Foto: Heiner Siefken
Sören Storks

Inhaltsverzeichnis

Im Hauptberuf Handwerker

Das Doppelleben des Sören Storks

Der Mann ist Zimmermeister und Bundesligaschiedsrichter. Wir haben uns mit Sören Storks über seine zwei Berufswelten unterhalten – und zahlreiche Schnittstellen entdeckt.

Auf einen Blick:

  • DFB-Schiedsrichter Sören Storks sieht Parallelen zwischen einem Bundesliga-Stadion und einer Baustelle.
  • „Die Stresssituationen sind vergleichbar“, sagt der 32-jährige Zimmermeister.
  • Ein Unterschied: In einem Fußballspiel muss er „die Entscheidung der 1/10-Sekunde“ treffen.

Fußballfans kennen seinen Namen seit dem Sommer 2017. Während der Partie 1. FC Köln gegen den HSV musste Sören Storks von jetzt auf gleich die Spielleitung übernehmen, der eigentliche Schiedsrichter hatte sich verletzt. Der heute 32-Jährige bewies, dass er gute Nerven hat: Nach 49 Sekunden zeigte er einem HSV-Spieler die gelb-rote Karte. Hauptberuflich arbeitet er als Zimmermeister für ein großes Hallenbauunternehmen in der westfälischen Gemeinde Heiden. Mittlerweile hat Storks bereits sein 13. Erstligaspiel gepfiffen – ganz regulär von Anfang an.

Herr Storks, haben Sie als Schiedsrichter ein Vorbild, einen Lieblingsschiedsrichter?

Sören Storks: Nicht konkret, aber ich mag die Kollegen, die viel laufen lassen, die nicht jedes kleine Ding verwarnen. Da finde ich mich wieder.

Das Spiel, das Sie bekannt gemacht hat, war die Begegnung Köln gegen den HSV. Da haben Sie nicht gerade gezögert.

Sören Storks (lacht): Das stimmt. Dafür habe ich jetzt im November ein Spiel im Weserstadion geleitet, Werder gegen Mönchengladbach. Während des kompletten Spiels gab es keine persönliche Strafe, keine Karte. Die ersten 15 Minuten sind entscheidend, da wird die Linie vorgegeben.

Auf dem Platz ist Sören Storks "so eine Art Polier“

Es fallen einem aber schon Fußballer ein, die nicht sonderlich entspannt sind – gerade in strittigen Situationen.

Storks: Jede Mannschaft hat Leader, zu denen man ein Verhältnis aufbauen kann. An denen orientieren sich andere Spieler. Wenn die sehen, dass er und der Schiri vernünftig miteinander reden, hilft das enorm.

Aber es gibt ja auch Spieler, die den Schiedsrichter hart bedrängen.

Sören Storks: Wenn einer mit 180 Stundenkilometern auf dich zu rennt, ist ein Gespräch natürlich schwierig. Das ist keine Basis. Dann muss man sich einen anderen suchen, mit dem man reden kann. Im Handwerk ist das ähnlich: Wenn die Arbeit kraus läuft, hat es wenig Sinn, mit allen Gesellen zu reden. Nein, man sucht sich den einen raus und nimmt ihn in die Verantwortung.

Ihre Erfahrung als Zimmermeister ist auf dem Fußballplatz tatsächlich hilfreich?

Sören Storks: Die Stresssituationen sind vergleichbar, ja, auf der Baustelle ist immer Trouble. Die Abläufe müssen umdisponiert werden, genau wie auf dem Platz. Da ist der Bauleiter, der sagt, was er will. Da sind die Gesellen, die sagen, was nicht geht. Und ich bin auch auf dem Platz so eine Art Polier, der dazwischen steht, der überlegt, wie er beide Parteien zufriedenstellt. Am Ende muss man auf einen Nenner kommen.

„Ob Baustelle oder Stadion – es gibt lauter Variablen“

Wo sehen Sie den größten Unterschied zwischen den beiden Welten, in denen sie sich bewegen?

Sören Storks: Na ja, ein Tag auf einer Baustelle und ein Fußballspiel sind sich erst einmal nicht unähnlich. Kaum eine Baustelle läuft so, wie sie auf dem Papier steht. Der Zeitplan, die Kosten, das Wetter, es gibt lauter Variablen. Auch auf ein Fußballspiel kann ich mich wahnsinnig gut vorbereiten, ich kann mir vorher sagen, dass ich die Spieler mit meiner Persönlichkeit überzeuge, dass ich keine oder nur wenige Karten geben muss – aber das klappt nicht.

Warum nicht?

Sören Storks: Weil dann garantiert in der ersten Minute ein Spieler derart umgesäbelt wird, dass ich gelb zeigen muss. Gleichzeitig ist so eine Situation, also die Entscheidung der 1/10-Sekunde, auch der größte Unterschied. Auf der Baustelle kann ich mal eine Stunde abwarten. Vielleicht wird das Wetter ja doch besser, komm, wir schicken die Leute noch nicht nach Hause. Auch so eine Entscheidung kann falsch sein, sie kann Geld kosten, aber man hat mehr Zeit, um abzuwägen.

„Was hätte man besser machen können?“

Im Frühjahr 2018 sind Sie in die Schlagzeilen geraten, weil Sie beim Zweitligaspiel FC Erzgebirge Aue – Darmstadt 98 ein reguläres Tor nicht gegeben haben. Ein Kommunalpolitiker hat damals sogar gegen sie eine Strafanzeige wegen Betrugsverdacht gestellt.

Sören Storks: Das hatte die sachliche Ebene verlassen. Fehler passieren. Die Fernsehbilder haben eindeutig gezeigt, dass der Ball hinter der Linie war, ich habe das gemeinsam mit meinen Assistenten falsch entschieden. Und genau wie bei einem Fehler an einem Bauwerk denkt man im Nachhinein darüber nach, was man hätte besser machen können. In diesem speziellen Fall: Ob ich besser hätte stehen können, um eine bessere Sicht zu bekommen.

Der Videobeweis für die 2. Liga ist noch in der Testphase. Kommt er in der kommenden Saison offiziell?

Sören Storks: Das steht noch nicht fest, aber das Aue-Spiel ist eigentlich ein Argument dafür. Ich fahre lieber nach Hause und bin zweimal korrigiert worden, als dass ich nach Hause fahre und eine Mannschaft muss in die Relegation, weil ich danebengelegen habe.

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