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Urteil

Keine Kündigung – trotz drei Abmahnungen

Fünf mal zu spät, dreimal schriftlich abgemahnt. Beim sechsten Mal dann die Kündigung. Doch das Gericht entschied anders.

Wiederholte Verspätungen können eine Kündigung rechtfertigen. Gab es zuvor sogar schon Abmahnungen, kann die weitere Unpünktlichkeit sogar als „beharrliche Verweigerung der Arbeitspflicht“ bewertet werden und eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das sagt zum Beispiel das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz. Ob und wann das der Fall ist, sollten Arbeitgeber jedoch vorsorglich mit einem Rechtsanwalt klären. Sonst kann es für sie vor Gericht schlecht ausgehen. So wie in dem Fall eines Schlossers, über dessen Kündigungsschutzklage das Gericht zu entscheiden hatte.

Der Fall: Im August 2014 hatte der Schlosser seine Pause um drei Minuten überzogen. Für den Arbeitgeber war das zu viel, er sprach eine fristlose Kündigung aus – und zur Sicherheit auch gleich noch eine fristgerechte Kündigung. Immerhin hatte der Mitarbeiter wegen Unpünktlichkeit schon drei schriftliche Abmahnungen erhalten. Zuletzt eine wegen drei Verspätungen im Januar 2014, davor jeweils eine aus ähnlichen Anlässen in den Jahren 2006 und 2007.

Das Urteil: Das Gericht entschied dennoch zugunsten des Mitarbeiters. Nach einer sorgfältigen Interessenabwägung sei die Kündigung nicht gerechtfertigt. Was dabei alles eine Rolle spielte, machte das Gericht in seiner Urteilsbegründung deutlich:

Nach der Abmahnung 2007 habe sich der Mitarbeiter bis Anfang 2014 ordnungsgemäß verhalten. Das hatte er sogar schriftlich: In einem Schreiben vom Dezember 2012 hatte ihn der Arbeitgeber für seine „gute und harmonische Zusammenarbeit“ gelobt und in einem Zwischenzeugnis vom Januar 2014 als „stets zuverlässig und gewissenhaft“ beurteilt. Die Abmahnungen aus 2006/2007 könnten die Kündigung daher nicht mehr stützen.

Zu berücksichtigen seien weiterhin die lange Betriebszugehörigkeit des Schlossers von 16 Jahren, die lange störungsfreie Zeit und seine Unterhaltspflichten.

Zudem habe der Arbeitgeber nicht nachweisen können, dass die als Kündigungsgrund genannte dreiminütige Verspätung den Betriebsablauf gestört oder die Disziplin im Betrieb untergraben habe. Vielmehr wiesen 158 Überstunden auf die hohe Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters hin.

Angesichts der „ganz geringfügigen Pflichtverletzung“ und unter Abwägung dieser Aspekte sei weder eine fristlose noch eine fristgerechte Kündigung gerechtfertigt. Stattdessen wäre es dem Arbeitgeber „durchaus zumutbar“ gewesen, den Mitarbeiter wegen der dreiminütigen Überschreitung der Pause erneut und eindringlich abzumahnen.

LAG Rheinland-Pfalz: Urteil vom 3. Februar 2016, Az. 4 Sa 147/15

(jw)

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