- Mit der Spendenaktion „Solidarität mit dem Bagger“ sammelt eine Gruppe Handwerker Geld für einen Bauunternehmer, der aus Wut über unbezahlte Rechnungen Teile eines von ihm selbst errichteten Neubaus zerstört hat.
- Mit der Spendenaktion wollen sie die Tat nicht gutheißen, doch sie hätten Verständnis für diese emotionale „Affekthandlung“ angesichts immer wieder schlechter Erfahrungen mit den Tricks mancher Bauträger und Generalunternehmer.
- Handwerksmeister Eberhard Ruetz rät Kollegen dringend dazu, auf „den handwerksüblichen und VOB-konformen Vertragsklauseln“ zu bestehen und sich mit einer Bauhandwerkersicherung gegen Zahlungsausfälle abzusichern.
Ende Juli ging die Geschichte eines wütenden Bauunternehmers in Blumberg (Baden-Württemberg) durch die Medien: Mit einem Bagger zerstörte der 47-Jährige nach Polizeiangaben Balkone, Fenster, Fassade und Garagen eines Neubaus. Der Schaden: rund eine halbe Million Euro. Danach stellte sich der Mann der Polizei. Als Grund für die Aktion habe er ausstehende Zahlungen eines Generalunternehmers angeführt, die ihm zu Unrecht vorenthalten worden seien (wir berichteten).
Jetzt sammeln Kollegen aus dem Handwerk für den Bauunternehmer Spenden. „Damit wollen wir die Zerstörung nicht gutheißen“, sagt Eberhard Ruetz, einer der Initiatoren der Spendensammlung. „Rechtlich ist das natürlich nicht zulässig. Das sind Wild-West-Methoden und das darf natürlich so nicht sein“, betont der Stuckateurmeister aus Ravensburg. Doch „emotional kann man sehr wohl Verständnis für diese Affekthandlung haben“.
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Probleme mit Bauträgern und Generalunternehmen
So sei es auch den Mitgliedern seiner Erfa-Gruppe gegangen, berichtet Ruetz: „Ein Mitglied hat direkten Kontakt zu dem Kollegen und berichtete uns, dass es um offene Rechnungen von mehr als einer Million Euro geht. Der Auftraggeber soll die Bezahlung immer weiter hinaus gezögert haben.“
Seit dem Spendenaufruf erhalte er täglich Anrufe und E-Mails von Kollegen, denen es bei Aufträgen von Bauträgern und Generalunternehmen ähnlich ergangen sei, sagt Ruetz. „Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren“, betont der 65-Jährige. Doch „bei weniger seriösen Bauträgerkonsortien ist es schon beinahe üblich, dass sie durch raffinierte Vertragsgestaltung, wegen vermeintlicher Mängel und wegen nicht anerkannter Leistungen Geld einbehalten, Rechnungen kürzen oder gar nicht bezahlen“. An „solchem Gebaren“ leide das Handwerk schon seit Jahrzehnten „und es wird nicht wirklich besser“.
Dass „irgendwann einmal jemandem der Kragen platzt, ist von daher schon verständlich“, sagt Ruetz. Zumal unter solchen „Machenschaften“ die kleinen Betriebe und deren Mitarbeiter leiden würden. „Das Geld, welches in der Handwerksfirma fehlt, kann letztlich auch nicht an den Mitarbeiter bezahlt werden. Entweder geht die Firma in Insolvenz oder die Mitarbeiter verzichten auf Lohn, um den Betrieb zu retten, oder der Mitarbeiter muss Nacharbeit leisten, die nicht bezahlt wird.“
Wenn jeder Handwerker 5 Euro spendet
Und dann wird der Stuckateurmeister, der selbst öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ist, noch einmal deutlich: „Wir heißen es wirklich nicht gut, wie der Kollege hier vorgegangen ist, und dass er nun den Schaden und eine Strafe bezahlen muss, ist korrekt“, sagt Ruetz. „Aber gegen die Tricks mancher Auftraggeber geht niemand rechtlich vor, die bekommen keine Strafe. So kann man doch nicht miteinander umgehen.“
Deswegen habe die Erfa-Gruppe die Aktion „Solidarität mit dem Bagger“ ins Leben gerufen. „Unsere Idee ist, dass jeder Handwerker nur 5 Euro spendet. Wenn jeder mitmacht, würde das ausreichen, um den entstandenen Schaden und die zu erwartende Strafe zu begleichen.“
Spendenkonto: Jeanette Erhardt DE18 6649 0000 0016 2616 02 Volksbank Offenburg ''Solidarität mit dem Bagger''.
Auftraggeber bringen Handwerker in Zwickmühle
Zudem erhofft sich Ruetz von der Aktion und der Pressearbeit der Gruppe etwas mehr Aufmerksamkeit und Verständnis auch auf Verbraucherseite. Denn kaum einer wisse, unter welchen Bedingungen teilweise neuer Wohnraum entstehe und wie der finanziert werde: „Das beginnt oft mit speziellen Aufmaßregeln und geht weiter mit den verklausulierten Bedingungen, wann eine Rechnung zu bezahlen ist“, berichtet der Handwerker.
Dann ändere der Bauleiter oder Architekt bei den Abschlagszahlungen und Schlussrechnungen das Aufmaß nach unten. Wenn ein Handwerker nicht einverstanden ist, weil damit seine erbrachten Leistungen gekürzt werden, bekomme er erst einmal kein Geld.
Dann verlange der Kunde eine neue, korrekt ausgestellte Rechnung, sonst bezahle er nicht. „Der Auftraggeber verlangt also keine Korrektur, sondern eine neue Rechnung“, betont Ruetz. Der Unterschied: „Wenn sich der Handwerker darauf einlässt, damit er überhaupt erst einmal Geld bekommt, kann er das später nicht mehr rückgängig machen und offene Forderungen nicht mehr einklagen.“
Ruetz: Bauhandwerkersicherung schafft Abhilfe
Darum rät Ruetz seinen Kollegen dazu, in Verträgen „die handwerksüblichen und VOB-Konformen Vertragsklauseln“ anzuwenden und „Abweichungen nicht zu akzeptieren“. Aber der ehemalige Obermeister weiß auch, dass das nicht immer durchzuhalten ist in Verhandlungen um große Aufträge, bei denen auch Juristen mit am Tisch sitzen.
„Darum ist es wichtig, dass man sich absichert, sobald die Arbeiten begonnen haben.“ Er empfiehlt, eine Bauhandwerkersicherung vom Kunden einzufordern: „Das führt meistens dazu, dass der Geldfluss mit der Leistung übereinstimmt.“
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