Vorgesetzter kein Teammitglied und schon gar nicht der beste Freund aller Mitarbeiter. „Da muss man sich nur an seine Schulzeit erinnern – über Lehrer wurde geschimpft, das gehört dazu“, so Holzberger. Wen die Lästerei störe, solle sich klarmachen, dass es im Betrieb um Arbeitsbeziehungen geht: „Ich muss nicht alle meine Mitarbeiter mögen und sie müssen das auch nicht. Wichtig ist, dass die Arbeit gut erledigt wird.“
Sie gewinnt im Gegenteil dem Gemotze auch einen positiven Effekt ab: „Das Team kann Druck ablassen, gerade wenn eine unpopuläre Entscheidung getroffen wurde. Danach geht es den Leuten besser.“ Außerdem habe Lästern eine verbindende Wirkung. „Es zeigt: Deine Feinde sind meine Feinde“, erklärt die Psychologin und ist überzeugt: „In 80 Prozent der Fälle ist das Lästern über den Chef vollkommen harmlos, da muss man mit einer gewissen Lässigkeit drüber stehen.“
Bösartiges Lästern 1: Die Stimmung kippt
Doch nicht jedes Gerede lässt sich lässig vom Tisch wischen. „Es kann passieren, dass die Stimmung im Team kippt und es nicht nur kurze Motzereien sind, sondern dem Chef zu Ohren kommt, dass dauerhaft auch über Relevantes negativ geredet wird. Dann sollten Sie der Sache nachgehen.“
Sie empfiehlt eine Mitarbeiter- oder Teamversammlung anzuberaumen – „nicht am Freitagnachmittag“ – um in Ruhe zu klären, was anliegt. „Wichtig ist, wie Sie Ihre Mitarbeiter ansprechen“, betont Holzberger. Lassen Sie also keine Wutrede über miese Stimmung vom Stapel, sondern beschreiben Sie ruhig, was Ihnen aufgefallen ist: Sie werden nur noch einsilbig gegrüßt, es gibt keine Small-Talk mit dem Chef mehr, es wird weniger gelacht.
„Fragen Sie Ihre Mitarbeiter offen, ob ihnen das auch aufgefallen ist und welche Gründe es dafür gibt. Räumen Sie ruhig ein, dass Sie ratlos sind und die Hilfe des Teams brauchen“, so Holzberger. „Und ganz wichtig: Lassen Sie jeden der Reihe nach etwas dazu sagen.“ Wenn nicht jeder zu Wort komme, sage entweder niemand etwas, bis ein um Ausgleich bemühter Mitarbeiter beschwichtigt, oder es spreche der Hauptlästerer, der alles dramatisiert.
Ihre Rolle als Chef ist die des Zuhörers: „Wenn es sich um ein ernstes Thema handelt, kann das nicht in einer Stunde gelöst werden“, sagt die Psychologin. „Trotzdem müssen Sie es dann natürlich angehen.“ Oft aber löse sich alles in Wohlgefallen auf – oder Sie bekommen die Gelegenheit, Ihre Entscheidungen zu erklären.
Bösartiges Lästern 2: Mitarbeiter reden schlecht vor Kunden
Was Sie im Betrieb noch tolerieren können, wirkt anders, wenn es Kunden betrifft. „Kommt Ihnen zu Ohren, dass Mitarbeiter bei Kunden schlecht über Sie reden, sollten Sie das nicht auf sich beruhen lassen“, sagt Holzberger. Denn die Wirkung kann geschäftsschädigend sein.
Wichtig sei aber auch hier, dass Sie den betreffenden Mitarbeiter in Ruhe und ohne Vorwurf ansprechen: „Ich habe dies und das gehört. Was war denn da los?“, könnte eine Einstiegsfrage sein.
„Man sollte auf keinen Fall den Mitarbeiter beschuldigen, ohne seine Sicht der Dinge zu hören. Es kann sich ja auch um ein Missverständnis oder einen schwierigen Kunden handeln“, so Holzberger.
Klar sei aber auch, dass Sie die ganze Wahrheit nicht erfahren werden: „Sie waren ja nicht dabei.“ Die Psychologin rät deshalb, sich nicht auf eine Seite zu stellen, sondern möglichst neutral zu bleiben. „So lassen sich auch Gründe für den Ärger des Kollegen herausfinden und Sie haben die Chance, eine Entscheidung zu erklären.“ Komme es aber immer wieder vor, dass ein Mitarbeiter vor Kunden über Sie herzieht, sollten Sie über eine Kündigung nachdenken, meint die Psychologin.
Bösartiges Lästern 3: Es gibt einen Rädelsführer
Auch der freundlichste Mitarbeiter ist mal sauer auf den Chef. „Wenn jemand zum Beispiel seinen Urlaub verschieben musste, weil Sie ihn auf einer bestimmten Baustelle einsetzen wollen, können Sie nicht erwarten, dass er Ihnen dafür um den Hals fällt“, sagt Holzberger.
Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt. „Klären Sie in einem Vier-Augen-Gespräch, warum der Mitarbeiter wütend auf Sie ist“, rät die Psychologin. Im Fall der wichtigen Baustelle können Sie mit einem glaubwürdigen Lob diesem Kollegen erklären, warum gerade er so wichtig für das Projekt ist: „Das ist eine schwierige Sache, und Du hast ja schon bei Baustelle X bewiesen, dass Du gute Ideen hast und eine Lösung findest“, nennt sie ein Beispiel.
Anders sieht es aus, wenn miese Stimmung und Stänkerei immer von demselben Mitarbeiter ausgehen, ohne dass es dafür einen nachvollziehbaren Grund gibt. „Dann muss man sich überlegen, ob man sich nicht besser von diesem Kollegen trennt“, so Holzberger.
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