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Stressbewältigung für Betriebe

In drei Schritten aus der Burnout-Falle

Hoher Leistungsdruck ist längst kein kleines Mitarbeiterproblem mehr. Jetzt drohen ganze Unternehmen kollektiv auszubrennen. So finden Sie zu alter Stärke.

Licht am Ende ...
Tunnel Licht Ausweg

Es ist ein seltsames Phänomen: Obwohl einzelne Mitarbeiter unterm Strich kaum burnoutgefährdet sind, zeigt jeder zweite Betrieb Anzeichen für einen nahenden Kraftverlust. Das ergab die Befragung einer Top-Job-Trendstudie unter 100 kleinen und mittelständischen Unternehmen und mehreren tausend Mitarbeitern.

Der Grund: Die Leistungsvorgaben steigen, die Aufgaben nehmen zu. Der Betrieb will nicht nur kurzfristig mehr leisten, sondern dieses Niveau dauerhaft halten. Die Mitarbeiter sind zu häufig und zu lange an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Ihre Bedürfnisse werden nicht mehr gehört, die Stimmung verschlechtert sich, der Betrieb gerät in eine Abwärtsspirale.

Die Stressexpertin Carola Kleinschmidt weiß: Jeder Unternehmer kann ohne viel Aufwand gute Bedingungen für psychisch gesunde Mitarbeiter schaffen und so langfristig leistungsfähig bleiben.

Was braucht es dazu? Im Grunde nicht viel mehr als guten Willen. „Man muss kein Therapeut sein, um gut zu führen“, sagt Carola Kleinschmidt. „Der Chef muss dahinterstehen. Das ist das Wichtigste.“

Auf einen teuren Berater sind Sie dabei gar nicht angewiesen. Mit diesen drei Schritten finden Sie zu einem gesünderen Betriebsklima.

Seite 2: So erkennen Sie Überlastung

Schritt 1: Runter mit den Scheuklappen

Es gibt einige zuverlässige Zeichen, anhand derer sich Burnout-Gefahren unter den Mitarbeitern zeigen. „Zum Beispiel entwickeln die Angestellten eine Abwehrhaltung gegen Neuerungen“, sagt Kleinschmidt. Sträuben sich die Mitarbeiter etwa gegen die Einführung neuer Software oder neuer Arbeitsaufgaben, ist das ein sicheres Zeichen für Überlastung. Das gilt allerdings nur, wenn die Mitarbeiter solchen Neuerungen einst offen gegenüberstanden.

„Auch Phänomene wie Mobbing oder eine brodelnde Gerüchteküche sind zuverlässige Indikatoren“, erläutert Kleinschmidt. Noch leichter erkennen Sie diese Zeichen:

➤ die Krankheitsquote steigt
➤ die Leistung der Mitarbeiter stimmt nicht mehr
➤ Fehler nehmen zu
➤ unter den Kunden wächst die Unzufriedenheit

Blind für Probleme: Stress verursacht Tunnelblick

Doch die Gefahr ist groß, dass selbst die offensichtlichsten Hinweise übersehen werden. „In Stresssituationen neigen wir dazu, eine Art Tunnelblick zu entwickeln“, sagt Kleinschmidt. Vielleicht macht der Auftraggeber gerade mächtig Druck, ein Gläubiger verlangt sein Geld – und plötzlich will der wichtigste Mitarbeiter auch noch ein paar Tage frei nehmen. Was sich da zwischen den Chef und das Licht am Ende des Tunnels stellt, wird automatisch als Störfaktor wahrgenommen. Auch die Probleme des Mitarbeiters, der dringend eine Auszeit braucht. „In Stresssituationen verlieren wir die zielgerichtete Führung und verwechseln sie mit einer stressgeleiteten Lösungssuche“, erklärt Kleinschmidt.

Die Folge: Wenn es brenzlig wird, erhöht das Unternehmen noch den ohnehin schon hohen Druck. Zwei bis drei Jahre geht diese Dauerbelastung gut, dann schlägt sie sich in Ausfällen nieder. Der betroffene Mitarbeiter wird ein paar Wochen bis Monate fehlen. Und das ist noch nicht alles, mahnt Kleinschmidt: „Viele erreichen nach einem Burnout nie wieder ihr altes Leistungsniveau.“

Noch zwei Schritte: So leicht entkommen Sie der Burnout-Falle.

*pixelio.de

Schritt 2: Finden Sie die Stressauslöser

Haben Sie ein erhöhtes Stressniveau in Ihrem Betrieb registriert, beginnt die eigentliche Arbeit. Sie wissen noch nicht woher der Stress eigentlich kommt. Um das zu erfahren, nutzen Sie im ersten Schritt anonymisierte Fragebögen für die Mitarbeiter.

Einen dieser Bögen gibt es hier ab PDF-Seite 14. Dazu stehen auch Erklärungen zur Auswertung und das weitere Vorgehen.

Ist dieser Schritt getan und Sie haben einen Gesamteindruck gewonnen, besprechen Sie die Betriebssituation in kleinen Gruppen. Das ist auch eine gute Gelegenheit, um zu erfahren, welche Alltagsnervereien die Mitarbeiter belasten. Einige Punkte werden überraschen, andere weniger. „Das können auch triviale Probleme wie fehlende Parkplätze sein, die in der Summe die Stimmung drücken“, erklärt Kleinschmidt.

Schritt 3: Gehen Sie die Probleme an

Die Befragung hat den Weg für gezielte Gegenmaßnahmen eröffnet. Vielleicht sind die Mitarbeiter schon erleichtert, dass ihre Probleme einmal angehört worden sind. Nun ist es wichtig, daraus Maßnahmen abzuleiten und die Probleme anzugehen. Einige Dinge werden sich mühelos, andere gut und manche schwer regeln lassen. „Wichtig ist es, dass man damit anfängt, etwas zu verändern. Zunächst geht man an, was leicht möglich ist. Das bringt schon viel“, erklärt Kleinschmidt.

Auch helfen Krankenkassen und Unfallversicherungen dabei die Probleme anzugehen. „Fast alle bieten inzwischen Unterstützung in Sachen Gesundheit für Betriebe“, sagt Kleinschmidt. Hilfestellung und viele kostenlose Materialien gibt es etwa unter www.psyga.info, einer Plattform für psychische Gesundheit im Beruf.

Helfen immer: diese vier Sofortmaßnahmen – zur letzten Seite

Vier Kurztipps gegen die Burnoutgefahr

Es braucht gar nicht viel, um Stress im Betrieb aktiv anzugehen. Ein offenes Ohr und ehrliches Interesse sind fast schon genug. Diese vier Kurztipps lassen sich beinahe ohne Aufwand umsetzen.

Feierabendkultur: Besonders bei kleineren Unternehmen hat der Chef sehr großen Einfluss auf das Betriebsklima. Wenn er - wie oft unvermeidlich - 50 oder 60 Stunden pro Woche arbeitet, lebt er den Mitarbeitern leicht eine ungesunde Arbeitsphilosophie vor. „Natürlich darf der Chef andere Ansprüche an sich und sein Unternehmen haben“, sagt Kleinschmidt. „Aber er kann gleichzeitig den Feierabend des Mitarbeiters besonders respektieren und eine gewünschte Kultur des Feierabends vermitteln.“

► Regelmäßige Gespräche: Sind die Angestellten viel auf Baustellen unterwegs, müssen sie vielleicht Probleme regeln, die sie überfordern. Der Bauherr macht Druck und ein Dritter liefert das bestellte Material nicht pünktlich. Plötzlich steht der Mitarbeiter mit einem Problem da, das er allein gar nicht lösen kann. „Dieser Druck lässt sich durch bessere Kommunikation abbauen“, erklärt Kleinschmidt.

► Unkonventionelle Hilfe: In einem Handwerksbetrieb, erklärt Kleinschmidt, klagten viele Angestellte über Rückenprobleme. Der Sache hat sich die Frau des Meisters angenommen, sich weiterbilden lassen und in zusätzlichen Pausen eine Rückenschule angeboten. Das zeigt: Probleme lassen sich auch unkonventionell regeln. Es muss nicht zwingend die Verantwortung des Mitarbeiters sein, sich nach der Arbeit in einen Kurs von der Krankenkasse zu schleppen. „Wichtig ist, dass sich irgendjemand im Betrieb für die Mitarbeitergesundheit stark macht.“

► Loben hilft: „In Deutschland herrscht eine Mentalität nach dem Motto ‚Nicht kritisiert, ist Lob genug‘“, sagt Kleinschmidt. „Das verstärkt negative Gefühle - und die sind ein Trigger für Stressgefühle.“ (deg)


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