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Energiesanierung adé - die Politik des Scheiterns

Keinen Bock auf Energieeffizienz

Klimaschutz? Kein Anschluss unter dieser Regierung. Eigentlich sollte längst ein Milliardenpaket für energiebewusste Sanierer bereitstehen. Doch statt der Finanzierung gab es Streit. Was lief da schief und wie geht es weiter?

Keinen Bock auf Klimaschutz?
Ziege_Bock_Wolf Gero Sievers_pixelio

Eine verantwortungsvolle Gesellschaft, eine lebenswerte Zukunft und Milliardeninvestitionen. Um nicht weniger geht es beim Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE). Den Plan hat die Regierung im Dezember mit großem Trara vorgestellt. Dann wollte sich die Politik drei Monate Zeit nehmen, um eine einfache Frage zu klären: Wie erleichtern wir unseren Bürgern die Investitionen in die energetische Sanierung? Das Mittel stand sogar schon fest: Steuererleichterungen.

Blieb nur zu klären, wie man den Steueranreiz gegenfinanziert. Doch zu einer Einigung kam es nicht. Stattdessen wurde das komplette Energieeffizienzprogramm in Frage gestellt. Zum Stichtag Ende Februar galten die Verhandlungen plötzlich als gescheitert. Die Finanzierungsfrage: ungelöst. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Eine einfache Rechnung: ohne Förderung keine Sanierung
Der Klimaschutz ist zum politischen Spielball verkommen. Egal welchen Ausgang das politische Theater noch nimmt, die Gesamtstrategie Energieeffizienz hat Schaden genommen. Rückwirkend zum ersten Januar sollten Investitionen bereits jetzt grünes Licht haben. Doch Verbraucher und Umwelt sind gezwungen, abzuwarten. „Alle Welt weiß, ohne zusätzliche Förderung lassen sich Energiesparmaßnahmen im Gebäudebereich nicht realisieren“, kritisiert Christian Staub, Vizepräsident des Baugewerbeverbands Niedersachsen und Geschäftsführer der Chr. Staub Baugesellschaft mbH.

„Die Bundesregierung schafft es, mit den Klimazielen vor Augen, ihren wichtigsten Bereich – den Gebäudesektor – aus dem Blick zu verlieren“, sagt Staub. „Das ist nicht zu akzeptieren.“ 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland gehen auf das Konto des Gebäudesektors. Das Problem liegt im Gebäudebestand – alte Heizgeräte, schlechte Dämmwerte von Fenstern und Fassaden. „Nur ein Prozent des Bestandes wird saniert“, beklagt Staub.

Seite 2: Wenig Förderung, viel Ablehnung. Der NAPE-Irrsinn geht weiter.

*pixelio.de

Förderplan ohne Ambitionen

Um diesen geringen Sanierungsanteil zu erhöhen, sollte der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz Investitionsanreize schaffen. Anfangs waren 10 bis 25 Prozent der Investitionssumme als Steuererleichterung im Gespräch. Schon bevor die Finanzierungsfrage scheiterte, war nur noch von einem abgespeckten Anreiz zu hören: 10 Prozent der Investitionssumme, verteilt über zehn Jahre. Wer also 10.000 Euro investiert, soll zehn Jahre lang einen Hunderter jährlich zurückerhalten.

„Eine wirksame Förderung sieht anders aus“, urteilt Staub. „Mindestens 25 Prozent der Investitionskosten müssen stehen.“ Welche Förderung tatsächlich im Gespräch war, ist im Übrigen nicht ganz raus. Vom Bundeswirtschaftsministerium waren auf Anfrage andere Zahlen zu hören, als dem Baugewerbeverband bekannt sind. 11 Prozent Förderung sollten Einzelmaßnahmen erhalten, 27,5 Prozent umfangreichere Sanierungen. Eine schriftliche Bestätigung gab es vom Ministeriums allerdings nicht.

Transparenz unerwünscht
Auch das scheint leider Teil des Spiels in der NAPE-Debatte zu sein. Schriftlich festgehaltene offizielle Fakten sind zu den wesentlichen Eckpunkten wie Förderhöhe oder Gegenfinanzierung nicht zu finden. Nur bruchstückhaft lässt die Politik Infos zu den Medien durchsickern, ohne ins Detail zu gehen.

Das spiegelt sich auch im Scheitern der Verhandlungen über die Finanzierungsfrage wider. Verhandelt wurde abseits der Öffentlichkeit im Koalitionsausschuss. Die Nachricht von ihrem Scheitern verbreitete sich als interne Meldung der SPD, inklusive Schuldzuweisung Richtung CSU. Das wurde öffentlich, die CSU konterte ebenso öffentlich. Spielball hier: der Handwerkerbonus. Die Frage: Soll der Handwerkerbonus zur Gegenfinanzierung der Energieeffizienzförderung gekürzt werden?

„Der Bonus ist eine Sache, die Schwarzarbeit entgegenwirkt. Damit trägt er sich finanziell selbst“, sagt Christian Staub. „Ihn in Diskussion zu stellen, ist grundsätzlich verkehrt. Wir brauchen zusätzliche Mittel.“

Seite 3: Ist die Energieeffizienz noch zu retten? Das planen die Politiker.

Debatten ohne Ergebnis, Politik ohne Ziel

Selbst wenn man die Diskussion führt, hätte die Verhandlung nicht an ihr scheitern dürfen. Drei Monate hatten die Länder Zeit, sich darüber einig zu werden, ob der Handwerkerbonus unangetastet bleiben kann und wie die Finanzierungsalternative aussieht. Ergebnis: keines.

Stattdessen schieben sich die Parteien gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Das ist ärgerlich für alle, die dieser Politik auf Kosten von Bürgern und Wirtschaft nichts abgewinnen können. Auch Christian Staub hat davon genug: „Wir fordern mehr Ernsthaftigkeit von den beteiligten politischen Akteuren.“

NAPE: So geht es weiter
Laut Staatskanzlei Sachsen-Anhalt wird die Idee, den Handwerkerbonus zur Gegenfinanzierung zu nutzen „wohl nicht weiterverfolgt.“ Die Förderung sei aber nicht vom Tisch. Bund und Länder würden nun Gespräche führen. Ihr Ausgang ist offen. Am 6. März haben die Beteiligten sich zu einer aktuellen Stunde im Bundestag zusammengefunden. Zu erwähnenswerten Ergebnissen hat das nicht geführt. (Hier nachzulesen)

Möglich, dass die Verhandlungen ganz scheitern und stattdessen zusätzliche KfW-Fördermittel für die Sanierung bereitgestellt werden. So stellte es Thomas Oppermann (SPD) in Aussicht. Die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt und das Bundeswirtschaftsministerium bestätigten das auf Anfrage.

„Wir denken über Alternativen nach“, heißt es in der Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums. Schließlich seien die Verhandlungen nicht wegen der steuerlichen Förderung gescheitert, sondern wegen der Gegenfinanzierung. „Sollte es da doch noch Gespräche geben, werden wir uns nicht verschließen.“

NAPE: Das ist geplant
So sieht der Plan aus, mit dem die Regierung eigentlich Milliarden sparen will: „Ein gutes Stück Arbeit“, steht ganz oben auf dem Titel des fast 50 Seiten starken Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE). Genau das wäre es auch, gelänge seine Umsetzung: Der NAPE soll bis 2020 Energiekosten in Höhe von 18 Milliarden Euro sparen. Mit bis zu 100 Milliarden Euro Gesamtersparnis rechnen seine Schöpfer über die gesamte Lebensdauer der Effizienzmaßnahmen.

Um die zu erreichen, ist ein umfangreiches Programm aus Sofortmaßnahmen geplant: Die Gebäudesanierungsprogramme mit Zuschüssen und günstigen Krediten werden um jährlich 200 Millionen Euro ausgeweitet.

Den größten Brocken im Regierungsprogramm macht allerdings die steuerliche Förderung mit einer Milliarde Euro pro Jahr aus. Die steuerliche Förderung soll verteilt über zehn Jahre von der Steuerschuld abgezogen werden. Gefördert werden sowohl Einzel- als auch umfassende Gesamtmaßnahmen.
(deg)

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