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Was kann der Insolvenzverwalter zurückfordern?

Kassieren aus dem Hinterhalt

Die Bedrohung, mit der niemand rechnet: Längst bezahlte Rechnungen können Insolvenzverwalter vom Handwerker zurückfordern. Doch mit welchem Recht – und mit welchen Fristen?

Hat ein Kunde seine Rechnung bezahlt, ist der Fall erledigt. Oder auch nicht, falls der Kunde schon mehr oder weniger pleite war, als das Geld auf Ihrem Konto einging. Denn ein Insolvenzverwalter kann solche Beträge zurückfordern.

Das gilt nicht nur für Zahlungen, die ein Schuldner nach dem Insolvenzantrag leistet. Auch frühere Zahlungen haben die Insolvenzverwalter im Visier. „Dafür kann es eine Reihe von Gründen geben“, sagt Andreas Ringstmeier, Fachanwalt für Insolvenzrecht in Köln.

Hier die wichtigsten drei Fälle:

  • Zahlungen 3 Monate vor Insolvenz, Fall 1: 
    Zurückfordern kann der Insolvenzverwalter ­Gelder, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantrag oder danach gezahlt wurden, berichtet der Experte. Das ist möglich, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung tatsächlich schon zahlungsunfähig war. Das gilt immer, wenn der Zahlungsempfänger beim Erhalt des Geldes wusste, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist.

  • Zahlungen 3 Monate vor Insolvenz, Fall 2: 
    Noch schärfer kann der Insolvenzverwalter agieren, wenn im Dreimonatszeitraum eine „verdächtige“ Befriedigung erfolgt ist; dann muss er nur noch die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners beweisen. Ob der Gläubiger Kenntnis davon hatte, spielt dann keine Rolle. Verdächtig sind zum Beispiel Zwangsvollstreckungen oder ungewöhnliche Lösungen wie „Ware statt Geld“.

  • Zahlungen bis zu 10 Jahre vor der Insolvenz: 
    Selbst für langfristige Absprachen zwischen Schuldner und Gläubiger ist der Insolvenzverwalter gewappnet: Dann geht es um Vorsatz und in solchen Fällen könnte er alle Zahlungen anfechten, die bis zu 10 Jahre vor dem Insolvenzantrag geleistet wurden. Ringstmeier: „Aber in der Praxis geht es in der Regel nur um die letzten ein bis zwei Jahre vor dem Insolvenzantrag.“
Nächste Seite: Entscheidend für die Rückforderung ist die Frage „Was wusste der Gläubiger“?

Entscheidend: Was wusste der Gläubiger?

Den Ausschlag gibt also häufig, was der Gläubiger über die finanzielle Lage des Schuldners „gewusst“ hat, als die Rechnung beglichen wurde.

Indizien statt Beweise
Der Kenntnisstand des Gläubigers lässt sich in der Regel nicht so einfach beweisen. Allerdings genügen dem Gericht oft Indizien. Ringstmeier: „Dass ein Kunde um Ratenzahlung bittet, wird als Indiz nicht ausreichen. Ein Mahnbescheid oder sogar ein Vollstreckungsbescheid hingegen schon.“ Wer zu solchen Maßnahmen greift, müsse nach Ansicht der meisten Richter einfach stutzig werden und sich genauer informieren.

Rückzahlung noch 3 Jahre später!
Unter normalen Umständen bleibt es bei der Rückzahlung der Gelder ­zuzüglich Zinsen, sagt der Kölner ­Fachanwalt.

Dafür hat der Insolvenzverwalter ­allerdings bis zu drei Jahre Zeit, ­beginnend im Jahr der Insolvenz­eröffnung. Wird das Insolvenzverfahren zum Beispiel am 1.8.2014 eröffnet, wären alle Ansprüche am 31.12.2017 verjährt.

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(jw)

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