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Digitale Potenziale heben

Was ist heute schon digital machbar und welchen Trends folgt dabei das Tischler- und Schreinerhandwerk?

Von der Auftragsakquise bis zur Montage: Die Arbeitsprozesse im Tischlerhandwerk werden auch in allen handwerklich-technischen Bereichen immer digitaler. Wohin die Reise geht, hat der Landesfachverband Tischler NRW vor einiger Zeit in einer groß angelegten Umfrage unter Innungstischlern ermittelt. Die Ergebnisse hat der Verband nun Anfang August in einen Online-Digitalisierungscheck einfließen lassen, der bundesweit allen Betrieben zur Verfügung steht.

Entsprechend intensiv hat sich auch Haupt­geschäftsführer Johann Quatmann in den vergangenen zwei Jahren mit der Digitalisierung im Tischler- und Schreinerhandwerk auseinandergesetzt. Der Handlungsbedarf sei da, es gehe um ­Effizienzsteigerungen – und damit um Wettbewerbsfähigkeit und Gewinne. Wo sieht er die Trends?

Daten müssen nicht dupliziert werden

Die Digitalisierung der Arbeitsvorbereitung schreitet nach Quatmanns Einschätzung unaufhaltsam voran. 64 Prozent der befragten Tischlereien sind hier schon digital unterwegs – und es würden immer mehr. „Wenn man im hochwertigen ­Innenausbau unterwegs ist, sind die Visualisierung und der Einsatz von CAD/CAM Systemen inzwischen unverzichtbar geworden“. Ein Grund: ­Werden die Arbeitsvorbereitung und die Folgeprozesse digitaler und vernetzter sind, können die Datensätze in den folgenden Arbeitsschritten genutzt werden, ohne dass Daten dupliziert werden müssen. Dadurch werden die Prozesse deutlich effektiver.

Luft nach oben gebe es bei der Warenwirtschaft, im Bestellwesen und in der Lageroptimierung. Noch würden zwar nur 10 Prozent ihre Lagerbestände digital führen. Doch die große Mehrheit der Betriebe erwarte hier eine zunehmende Digitalisierung.

Digitale Investitionen in der Fertigung

Plattenaufteilsägen mit Zuschnittoptimierung setzt zwar erst knapp ein Viertel der Betriebe ein. Doch deren Zahl werde deutlich steigen, so der Experte: „Da geht es um Effizienz, aber auch um den Trend zur optimalen Materialausnutzung und Ressourcenschonung“. In diesem Bereich könnten Betriebe „mit wenigen Maßnahmen einen großen Effizienzeffekt“ erzielen. „Wenn die ­Zuschnittoptimierung nicht digital erfolgt, geschieht diese oftmals erst an der laufenden Maschine – Position für Position, Stück für Stück – und der Bediener muss immer überlegen, wie es am besten geht. Da hat man meist ein suboptimales Ergebnis.“

Für größere Betriebe mit einem Fertigungsschwerpunkt in der Plattenverarbeitung sieht Quatmann zudem einen Trend zum „chaotischen“ Plattlager, in dem ein vollautomatisches Kransystem die Platten ein-, um- und auslagert und Sortierzeiten senkt. „So ein System kann so programmiert werden, dass es nachts die Platten so vorsortiert, dass zu Arbeitsbeginn sofort mit dem Zuschnitt loslegt werden kann. Damit reduzieren sich die unproduktiven Sortierzeiten erheblich“, berichtet der Fachmann. Da ein automatisiertes Plattenlager jedoch mit erheblichen Investitionen in Maschinen- und Anlagentechnik verbunden ist, sei ein solches Vorhaben vor allem für Betriebe mit größeren Auftragsvolumen im Objekt- und Innenausbau interessant.

Digital gesteuerte Kantenanleimmaschinen sind der Umfrage zufolge in 16 Prozent der Betriebe im Einsatz. Dieser Anteil werde auch nicht so schnell wachsen, erwartet Quatmann. Die Maschinen könnten nicht nur verschiedene Aufgaben in einem Arbeitsgang erledigen, sondern böten durch die Vernetzung auch Vorteile bei der Wartung und Fehlerdiagnose, um Stillstandzeiten zu reduzieren. „Aber eine sinnvolle Einbindung in einer vernetzten Fertigung ist mit einem relativ hohen Aufwand verbunden.“ Daher sei das eher etwas für Großbetriebe.

CNC-Bearbeitungszentren sind der Umfrage zufolge inzwischen in fast der Hälfte aller Tischlereien im Einsatz. „Das ist deutlich mehr, als wir vor der Umfrage vermutet hatten“, sagt Quatmann, der vor seinem Studium selbst eine Tischlerausbildung absolviert hatte. Der Anteil werde weiter steigen, ist er sich sicher. Zum einen seien inzwischen auch voll ausgestatte Fünf-Achser zu relativ günstigen Preisen zu bekommen. Zum anderen werde es immer schwieriger, mit traditioneller Fertigungstechnik effizient und wettbewerbsfähig zu produzieren.

Nesting: Effizienter bei Losgröße 1

Wer in Nesting-Technologie investiert, kann auch die Aufgaben einer „Plattenaufteilsäge“ mit einem CNC-Bearbeitungszentrum abbilden. Eigentlich sei Nesting eine sehr sinnvolle Investition, „zumal es kleinere Maschinen inzwischen ab 50.000 Euro gibt – das ist auch für kleine Betrieb zu stemmen“, betont Quatmann.

Effizienter ist Nesting nach Aussage des Experten insbesondere bei der Losgröße 1, da der zeitliche Aufwand für den Wechsel zwischen zwei Maschinen entfalle. Dass nur drei Prozent der Betriebe Nestingverfahren einsetzen, liege auch an den zusätzlichen Kosten im Bereich der CAD/CAM-Anbindung und der Werkzeugtechnologie. Nur in dem Gesamtpaket könne die Nesting­technologie ihr Potenzial vollumfänglich ausschöpfen.

Zulieferer erobern Marktanteileklassischer Tischlerleistungen

Im Markt gibt es bereits ein breites Angebot industrieller Zulieferer, die Tischlereien und Schreinerwerkstätten mit fertig formatierten, bekanteten, gebohrten und gefrästen Plattenwerkstoffen beliefern. „Das ist ein Geschäftsmodell, in dem sich Handwerksbetriebe aus diesen Arbeitsschritten verabschieden, weil sie die Investition in neue ­Fertigungstechnologien scheuen“, meint Quatmann. Im Einzelfall sei das vielleicht eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Entscheidung. „Aber das bedeutet auch, dass dem ­Tischlerhandwerk einerseits Wertschöpfung und Fertigungs-Know-How verloren gehen und die Zulieferer andererseits immer mehr Marktanteile klassischer Tischlerleistungen erobern und Abhängigkeiten entstehen“, sagt der Haupt­geschäftsführer.

Schneller und papierlos im Bankraum und auf Montage

Die Folgeprozesse, bei der Oberfläche, im Bankraum und bei der Montage sind meistens noch sehr analog. Im Sinne einer durchgängigen digitalisierten Prozesskette sieht Quatmann hier noch erhebliches Optimierungspotential. Die Auftragsverfolgung in der Fertigung und die Arbeitszeit- und Materialerfassung während der gesamten  Prozesse seien entscheidende Bausteine der Digitalisierung.

Um die Kommunikation gehe es dann auch auf dem Weg zum Kunden und bei der Montage: von der Terminbestätigung mittels Geotracking, über die auftragsbezogene Zeit- und Materialerfassung, digitale Abnahmeprotokolle bis zur automatisierten Rechnungserstellung und digitalen Sofort-Bezahlung direkt nach Abschluss der Arbeiten.

Solche digital gestalteten Lieferprozesse gebe es ja schon längst in anderen Bereichen, betont Quatmann. „Die Prozesse bei der Auftragsabwicklung in der Tischlerei sind natürlich komplexer und individueller, aber auch hier erwarten wir die Entwicklung von Standardlösungen, die den Tischlern einen spürbaren Mehrwert bieten.“

Interaktive Potenzialanalyse

Die digitale Optimierung der Prozesskette ist das Thema eines interaktiven Tools, das Tischler NRW in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) in Bielefeld und mit Förderung des Landes entwickelt hat. Das Tool steht allen Tischlerbetrieben zur Verfügung, nicht nur in Nordrhein-Westfalen.

Nach einer kurzen Registrierung beantworten Nutzer im „Quick-Check“ zunächst 14 Fragen zum Stand und ihren Zielen in der Digitalisierung. Für diejenigen, die es etwas genauer wissen wollen, gibt es einen umfangreicheren „Detail-Check“. Die Auswertungen gibt es in beiden Fällen sofort. Die individuellen Auswertungen zeigen jeweils den eigenen Stand im Vergleich zum Gewerk auf.

„Unser Ziel ist es, dass sich die Betriebe bewusst mit dem Thema beschäftigen“, sagt Johann Quatmann, Hauptgeschäftsführer von Tischler NRW. Das Tool solle helfen, sich systematisch mit dem Thema zu beschäftigen „als Grundlage für strategische Entscheidungen“, so Quatmann: „Wo stehe ich mit meinem Betrieb? Wo habe ich die großen Lücken und Potenziale in meiner Prozesskette? Was ist der nächste logische Schritt?“

Hier geht es zur Potenzialanalyse https://svg.to/analyse-tischler

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