Foto: Denny Gille

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Digitalisierung + IT

Innovation durch Austausch: Barcamp macht es möglich

Barcamp ist, wo Handwerker und Industrieunternehmen sich auf Augenhöhe begegnen. Das schafft Raum für neue Perspektiven und Partnerschaften.

Auf einen Blick:

  • Austausch statt Vortrag: Das Fortbildungsformat Barcamp fördert Diskussionen. Davon profitieren alle Teilnehmer.
  • Vom Internet der Dinge bis zur Prozessoptimierung im eigenen Unternehmen: Der breite Themenmix holt die Unternehmen bei ihren eigenen Interessen und ihrem Entwicklungsstand ab.
  • Eine Erkenntnis aus den Sessions: Bleistift schlägt Großinvestition. Bei der Digitalisierung von Prozessen geht es vor allem um die richtige Analyse der Ausgangssituation.

„Alles muss individuell für mich sein.“ So umschreibt Digitalisierungs-Berater Christoph Krause die Bedürfnisse deutscher Kunden. Und dass hiesige Kunden so denken, sei ein Glück für Handwerker. Grund: Der Hang zu individuellen Gütern werde dafür sorgen, dass sich Handwerker ihren Marktanteil in Deutschland lange sichern können. Es ist Barcamp im Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik in Oldenburg – Beiname: Praxisforum Digitalisierung. 200 Teilnehmer aus Handwerk und Industrie sind gekommen, um sich neue Ideen für ihre digitale Entwicklung zu holen.

Christoph Krause bringt sie mit seiner Motivationsrede auf Betriebstemperatur. Handwerker sollten sich dem wandelnden Kommunikationsverhalten der Kunden anpassen, rät er. Menschen kommunizieren nicht nur per Smartphone mit anderen Menschen, sondern auch mit anderen Geräten. „Wir machen jetzt Holz intelligent“, sagt Krause und berichtet von der Entwicklung eines chattenden Tischs, der seinem Nutzer erzählen kann, wann er die nächste Ölung braucht.

Diskussion statt Frontalunterricht

Die 200 Teilnehmer im Raum sollen heute selbst aktiv werden, neue Ideen für ihre Digitalisierung entwickeln, den Blick über den Tellerrand wagen. Denn Barcamp steht nicht für Frontalunterricht, sondern für Austausch und Diskussion. Wer will, darf eigene Themen setzen und sie in maximal 60 Sekunden dem Publikum vorschlagen. Wen ein Thema interessiert, der hebt die Hand.

Die besten 20 Themen werden den Tag als 45-minütige Sessions füllen. Sie beschäftigen sich unter anderem mit Vorreiterthemen, wie dem Internet der Dinge oder der Smart Factory. Viele sind aber auch nah am Status quo der Unternehmen. Da geht es um digitale Technologien für besseren Kundenservice, Fachkräftegewinnung oder Prozessoptimierung.

Bleistift schlägt Großinvestition

Effizienten digitalen Prozessen widmet sich etwa die Session „Erleben und Erfahren, Digitalisierung Mittelstand“. Sessionleiter ist Nick Rüssmeier vom „OFFIS – Institut für Informatik“, der zunächst drei motivierende Fragen mitgebracht hat, die sich Unternehmen stellen sollten, die ihre Prozesse angehen wollen.

  • Was passt noch nicht?
  • Was bringt mich voran?
  • Wo gibt es Informationen und Best-Practice-Beispiele dazu?

Und als die Frage auftaucht, wie man mit knappem Budget überhaupt die nötigen Veränderungen umsetzen sollte, erinnert er daran, dass das wirkungsvollste Mittel der Prozessoptimierung ein Bleistift ist. Man solle ihn in die Hand nehmen und alle Prozesse im Unternehmen detailliert nachvollziehen. Denn: „Wenn Sie Ihre Prozesse verstehen, verstehen Sie Ihre Prozessengpässe“, sagt Rüssmeier. Das liefere den Ausgangspunkt der Prozessoptimierung und Digitalisierung. Und bei Letzterer könne man auch mit einer günstigen Teillösung beginnen.

Dass eine gute Prozessanalyse in der Praxis die besten Ergebnisse liefert, bestätigte Ahmet Düman, Geschäftsführer der Osterhues Haustechnik GmbH: „Bevor wir unsere Software umgestellt haben, haben wir alle Prozesse aufgeschrieben und reflektiert, um ineffektive Abläufe zu identifizieren.“ Erst dann wurde die Handwerkersoftware von PDS im Unternehmen gezielt um einige Module erweitert. Für den Erfolg des Gesamtsystems sei die Einbeziehung der Mitarbeiter unerlässlich gewesen. Düman holte sie mit folgender Regel ins Boot. „Jeder darf eine Neuerung kritisieren, aber nur wenn er gleichzeitig einen Lösungsvorschlag dafür hat.“

Gute Impulse trotz unterschiedlicher Voraussetzungen

Wie unterschiedlich die Bedürfnisse zwischen Handwerk und Industrie beim Thema Digitalisierung zum Teil ausfallen, spürte man in der Session Kundenservice Digital. Den Einstieg in die Session machte ein Software-Entwickler, der Lösungen zur Verwaltung massenhafter Anfragen über E-Mail und Social-Media-Netzwerke anbietet.

Die Stärke des Barcamps zeigte sich, als Fliesenlegermeister Stefan Bohlken sich zu Wort meldete: „Ich habe einen kleinen Handwerksbetrieb und dachte nach ein paar Minuten, hier bin ich falsch“, sagte er in die Runde. Der Impuls wurde genutzt, um den Blick auf kleinere Lösungen zu lenken, die Handwerksbetrieben und ihren Kunden womöglich die Zusammenarbeit erleichtern: Online-Terminmanagementsysteme etwa, 3D-Konfiguratoren und Tools zur parallelen Verwaltung mehrerer Social-Media-Netzwerke.

So zieht Stefan Bohlken von seinem Besuch der Veranstaltung auch ein positives Fazit: „Der Austausch mit vielen Teilnehmern bringt mehr, als nur einem Referenten zuzuhören“, urteilt der Meister. „Selbst aus Themen, die vom Handwerk weiter weg sind, bekommt man Anregungen mit, aus denen sich neue Ideen entwickeln können.“

Bilderapp für Referenzen

Ein eigenes Digitalisierungsthema hat Meister Bohlken auch als Session aufbereitet: Eine App, die ihm bei der Kundenberatung hilft. Problemstellung: „Mich störte das Durcheinander der vielen privaten und betrieblichen Fotos auf dem Handy, es gibt keine Schlagworte und man sucht mehr, als dass man Lösungen präsentiert“, sagt der Oldenburger Unternehmer.

Bohlken hat mit der kostenlosen App Mylio Struktur in seine Bildreferenzen gebracht. Die Fotos sind verschlagwortet, leicht zu finden und offline verfügbar. Außerdem nutzte die App einen eigenen Speicher für Fotos. Entscheidender Vorteil: „So werden in der App nur die Fotos angezeigt, die ich auch dort haben will.“

Durchblick bei der Vergabe

Um ganz neue Entwicklungen von Ideen ging es beispielsweise in der Session „Ausschreibungen vor lauter Vergabestellen nicht sehen“. Thema der Session, die Felix Stock von Eismann Haustechnik GmbH leitete, war eine Erleichterung bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen: Da es allein in Deutschland 120.000 Vergabestellen gebe, koste es bereits eine Vollzeitstelle, um die vielen Vergabeportale nach geeigneten Aufträgen zu durchsuchen.

Mögliche Lösung, für die das Unternehmen bereits im Austausch mit der Handwerkskammer Oldenburg und weiteren Handwerkern ist: So wie eine Suchmaschine Webseiten durchsucht, könnte ein Crawler sämtliche Vergabeportale automatisiert durchsuchen und dem Nutzer alle für ihn passenden Ausschreibungen ausspielen. Die Initiatoren sind offen für weitere Partner, mit denen sich ein Forschungsprojekt zum Thema umsetzen lässt. In ihrer Session konnten sie ihre Ideen schon mit einem IT-Spezialisten und einem Großhändler diskutieren. Das Fortbildungsformat Barcamp macht es möglich.

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