Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Archiv

"Innovationen wissenschaftlich absichern"

Die Zahnärzteschaft sei zunehmend überaltert und stelle sich nur ungern auf neue und kosmetisch anspruchsvolle Behandlungsmethoden, sagt der Zahntechnikermeister Frank Prusseit. Der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich, widerspricht den Thesen des Handwerkers.

Die Zahnärzteschaft sei zunehmend überaltert und stelle sich nur ungern auf neue und kosmetisch anspruchsvolle Behandlungsmethoden, sagt der Zahntechnikermeister Frank Prusseit (wir berichteten).

Der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Dietmar Oesterreich, widerspricht den Thesen des Handwerkers.

Herr Oesterreich, in den 80-er und 90-er Jahren gab es einen Boom bei den Approbationen von Zahnärzten. Zahntechniker beklagen, dass es durch den stetigen Rückgang seit dieser Zeit zu einer Überalterung der Branche gekommen sei.

Dr. Dietmar Oesterreich: Diese These stimmt nicht. Die uns vorliegende Zahl der behandelnd tätigen und niedergelassenen Zahnärzte in Deutschland weisen insbesondere seit Ende der 80iger Jahre bis zum heutigen Zeitpunkt eine ständig steigende Zahl auf. Die Zahl der Neuniederlassungen übersteigt ebenso seit diesem Zeitpunkt die Anzahl der Berufsaufgaben beziehungsweise Praxisaufgaben. Die Verhältniszahl der Patienten je Zahnarzt liegt 2006 bundesweit bei 1257. Die Altersstruktur der Zahnärzte zeigt ein Durchschnittsalter von 46,2 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei den Frauen mit 44,0 Jahren darunterliegt. Zu verzeichnen ist in diesem Zusammenhang eine zunehmende Feminisierung des Berufsstandes.

Stimmt es, dass die Zahnärzte, die jetzt in die Jahre gekommen sind, häufig nur wenig an ihren Techniken verändert haben?

Oesterreich: Bundesweite und landesweite Erhebungen zum Fortbildungsverhalten der deutschen Zahnärzte attestieren dem Berufsstand ein hohes Engagement. Der zunehmende Wettbewerb als auch die ständig steigenden Erwartungshaltungen sowie der wachsende Informationsstand der Patienten zwingen heute jeden Zahnarzt im Interesse einer erfolgreichen Praxisführung seinen Wissensstand ständig zu erweitern. Dies gilt allerdings nicht nur für die Zahnersatztherapie sondern für alle Gebiete der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Zunehmend ist auch der Trend mit Hilfe von gezielten Fortbildungsaktivitäten in einzelnen Fachbereichen der Zahnmedizin, Tätigkeitsschwerpunkte in den Praxen auszubauen. Ein Trend, wie der von Ihnen beschriebene, kann von uns nicht bestätigt werden.

Zahntechniker beklagen, dass immer weniger Nachwuchs-Zahnärzte auf den Markt drängen, mit denen die die Zusammenarbeit leichter sei. Die Überalterung der Zahnärzte sorge dafür, dass innovative Techniken blockiert werden für Sie eine nachvollziehbare Position?

Oesterreich: Nein. Wie bereits eingangs dargestellt, nimmt die Zahl der Zahnärzte und damit des beruflichen Nachwuchses seit Jahren stetig zu. Die innovativen Techniken, wie z.B. Vollkeramik bzw. Implantate, finden zunehmend Eingang in den Versorgungsalltag. Die vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie belegt im Rahmen ihrer bevölkerungsrepräsentativen, sozialepidemiologischen Datenerhebung eindeutig den Trend zu einer hochwertigen Zahnersatzversorgung. Bei Erwachsenen wird heute überwiegend festsitzender Zahnersatz eingegliedert. Auch bei den Senioren gibt es eine deutliche Tendenz zum festsitzenden Zahnersatz. Implantatgetragener Zahnersatz ist bei 1,4% der Erwachsenen im Jahre 2005 im Gegensatz zu 0,0% im Jahre 1997 und bei 2,6% der Senioren 2005 im Gegensatz zu 0,7% 1997 registriert worden. Auch im internationalen Vergleich ist das prothetische Versorgungsniveau der deutschen Bevölkerung als sehr hoch einzuschätzen.

Gleichzeitig muss aber auch darauf verwiesen werden, dass zur Einführung innovativer Techniken entsprechend wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse vorliegen müssen. Insofern ist letztendlich allein der Zahnarzt unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Datenlage gegenüber dem Patienten verantwortlich. Seiner Bewertung auch der patientenbezogenen Faktoren (Erwartungshaltung, Compliance) und Verantwortung obliegt es, welche der Therapieverfahren zuverlässig und mit hoher Erfolgsaussicht eingesetzt werden können. Insbesondere bei aufwändigen Versorgungen ist es oftmals auch sinnvoll den Zahntechniker in die Diskussion um eine optimale Therapieplanung mit einzubeziehen. Innovationen sollten somit eine wissenschaftliche Absicherung besitzen und nicht allein den Angaben der Herstellerfirmen vertraut werden.

Noch eine Schlussfolgerung: Zahntechniker könnten sich mit Innovationen gegen die Konkurrenz aus China und Ost-Europa behaupten. Doch die Zahnärzte, die ihren "alten Stiefel" fahren, behindern sozusagen den ohnehin harten Überlebenskampf der Labors." Ihr Kommentar?

Oesterreich: Wie dargestellt liegt es keinesfalls im Interesse des im Wettbewerb stehenden niedergelassenen Zahnarztes Innovationen und ein Fortschreiten wissenschaftlich begründeter Technologien in der Zahnheilkunde zu blockieren. So zeigt sich ebenso, dass zahntechnische Labore mit einem hohen qualitativen Niveau und besonderer Serviceleistungen in diesem Wettbewerb bestehen können. Dabei ist eine ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und zahntechnischem Labor, die sich durch eine hohe Qualität und Serviceleistung auszeichnet, unbedingte Voraussetzung. Ich rate vor dem Hintergrund der osteuropäischen Konkurrenz dazu, diese Zusammenarbeit zu verstärken, um letztendlich das nach wie vor vorhandene hohe Vertrauen der Patienten in die zahnärztliche Versorgung in Deutschland zu bestärken. Gegenseitige Schuldzuweisungen bringen dabei keinen Fortschritt und reduzieren die Tendenzen zur Globalisierung auch im Gesundheitswesen auf eine nicht zielführende Diskussion.

(sfk)

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Betrug: Die Finanzverwaltung würde nie von Ihnen verlangen, für die Zahlung einer Steuerschuld einen Link zu nutzen und dort ein Formular auszufüllen.

Steuern

Diese Steuer- und Pfändungsbescheide sind ein Fake

Keine Angst vor Kontenpfändung: E-Mails und Messenger-Nachrichten vom Bundeszentralamt für Steuern und dem Finanzamt sind ein Betrugsversuch.

    • Steuern
Angst, wenn das Telefon klingelt? Keine Sorge: Sie müssen nicht auf jedes Anliegen sofort reagieren.

Strategie

Unheilvolles Klingeln: 3 Tipps für schwierige Telefonate

Wer ungern telefoniert, kommuniziert lieber per Chat oder gar nicht. Warum das keine Lösung sein kann und wie Sie souverän am Telefon bleiben, zeigen unsere Tipps.

    • Strategie, Ablauforganisation, Kommunikation
Schicke Werkstatt, moderne Arbeitsgeräte: So punkten Sie bei der Generation Z.

Mitarbeiterbindung

3 wichtige Tipps: So halten Sie die Generation Z

Flexibel, wechselwillig, schnell gelangweilt: Die Generation Z gilt im Job als besonders anspruchsvoll. Dabei sind ihre Wünsche gar nicht so kompliziert.

    • Personal, Personalbeschaffung