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Foto: handwerk.com

Handwerker gegen Deutsche Telekom

Klage wegen Telefondrama?

Die Leitung: tot. Die Nerven: zerrüttet. Der Schaden: groß. Andreas Breukelmann sagt, die Deutsche Telekom habe fast drei Monate gebraucht, um seine Firma ans Netz anzuschließen. Eine Anwältin verrät, wie Geschäftskunden Druck machen können.

„Ich kann immer noch nicht glauben, wie das gelaufen ist“, sagt Andreas Breukelmann. „Dass ich als Unternehmer monatelang ohne Telefon und Internet auskommen muss, das hätte ich in Deutschland nicht für möglich gehalten.“

Nach den ersten beiden Berichten über Pannen der Telekom bei der Umstellung auf IP-Telefonie hat die Redaktion weitere Zuschriften von Betroffenen erhalten. Gemeldet hat sich auch Andreas Breukelmann. Bei ihm ging es aber gar nicht um IP-Telefonie, sondern um einen klassischen ISDN-Anschluss für Telefon und Internet.

Der Unternehmer war Ende März 2014 mit seiner Firma, der Schleper amp; Lübbers GmbH amp; Co. KG, in ein Gewerbegebiet in Nordhorn umgezogen. Wenige Tage nach dem Umzug teilte der bisherige Telekommunikationsanbieter dem Inhaber des Sanitär-Heizung-Klima-Betriebes mit, dass jetzt die Deutsche Telekom für den Telefonanschluss zuständig sei.

Breukelmann wollte die alte Telefonnummer behalten. Am 7. April erteilte er der Telekom einen Portierungsauftrag, doch danach passierte erst einmal gar nichts. „Wir wurden hingehalten“, sagt der Unternehmer. Er habe Stunden mit Hotline-Telefonaten verbracht und sei mit Call Center-Mitarbeitern in Bremen, Leipzig, Augsburg und anderen Städten verbunden worden, um einen Montagetermin zu vereinbaren. Er und seine Mitarbeiter telefonierten derweil mit Handys. E-Mails, die an die Firmenadresse gerichtet waren, liefen ins Leere.

Schließlich teilte ihm die Telekom mit, dass am 4. Juni zwischen 12 und 18.30 Uhr ein Monteur kommen werde. Doch Breukelmann wartete an diesem Tag vergeblich auf den angekündigten Retter. Er konnte es nicht fassen. „Wir wurden bei der Telekom mit einer Deeskalationsabteilung verbunden“, erzählt der Nordhorner. Es gebe technische Probleme, habe es immer wieder geheißen.

Auf Anfrage dieser Zeitung schrieb eine Pressesprecherin der Telekom, dass der vorherige Anbieter ihrem Unternehmen den Wechsel zum 30. Mai 2014 bestätigt, den Anschluss aber bereits Mitte April abgeschaltet habe. Der Auftrag sei danach von der Telekom auf ein verspätetes Datum gebucht worden, so dass er neu bearbeitet werden musste.

Der vorherige Anbieter war die Ewe Tel GmbH in Oldenburg. Mit der Stellungnahme der Telekom konfrontiert, antwortete deren Pressesprecherin, Ewe Tel habe die Leitung nicht abgeschaltet, sondern bis zum 13. August bestehen lassen und in der Zeit eine Rufumleitung eingerichtet.

Diese Umleitung auf sein Notfallhandy habe aber nicht immer funktioniert, sagt Andreas Breukelmann. „Hinzu kam, dass wir mit einem Handy gar nicht alle Anrufe entgegennehmen konnten, so dass viele Kunden verärgert waren.“

Lesen Sie auf Seite 2, wie Andreas Breukelmann aus der Nichterreichbarkeitsfalle herauskam.

Nach einem Zeitungsbericht ging es plötzlich schnell

Andreas Breukelmann wandte sich an die örtliche Zeitung „Grafschafter Nachrichten“, die über seinen Fall berichtete. Daraufhin ging alles sehr schnell: Die Nordhorner Servario GmbH meldete sich und bot ihm an, seinen Betrieb mittels der funkgesteuerten Internet-Technologie „WiBack“ ans Internet anzuschließen. Das geschah dann auch – zwei Tage brauchte die Firma, um den SHK-Betrieb ins Hochgeschwindigkeits-Internetzeitalter zu katapultieren.

Am Tag der Internet-Wiederbelebung stand plötzlich auch ein Telekom-Techniker vor der Tür. „Acht Minuten hat es gedauert, und wir hatten wieder einen funktionierenden Telefonanschluss“, berichtet Breukelmann.

An den Folgen der Nichterreichbarkeit hat er nach eigenen Aussagen mächtig zu knabbern: „Die lukrativen Tagesaufträge sind an uns vorbeigelaufen.“ Auf Basis des Umsatzes der Vormonate hat er seine Umsatzausfälle berechnet und ist dabei auf eine Summe von 240.000 Euro gekommen. Weitere, direkt belegbare Kosten für Handys zum Beispiel seien da noch gar nicht mitgerechnet. „So manches Handwerksunternehmen hätte das nicht überlebt, und bei uns war es sehr sehr knapp.“

Breukelmann sagt, sein Anwalt habe der Telekom mit Schadenersatzforderungen gedroht. Wird er die Telekom nun auf Schadenersatz verklagen? „Ich lasse das gerade von meiner Rechtsschutzversicherung prüfen, ob eine Klage wegen Vertragsbruchs gerechtfertigt ist.“

Was Sie tun können, um zu Ihrem Recht zu kommen, verrät eine Fachanwältin auf Seite 3.

Anwältin im Interview: Wie Betriebe Druck machen können

Haben Sie ebenfalls Probleme mit einem Telefonanbieter? Dr. Astrid Auer-Reinsdorff ist Fachanwältin für Informationstechnologierecht in Berlin. Im handwerk.com-Interview erzählt sie, wie Handwerksbetriebe gegen Anbieter vorgehen können, wenn Telefon und Internet dauerhaft blockiert sind.

Was können Betriebe tun, wenn ihr Anschluss nicht funktioniert und der Anbieter nicht aktiv wird?
Die Betriebe sollten neben der Lösungssuche nicht die Dokumentation des Hergangs vernachlässigen. Sie müssen die Störungszeitspannen und dazugehörigen Datumsangaben möglichst exakt und detailliert auflisten, weil der Dienstleister selbst die Möglichkeit hat, die Erreichbarkeit genau nachzuweisen. Ihre Störungsmeldungen können sie schriftlich per Brief, E-Mail oder Fax und notfalls über einen anderen Anschluss absenden und dem Anbieter eine Frist zur Behebung setzen. Wenn Mahnungen und Fristsetzungen unbeantwortet bleiben, sollten sie alsbald eine Anwältin oder einen Anwalt zu Rate ziehen.

Können sie wegen der Nichterreichbarkeit Schadenersatz geltend machen?
Wichtig ist dabei zunächst, dass die Handwerksbetriebe einen Geschäftskundenanschluss mit hinreichender Bandbreite beantragen und nicht etwa einen normalen Privatkundenanschluss für ihren Betrieb nutzen. Bei Geschäftskundenanschlüssen können sie nämlich in der Tat Schadenersatzansprüche geltend machen.

Wann sollten sie diese Ansprüche anmelden?
Sie sollten keinesfalls zu lange warten, sondern spätestens zum Ablauf des Abrechnungsmonats einen Auskunfts- und Schadenersatzanspruch geltend machen, damit der Dienstleister die Daten über den Anschluss nicht bereits gelöscht hat. Der Handwerker muss dann aber auch darlegen können, dass ihm durch die Nichterreichbarkeit ein Schaden entstanden ist.

Was Sie als Schaden durch Nichterreichbarkeit geltend machen können, erfahren Sie auf Seite 4.

Was genau gilt denn rechtlich gesehen als Schaden durch Nichterreichbarkeit?

Er entsteht zum Beispiel durch Verbindungsentgelte für abgehende Telefonanrufe, die der Handwerker über ein Mobiltelefon aufwenden muss, um seine Kunden zu erreichen, durch Faxkosten über externe Faxdienste sowie durch die hierfür aufgewandte Arbeitszeit. Dem Handwerker entgehen, wenn keine Anschlussumleitung unter derselben Telefonnummer möglich ist, wegen der Nichterreichbarkeit möglicherweise neue Aufträge. Die Beweisführung kann hier auf Basis einer Vergleichsstatistik geführt werden über Auftragseingänge in vergleichbaren Monaten, an durchschnittlichen Tagen oder auf Basis von Umsatz- und Gewinnzahlen.

Und wie wird der Schaden bewertet, wenn sich die Kunden über andere Kanäle beim Betrieb melden?
Gelangen Handwerker über eine alternative Telefonnummer an Neuaufträge, so entsteht ihnen in diesen Fällen kein Schaden durch entgangenen Gewinn. Sie haben dann einen Schaden durch Mehraufwand für sich und ihre Mitarbeiter beim Telefonieren und Kommunizieren. Wenn die Anschlussumschaltung scheitert, stehen ja auch Fax und E-Mail nicht zur Verfügung und die Kommunikation dauert länger, geht per Post mit Portokosten heraus und bedarf gegebenenfalls der Anschaffung von Geräten und Prepaid-Karten.

(afu)

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