Grün im Büro: Im Neubau der Tischlerei zeigen die Tischler manch aufwendige und ausgefallene Einrichtungsideen. 
Foto: Denny Gille
Grün im Büro: Im Neubau der Tischlerei zeigen die Tischler manch aufwendige und ausgefallene Einrichtungsideen. 

Holzhelden

Weniger Verwaltung, mehr Spaß am Handwerk!

Diese Chefs schaffen sich die Freiräume, die gutes Handwerk braucht. Hier verraten sie, wie ihnen das gelingt.

  • Zeit für das Wesentliche: Lars Dohmen und Roland Ardelt haben einst gegründet um Spaß am Handwerk zu haben. Das gelingt den Unternehmern auch mit 18 Mitarbeitern noch.
  • Ein Erfolgsfaktor für den Betrieb ist die hohe Eigenverantwortung im Team. Morgendliche Besprechungen sorgen dafür, dass jeder informiert ist, was der andere zu tun hat.
  • Mit einer bedarfsorientierten Digitalisierungsstrategie schafft das Unternehmen zudem Transparenz in den Aufträgen. Jeder ist jederzeit auf dem neuesten Stand – übermäßigen digitalen Firlefanz braucht es dazu nicht.
  • Kunden überzeugt der Betrieb vor allem in der Beratung. Und wer da gute Ideen liefert müsse gar nicht viel über den Preis sprechen.

Viele Freiheiten, absolute Termintreue und Digitalisierung überall dort, wo sie allen weiterhilft: Das sind nur ein paar der Eigenschaften, die das Unternehmen Dohmen & Ardelt auszeichnen. Die Tischlerei aus dem schleswig-holsteinischen Bargteheide zählt 18 Mitarbeiter, darunter fünf Meister und fünf Azubis. Die beiden Unternehmer Lars Dohmen und Roland Ardelt starteten 2005 mit einem Wunsch in die Selbstständigkeit: „Wir wollten einfach schöne Möbel bauen“, erzählt Lars Dohmen. Heute ist der Betrieb im Möbelbau ebenso vielfältig und kreativ aufgestellt, wie als Bautischlerei. Dabei hat das Unternehmen eine große Krise überstanden und eine wichtige Transformation vollzogen.

Dass die beiden Tischlermeister mit ihrer Gründung Erfolg haben würden, stand für sie von Anfang an außer Frage. Kennengelernt habe sich Dohmen und Ardelt in ihrem damaligen Ausbildungsbetrieb. Einige Jahre trennten sich ihre Wege, bis sie in einer Tischlerei erneut Kollegen wurden. Es folgten Meistertitel, der Betriebswirt des Handwerks und schließlich die Gründung. „Als Angestellte haben wir mitbekommen, wo Betriebe Geld liegen lassen, wo Reibereien, Stress und Frust entstehen“, erzählt Lars Dohmen. „Diese Punkte wollten wir anders machen und einfach Spaß am Handwerk haben.“

Mehr Freiheit durch Eigenverantwortung

Dazu gehört eine hohe Eigenverantwortung im Team. „Wir halten unsere Strukturen flach“, berichtet Dohmen, „wir erwarten eine gewisse Eigenständigkeit und lassen unserem Team dafür viele Freiheiten.“ Ergebnis dieser Unternehmenskultur ist, dass die Mitarbeiter eigenständig Lösungen für Probleme suchen. Wenn nötig bestellen sie ihr Material selbst – und wenn sie gerade Luft haben, arbeiten sie selbstständig Kleinaufträge ab.

„Unsere Struktur kann von außen chaotisch wirken, aber wir haben absolute Termintreue“, erklärt Dohmen. Über den aktuellen Stand von Projekten und Aufgaben der Mitarbeiter informieren sich die Chefs und das gesamte Team im morgendlichen Besprechungskreis. „Jeder erzählt, was er gerade macht und was noch zu tun ist. Und jeder hört mit. Es ist spürbar, dass alle ein Interesse haben, mitzubekommen, was links und rechts von ihnen passiert“, berichtet der 44-Jährige. Unterm Strich laufe der Betrieb so viel reibungsloser, als wenn jedes Detail von den Chefs durchgeplant würde. Nur eine Regel müssen die Unternehmer beherzigen, damit ihr System funktioniert: den Mitarbeitern zugestehen, dass bei hoher Eigenverantwortung auch mal Fehler passieren können.

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Mit Onenote und Cloud zu Transparenz

Eine Voraussetzung für eigenständiges Arbeiten sind vollständige, jederzeit zugängliche Projektinformationen. Hier setzt das Unternehmen auf eine unkomplizierte digitale Lösung, die einfach in der Bedienung und zuverlässig in der Funktion ist: Microsoft Onenote als Teil des cloudbasierten Office-Programms des Softwareriesen. „Alles was wir früher analog in Akten hatten, haben wir jetzt für jeden Mitarbeiter jederzeit digital zugänglich“, berichtet Roland Ardelt. Für jedes Projekt legt der Betrieb in Onenote einen eigenen digitalen Notizblock mit einer festen Struktur von Registerkarten an; dazu zählen Karten wie „Kontaktdaten“, „Aufmaß“, „Montage“, „Fotos“ und „Extraarbeiten“.

Über Microsoft Sharepoint hat jeder Mitarbeiter auf jedes Projekt Zugriff und ist dank der vollständigen, fest strukturierten Informationen sofort über alle Details zur Bearbeitung des Auftrags im Bild. Damit jedes Teammitglied die Projektmappen schnell jederzeit einsehen und pflegen kann, haben die Chefs jeden Mitarbeiter mit großen iPads ausgestattet. Damit können sie auf Baustellen Fotos machen, mit dem Stift digital ein paar Daten skizzieren, und so die Projekte unkompliziert mit Informationen versehen. „Uns war wichtig, dass unsere Digitalisierungs-Lösung einfach ist und von jedem Mitarbeiter intuitiv bedient werden kann“, sagt Roland Ardelt. Der Plan geht auf. Laut Einschätzung der Chefs konnte der Zeitaufwand für die Planung durch den Umstieg der analogen Mappen auf digitale Notizblöcke auf einen Bruchteil gesenkt werden.

Ausgebrannt und runderneuert

Seine wichtigsten Digitalisierungsschritte ist das Unternehmen nach einem katastrophalen Tag im Frühjahr 2017 angegangen. „Da ist unsere Halle bis auf die Betonplatte abgebrannt“, berichtet Ardelt. Innerhalb kürzester Zeit mussten die Chefs überlegen ob und wie es weitergehen sollte. Sie machten weiter. Übergangsbüro und -werkstatt waren schnell eingerichtet, aber zunächst weit voneinander getrennt, weswegen es so wichtig war die Projekte ortsunabhängig in Werkstatt und Büro bearbeiten zu können. „Das war für uns ein heftiger Digitalisierungsbeschleuniger“, erinnert sich der 42-jährige Ardelt.

Beim Neubau haben die Chefs dann versucht, alles was sich in der Vergangenheit als störend erwiesen hat, ganz neu zu machen. So achteten sie auf hohe Energieeffizienz, setzten auf LED-Beleuchtung, Wärmepumpe und bauten eine große Solarstrom-Anlage aufs Dach. Zudem richteten sie sich einen Showroom ein, der fließend in die Räumlichkeiten des Betriebs mit hochwertiger Küche, stilvoll eingerichtetem Badezimmer und begrünten Büros übergeht. Hier sehen potenzielle Kunden nicht nur zahlreiche Muster, sondern können professionell in der Tischlerei gefertigte Garderoben, Möbel, Innentüren und dazu passende Beschläge auch selbst erleben.

Kreativ beraten von freien Köpfen

„Eine gute Beratung ist für uns das A und O eines erfolgreichen Betriebs“, erzählt Roland Ardelt. „Unsere Kunden wünschen sich kreative Beratung – und da muss man mit Ideen rüberkommen“, sagt er. Die Kundenkommunikation gewinne den Auftrag: „Soll Ihre Garderobe im Eingangsbereich repräsentativ sein? Dann können wir einen Eyecatcher machen mit Fronten aus Altholz und einer Bepolsterung mit Leder“, erklärt Ardelt beispielhaft. Wenn der Funke im Gespräch dann einmal übergesprungen ist, sei der Preis gar nicht mehr so wichtig.

Kreativ arbeiten können die Chefs, weil ihr Unternehmen dank der guten Mischung aus Eigenverantwortung und vollständigen digitalen Projektinformationen ohne übermäßigen Administrationsaufwand auskommt. „Wir sind vom Kopf her einfach freier“, fasst Lars Dohmen zusammen. So können sich die Chefs und jedes Teammitglied auf das Wesentliche konzentrieren: Spaß am Handwerk.  

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