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Kredit

Kontenprüfung: Kontrollieren und kassieren

Sie wollen sich gegen die Tricks Ihrer Bank wehren? Gegen überhöhte Gebühren und Zinsen? Eine Kontendetektivin zeigt, wie es geht.

von Jörg Wiebking

Rund 640.000 Euro schuldet Wolf Zimmermann seiner Hausbank. Doch der Brunnenbaumeister aus Neuruppin hat den Spieß umgedreht: Statt weiter seine Kredite zu tilgen, fordert der 67-Jährige nun mehr als eine Million Euro von der Bank. Sein Vorwurf: „Die Bank hat jahrelang zu hohe Zinsen und Gebühren kassiert.“

Ein Brunnenbauer findet Hilfe beim Kontenprüfer
Auf die Spur der Scheine kam Zimmermann mit Hilfe eines Kontenprüfers, der alle Bewegungen auf den Firmenkonten über einen Zeitraum von zehn Jahren untersuchte. Das Ergebnis: „Alleine der Zinsschaden liegt laut Gutachten bei 346.000 Euro“, erläutert Zimmermann.

Darauf hin stellte der Unternehmer die Tilgung seiner Kredite ein. „Die Bank hat dann den Kredit gekündigt und eine Vollstreckungsklage eingereicht.“ Der Handwerker hielt dagegen. Er ließ seinen Steuerberater ermitteln, was seine Firma über die Jahre mit den zu viel gezahlten Zinsen und Gebühren hätte erwirtschaften können.

Diese 690.000 Euro hätte er nun gerne auch noch von der Bank. Ein Vergleichsangebot über rund 390.000 Euro lehnte Zimmermann ab. Jetzt muss ein Gericht entscheiden.

Kein Einzefall: "Kaum ein Risiko für Banken"
Dass Banken überhöhte Zinsen und rechtswidrige Gebühren kassieren, sei kein Einzelfall, berichtet Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg.

Doch die wenigsten Kreditnehmer wehren sich. Ein Grund: „Die Kunden können solche Tricks oft kaum durchschauen“, sagt Reifner. Die Gefahr für die Banken sei daher gering. Sie könnten höchstens ihren Ruf einbüßen. Doch das Risiko ist begrenzt, denn „weniger als 0,3 Prozent der Betroffenen holen sich ihr Geld über die Gerichte zurück“, schätzt Reifner. „Die meisten Bankkunden trauen sich in einer bestehenden Bankbeziehung nicht, sich vor Gericht zur Wehr zu setzen.“

Welche Tricks Banken anwenden und wie Sie sich zur Wehr setzen können, verrät Kontenprüferin Anna Maria Möntmann auf der nächsten Seite.

Die Tricks der Banken im Überblick

Rechtswidrige Gebühren und Zinsschäden summieren sich schnell zu hohen Beträgen. „Kredit und Girokonten werden häufig nicht korrekt abgerechnet“, berichtet Kontoprüferin Anna Maria Möntmann aus Bad König.

Falsche Wertstellung
Banken können Wertstellungsgewinne erzielen – hauptsächlich, wenn eingehende Zahlungen dem Empfänger nicht sofort gut geschrieben werden und Zahlungsausgänge vordatiert werden, das Konto also länger als notwenig belastet wird.

Wertstellungsfehler seien bis etwa 1995 besonders häufig vorgekommen, berichtet Möntmann. „Inzwischen gibt es Urteile dazu und die Banken richten sich meistens danach.“ Misstrauisch sollten Unternehmer werden, wenn Wertstellungen an Feiertagen erfolgen und bar eingezahlte Beträge nicht am selben Tag gutgeschrieben werden.

Zinsanpassungsfehler
Kontokorrentkredite sind in der Regel variabel verzinst: Reduziert die Bundesbank den Referenzzins, dann muss auch die Hausbank den Sollzins senken. In der Praxis würden Banken ihre Zinsen jedoch verspätet oder gar nicht an den gesenkten Leitzins anpassen, berichtet Möntmann.

Misstrauen sei angebracht, wenn die Zinsanpassungsklauseln nicht transparent seien. „Intransparent wäre es zum Beispiel nach Auffassung der Anwälte, wenn die Bank im Kreditvertrag nicht genau angibt nach welchem Referenzzins sie sich bei Anpassungen richtet.“

Zinsfehler
Auch das gehört nach Möntmanns Erfahrung zu den teuren Fehlern: Darlehensverträge werden nicht korrekt eingehalten. „Zum Beispiel steht im Vertrag für einen vereinbarten Zeitraum ein fester Zinssatz von 10,5 Prozent, abgerechnet wird aber mit einem variablen Zinssatz, zum Beispiel mit 11,75 Prozent.“

Kontokorrentfehler
Ein häufigerer Fehler sei es, das manche Banken Kontokorrentgrenzen nicht genau einhalten. „Manchmal werden vom ersten Euro an Überziehungszinsen und -provisionen berechnet“, warnt Möntmann.

Unerlaubte Gebühren
Manche Banken kassieren trotz höchstrichterlicher Urteile nach wie vor unberechtigt Gebühren. Dazu zählen

  • Gebühren für geplatzte Lastschriften, Überweisungen und Daueraufträge: Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen entschieden, dass die Banken solche Kosten selbst tragen müssen. Das gelte auch für entsprechende Benachrichtigungen der Bank, ergänzt Möntmann.
  • Gebühren für Freistellungsaufträge müssten Kunden nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls nicht zahlen.
  • Gebühren für Ein- und Auszahlungen auf das eigene Konto sind nach einem BGH-Urteil ebenfalls kostenlos.
Wie Sie sich gegen solche Tricks wehren können, erfahren Sie auf der nächsten Seite .

So setzen Sie sich zur Wehr!

Völlig schutzlos stehen Bankkunden den Kreditinstituten jedoch gegenüber.

Probebuchung
Bei ersten Anzeichen für Fehler können Sie einen Kontoprüfer mit einer Probebuchung beauftragen. Das kostet höchstens einige hundert Euro und geschieht, „ohne dass die Bank davon etwas merkt“, berichtet Kontoprüferin Anna Maria Möntmann.

Verhandeln
Erhärtet sich der Verdacht und wollen Sie Ärger mit der Bank vermeiden, dann können Sie Ihrer Bank das Ergebnis der Probebuchung vorlegen und versuchen, für die Zukunft eine korrekte Abrechnung zu vereinbaren. Auch der Bundesverband öffentlicher Banken (VÖB) rät zu einem frühzeitigen Gespräch mit der Hausbank, damit sie Fehler „aus der Welt räumen“ kann.  

Bankwechsel
„Sollte eine Bank, was ungewöhnlich wäre, ständig Fehler gegenüber einem Kunden begehen“, dann sei allerdings ein Bankwechsel ratsam, ergänzt ein VÖB-Sprecher.

Kontenprüfung
Befürchten Sie einen höheren Schaden, dann kann der Kontenprüfer Ihre Kontenbewegungen über einen längeren Zeitraum untersuchen. Berücksichtigt werde dabei der direkte Schaden, zum Beispiel unberechtigt kassierte Gebühren, erläutert Möntmann, aber auch „der indirekte Schaden, durch Zinseszinszahlungen, die das Konto belasten“. Die Kosten einer intensiven Prüfung können im vierstelligen Bereich liegen. Manche Kontenprüfer akzeptieren auch eine Erfolgsbeteiligung.

Rechtsweg
Anhand des Prüfergebnisses können Sie mit der Bank verhandeln. Erstattet die Bank den Betrag nicht, so droht ein langwieriger Rechtsstreit. „Dann sollte man sich einen spezialisierten Anwalt suchen, aber möglichst keinen aus dem Einzugsbereich der Bank.“ Häufig enden solche Verfahren nach Möntmanns Erfahrung in einem Vergleich.

Risiko Bankbeziehung
Sie müssen damit rechnen, dass Ihre Bank schwere Geschütze auffährt und zum Beispiel Kredite kündigt. Für gesunde Betriebe sollte es kein Problem sein, eine neue Bank zu finden, meint Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff). Doch wer bereits „vom Wohlwollen einer Bank“ abhänge, sollte unbedingt die Handwerkskammer einschalten, bevor er sich auf Streit einlässt.

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