Starkes Führungsteam: Unternehmensgründer Martin Schlingmann  (rechts) mit Ina Trautmann und Cyrill Rasewsky.
Foto: Babian Nockel / Central Studios
Starkes Führungsteam: Unternehmensgründer Martin Schlingmann  (rechts) mit Ina Trautmann und Cyrill Rasewsky.

Inhaltsverzeichnis

„Fräulein“ Mayer in der Werkstatt

Erfolgsrezept mit Frauenpower

In der Schreinerei Schlingmann haben nicht nur Männer das Sagen. Und das ist gut so. Mitgeschäftsführerin Ina Trautmann weiß, was es braucht, damit ein Handwerksbetrieb für Frauen attraktiv wird.

  • In der Schreinerei Schlingmann arbeiten Frauen in allen typischen Bereichen eines Handwerksbetriebs. Ein Drittel der Festangestellten sind weiblich, ganz ohne Frauenquote.
  • Mitgeschäftsführerin Ina Trautmann weiß was es braucht, um einen Handwerksbetrieb auch für Frauen attraktiv zu machen: „Wir pflegen einfach einen gleichberechtigten Umgang miteinander“, sagt sie.
  • Für Betriebe hätten ein paar Frauen im Team einen guten Einfluss auf die Kommunikationsfähigkeit, ist sich die Handwerkerin und Innenarchitektin sicher.
  • Als frisch gebackene Obermeisterin will Trautmann der Jugend zeigen, dass ihr Handwerk frisch und jung ist und den Nachwuchs für den Beruf begeistern.

Sie misst gute vier Meter, bringt 5800 Kilo auf die Waage und hört auf den charmanten Namen „Fräulein Mayer“: Die Plattensäge Mayer PS 80 gehört zu den Maschinen, die in der Schreinerei Schlingmann ständig in Gebrauch sind. Und wer den rosafarbenen „Fräulein“-Schriftzug über ihrem Logo erblickt, ahnt schon, dass in diesem Betrieb nicht nur Männer das Sagen haben. In der Schreinerei arbeiten Frauen in allen wichtigen Abteilungen eines Handwerksbetriebs: von der Werkstatt, über die kaufmännische Leitung, bis zur Geschäftsführung. Ein Drittel der Festangestellten sind weiblich – dafür brauchte es keine Quote. Der Betrieb hat einfach ein Betriebsklima geschaffen, in dem sich Frauen wohl fühlen können.

Wie stellt er das an? „Wir versuchen gar nicht, uns besonders weiblich zu machen“, sagt Ina Trautmann, Schreinerin, Innenarchitektin und Mitglied der Geschäftsführung des Betriebs, „wir pflegen einfach einen gleichberechtigten Umgang miteinander.“ So sei es in der Schreinerei schon zur Zeit ihrer eigenen Ausbildung gewesen. Zwischenzeitlich hat der Betrieb seine Werte für eine gute Zusammenarbeit ganz konkret auf Papier festgehalten. „Wir arbeiten fair miteinander“, steht darin, ebenso wie „Wir gehen wertschätzend und respektvoll miteinander um.“ Das alles gelte für Gesellen und Azubis ebenso wie für die Chefs.

Ina Trautmann ist das beste Beispiel dafür, wie eine gelungene Karriere im Handwerk aussehen kann. „Mich hat das Handwerk seit meinem ersten Schreinerpraktikum begeistert“, erzählt die heute 40-Jährige. Irgendwann habe sie gemerkt, dass ihr die Kundengespräche am Handwerksberuf allermeisten Spaß machen.

Eine Karriere im Handwerk

„Ich wollte mich nach der Ausbildung über die Werkstatt hinaus weiterentwickeln, aber ich wollte auch im Handwerk bleiben“, erzählt sie. Mit Firmengründer Martin Schlingmann hat sie ihr Anliegen damals diskutiert. Resultat: „Er sagte, ich solle ruhig studieren gehen – und wenn die Firma gut laufe, könne ich zurückkommen.“ Alles kam wie verabredet. Auch fünf Jahre später brummte das Geschäft der Schreinerei Schlingmann und Ina Trautmann kehrte als Diplom-Ingenieurin Fachrichtung Innenarchitektur in das Unternehmen zurück. Heute leitet sie die Geschäfte des Unternehmens zusammen mit Martin Schlingmann und Schreinermeister Cyrill Rasewsky.

Die Schreinerei Schlingmann ist spezialisiert auf Aufträge von privaten und gewerblichen Auftraggebern. „Wir sind sehr breit aufgestellt, machen Einzelaufträge und komplette Umbaumaßnahmen“, berichtet Trautmann. Immer häufiger würden Kunden gezielt Anfragen für umfassende Umbauten stellen. Das könne schon mal eine komplette Renovierung vom Innenausbau über Malerarbeiten, Fliesen, Sanitär- und Elektroinstallationen umfassen. Ina Trautmann übernimmt in diesen Fällen die Bauleitung und holt die anderen Gewerke ins Boot. „Ich mache auch den Erstkundenkontakt, Ideenentwürfe bei Privatkunden und die Baustellenbetreuung“, erklärt die Schreinerin.

14 festangestellte Mitarbeiter zählt der Betrieb. Hinzu kommen sechs Freiberufler mit ganz unterschiedlichen handwerklichen Spezialisierungen. Das mache die Schreinerei sehr vielseitig und die Arbeit wahnsinnig abwechslungsreich. „Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen. Und ich genieße das. Ich bin gerne eine Problemlöserin“, erzählt Trautmann. Neue Herausforderungen bringt auch das neue Ehrenamt mit, das die Schreinerin seit dem Frühjahr 2021 innehat: Sie wurde als erste Frau neue Obermeisterin der Schreinerinnung im Odenwaldkreis. 

Spaß daran, etwas zu bewegen

„Ich bin schon länger im Vorstand mit dabei gewesen. Wir sind eine sehr junge und aktive Innung, in der die Arbeit viel Freude macht.“ Als die Frage aufkam, ob sie für die Wahl zur Obermeisterin antreten wolle, zögerte Ina Trautmann nicht. „Mir macht es einfach wahnsinnig viel Spaß, wenn ich etwas bewegen kann.“ Mit Stellvertreter Thomas Reeg teilt sie sich die Arbeit so auf, dass beide als Doppelspitze agieren und die zeitliche Belastung besser handhabbar ist. Eine ihrer ersten wichtigen Aufgaben war der Schreiner-Grundkurs für den neuen Ausbildungsjahrgang. „Wir haben den Kurs so organisiert, dass die neuen Azubis die Ausbildung in den ersten drei Wochen komplett zusammen machen und sie so als Gemeinschaft ein Stück zusammenwachsen können“, erzählt Trautmann.

Einem Ziel hat sich die frisch gebackene Obermeisterin zusammen mit ihren Innungskollegen verschrieben: „Zusammen wollen wir die Botschaft rüberbringen, dass das Handwerk etwa frisches und junges ist – und auch etwas für Frauen.“ Wie im eigenen Betrieb gilt dabei: „Man kann nicht erzwingen, dass Frauen ins Handwerk kommen. Es gibt ja auch viele Jungs, für die das nichts ist“, resümiert Trautmann.

Doch wenn es gelingt, Frauen für das Handwerk zu begeistern, indem man ihnen auch im Betrieb Wertschätzung entgegenbringt und man fair miteinander umgeht, könne ein Unternehmen nur gewinnen, ist sich die Innenarchitektin sicher. Ihrer Erfahrung nach habe es einen guten Einfluss auf den Umgang untereinander und die Kommunikationsfähigkeit des Teams, wenn ein paar Frauen mit an Bord sind. Und das ist nicht alles. „Die Mädels in der Werkstatt sind häufig zäher als die Jungs und lassen sich nicht so leicht von einer Erkältung umhauen.“

Und was hat es jetzt nochmal mit „Fräulein“ Mayer in der Werkstatt auf sich? „Als die ankam – groß, wuchtig, nicht unbedingt eine Schönheit – da mussten wir an dieses Westernhagenlied denken: ‚Ihr Name war Fräulein Mayer, Mayer mit Yp-si-i-lon.‘“ Noch bevor die Maschine fertig angeschlossen war, hatte Ina Trautmann schon den passenden Schriftzug ausgedruckt und auf die Maschine geklebt. Das war vor fünf Jahren. Seitdem leistet Fräulein Mayer zuverlässig ihren Dienst – wie auch die anderen Frauen und Männer der Schreinerei Schlingmann.

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