von Jörg Wiebking
Kundenorientiertes Verhalten? Dieser Begriff wird von manchen Mitarbeitern gerne strapaziert. Doch nicht jedes Verhalten müssen Unternehmen tolerieren. Wie schnell und hart sich Arbeitgeber wehren dürfen, zeigen verschiedene Urteile.
Kunden gefährdet...
Zu einer fristlosen Kündigung kann es führen, wenn ein Mitarbeiter Kunden gefährdet und geltendes Recht verletzt. So entließ eine hessische Metzgerei einen Mitarbeiter, der Hackfleisch vom Vortag in einem Rollbraten verarbeitet hatte. Das Hessische Landesarbeitsgericht bestätigte die Entlassung (Az. 5 Sa 1710/05). Der Metzger habe nicht nur gegen die Lebensmittelvorschriften verstoßen und Kunden einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt, sondern auch die Geschäftsinteressen des Arbeitgebers beeinträchtigt.
...bedroht und beleidigt
Auch wenn Mitarbeiter Kunden beschimpfen, beleidigen oder sogar bedrohen, entscheiden immer mehr Gerichte zu Gunsten des Arbeitgebers: So bestätigte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az: 5 Sa 309/98) die fristlose Entlassung einer Verkäuferin, die auf eine Reklamation mit den Worten Nun werden Sie aber nicht so pissig konterte. Und das, nachdem alle Mitarbeiter kurz zuvor in einem Rundschreiben von der Geschäftsführung aufgefordert worden waren, auf Reklamationen besonders freundlich zu reagieren. Auch die fristlose Entlassung jener Verkäuferin war rechtens, die einer Kundin kurz vor Ladenschluss mit den Worten Ich haue Ihnen eine aufs Maul den Eingang versperrt hatte (Arbeitsgericht Nürnberg, Az 12 Ca 2365/00).
In Extremfällen kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Doch im Normallfall können sich Arbeitgeber gegen kundenfeindliche Mitarbeiter nur maßvoll wehren, erläutert Rechtsanwalt Michael Eckert aus Heidelberg (siehe Checkliste). Im Einzelfall hänge das davon ab, welche konkreten Regeln es im Betrieb gibt, wie dagegen verstoßen wurde und was sich beweisen lässt .
Rechte der Mitarbeiter beachten
Andererseits sollten Arbeitgeber nicht vergessen, dass auch die Mitarbeiter Rechte haben. Wenn ein Kunde handgreiflich wird, dann kann sich ein Mitarbeiter verteidigen, sagt Eckert. Das gelte jedoch nicht für verbale Angriffe. Da kann der Arbeitgeber schon verlangen, dass der Mitarbeiter es nicht mit gleicher Münze heimzahlt. Allerdings müsse der Arbeitgeber in solchen Fällen auch seine Fürsorgepflicht beachten. In vielen Fällen muss sich der Chef schützend vor seine Mitarbeiter stellen.
Und dann gibt es noch die Mitarbeiter, die Kunden nicht mögen, sie das aber nicht spüren lassen. Dagegen können Chefs wenig unternehmen. So durfte eine Busfahrerin ihre Fahrgäste im Personalgespräch ungestraft als Abschaum bezeichnen, solange sie es nicht zu den Kunden selbst sagt. Niemand müsse Kunden mögen, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az 8 Sa 1345/95).
Schritt für Schritt
Wenn sich Mitarbeiter nicht so kundenorientiert verhalten, wie Sie das wünschen, können Sie dagegen vorgehen. Welche Voraussetzungen Sie dazu erfüllen müssen, erläutert Rechtsanwalt Michael Eckert aus Heidelberg:
Klare Regeln zum Verhalten gegenüber Kunden müssen existieren. Nur dann lässt sich Fehlverhalten sanktionieren. Es gibt zwar keinen Zwang, die Regeln schriftlich abzufassen, doch wenn sie als Aushang, Rundschreiben oder Anlage zum Arbeitsvertrag eingesetzt werden, können Arbeitgeber Fehlverhalten leichter nachweisen.
Verstößt ein Mitarbeiter gegen die Regeln, dann hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob der Arbeitgeber den Sachverhalt beweisen kann. Geht es vor Gericht, dann könnten betroffene Kunden als Zeugen aussagen. Das stärkt die Position des Arbeitgebers.
Vor einer ordentlichen Kündigung sollte der Arbeitgeber maximal drei Mal schriftlich abmahnen, dabei das Fehlverhalten schildern, das richtige Verhalten erwähnen und die Kündigung androhen. Verstößt der Mitarbeiter dann erneut gegen die Regeln zur Kundenfreundlichkeit, dann kann der Chef ordentlich verhaltensbedingt kündigen.
Fristlos kündigen kann ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter nur, wenn dessen Verhalten gegenüber Kunden eine weitere Zusammenarbeit unmöglich macht oder sogar strafbar ist, etwa ein körperlicher Angriff auf einen Kunden.