Auf einen Blick:
- Welche Voraussetzungen müssen Kooperationen zwischen Unternehmen und Selbstständigen erfüllen, damit sie vom Gesetzgeber nicht als abhängige Beschäftigung eingeordnet werden? Die Antwort darauf steckt laut Michael Klatt in den Urteilen der Sozialgerichte der letzten Jahre.
- Um Kooperationen mit Selbstständigen oder freien Mitarbeitern auf eine rechtssichere Basis zu stellen, rät der Fachanwalt für Sozialrecht Unternehmen, eine Rahmenvereinbarung zur geplanten Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner zu schließen.
- Um sicherzugehen, dass die Rahmenvereinbarung inhaltlich den Ansprüchen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) genügt, sollte ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle beantragt werden. Zur Prüfung wird die Rahmenvereinbarung bei der Clearingstelle mit eingereicht.
- Warum lohnt sich der Aufwand? Stuft die DRV eine Kooperation als abhängige Beschäftigung ein, drohten dem beteiligten Unternehmen im Schnitt Nachzahlungen von 50.000 bis 80.000 Euro.
Eine Zusammenarbeit zwischen einem Handwerksbetrieb und einem Solo-Selbstständigen oder freien Mitarbeiter kann sich für beide Seiten lohnen. Sie kann den beteiligten Unternehmer aber auch unerwartet vor hohe Kosten stellen. Und zwar dann, wenn die Partnerschaft so exklusiv wird, dass der Solo-Selbstständige oder freie Mitarbeiter in den Augen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) eine sozialversicherungspflichtig beschäftigte Person ist.
Rechtssichere Kooperationen: Urteile ebnen den Weg
Die gute Nachricht: Rechtssichere Kooperationen, in denen Handwerker vor hohen Forderungen der DRV geschützt sind, lassen sich mit der richtigen Strategie zuverlässig eingehen. Für die nötige Rechtssicherheit sorgen dabei nicht etwa mehr neue Gesetze, sondern eine große Zahl von Gerichtsurteilen.
„Wir haben seit einigen Jahren mehr Entscheidungen zur Sozialgerichtsbarkeit“, erklärt der Oldenburger Fachanwalt für Sozialrecht Michael Klatt. „Die Urteile beantworten unter anderem die Frage, was in den Augen des Gesetzgebers noch als selbstständig gilt und was nicht.“ Resultat: Bei der Gestaltung von Kooperationen lässt sich zuverlässig vermeiden, dass ein Geschäftspartner als sozialversicherungspflichtig beschäftigt eingestuft wird.
Beispiele abhängige Beschäftigung: Hier wird es brenzlig
Das kann in Fallkonstellationen wie zum Beispiel diesen nützlich sein: Ein Handwerksunternehmer verkauft Kunden komplette Badmodernisierungen aus einer Hand. Von den Arbeiten realisiert er selbst aber nur einen Teil. Andere Leistungen erledigen feste Partner; zum Beispiel ein Fliesenleger, der regelmäßig für das Unternehmen arbeitet.
„Nun haben Sie als Chef des Unternehmens keinen genauen Überblick, ob der Fliesenleger noch andere Auftraggeber hat oder ob Ihre Aufträge seine nahezu ausschließliche Einkommensquelle bilden“, erklärt Michael Klatt. Bearbeitet der Fliesenleger zu viele Aufträge für das Handwerksunternehmen, drohe die Einstufung des Geschäftspartners als sozialversicherungspflichtig beschäftigte Person.
Anderes Beispiel: Ähnliche Probleme drohten auch bei der Beschäftigung freier Mitarbeiter, die etwa das Marketing des Handwerksunternehmens verantworten oder die Pflege seiner IT-Systeme. „Wenn da eine durchgängige Beschäftigung zu erkennen ist, kann es sich um eine abhängige Beschäftigung handeln“, sagt Klatt.
Nachzahlung der Sozialbeiträge schnell existenzgefährdend
Und die kann teuer werden: Eine Nachzahlung der Sozialbeiträge von maximal vier vollen Kalenderjahren droht, wenn die DRV eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung feststellt. „Die Kosten dafür liegen im Durchschnitt bei 50.000 bis 80.000 Euro“, sagt Michael Klatt.
Besonderheit: „Wenn ein Beitragsbescheid auf dem Tisch liegt, muss er sofort bezahlt werden, selbst wenn Sie gute Chancen hätten, ihn vor Gericht erfolgreich anzufechten“, erklärt der Fachanwalt für Sozialrecht. Und da die Deutsche Rentenversicherung berechtigt sei, für den betroffenen Betrieb bei Nichtzahlung einen Insolvenzantrag zu stellen, bekomme die Angelegenheit schnell eine existenzgefährdende Dimension.
Mit Rahmenvereinbarung Rechtssicherheit schaffen
Wie stellen Sie Ihre Kooperationen auf eine rechtssichere Basis? Klatt rät Unternehmern dazu mit selbstständigen Geschäftspartnern oder freien Mitarbeitern eine Rahmenvereinbarung aufzusetzen, in der die Zusammenarbeit genau definiert wird.
Dabei sollte die Vereinbarung sich gezielt von den typischen Merkmalen, die auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten, abgrenzen: So sollte der Selbstständige als Kooperationspartner etwa
- eigenes unternehmerisches Risiko tragen,
- eigene Arbeitsmittel vorhalten,
- keine festen Arbeitszeitvorgaben haben und
- örtlich und zeitlich nicht in das Unternehmen, mit dem er kooperiert, eingegliedert sein.
Auch Punkte wie Vergütung, Kündigung der Kooperation, Haftungsfragen oder Ersatzverpflichtung, wenn der Kooperationspartner krank ausfällt, gehörten in so eine Vereinbarung. „So lässt sich in der Rahmenvereinbarung gut herausarbeiten, dass es sich nicht um eine abhängige Beschäftigung handelt“, erklärt Rechtsanwalt Michael Klatt.
Wichtig: Statusfeststellungsverfahren beantragen
Ist der Rahmenvertrag aufgesetzt, beantragt eine der beteiligten Parteien ein Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung. Nur so ließen sich Zweifel am Sozialversicherungsstatus des selbstständigen Geschäftspartners oder freien Mitarbeiters zuverlässig ausräumen und teure Konsequenzen vermeiden. „Für das Statusfeststellungsverfahren wird der Rahmenvertrag bei der Clearingstelle mit eingereicht“, erklärt Rechtsanwalt Michael Klatt. Dazu könne man den fertigen Vertrag einschicken oder einen Entwurf. „Wird das Statusfeststellungsverfahren spätestens im ersten Monat der Zusammenarbeit zwischen den Kooperationspartnern eingeleitet, hat es eine Rückwirkung, die das beteiligte Unternehmen schützt“, erklärt Klatt.
Fällt die Beurteilung der Clearingstelle positiv aus, bildet die Rahmenvereinbarung für alle künftigen Geschäfte die Basis einer rechtssicheren Kooperation. Sämtliche Aufträge, die in diesem Rahmen an den Selbstständigen oder den freien Mitarbeiter vergeben werde, sollten dann nur noch klar voneinander abgegrenzt einzeln vergeben und getrennt abgerechnet werden. „Wer solche Einzelaufträge hingegen ohne eine solche Rahmenvereinbarung vergibt, läuft schneller Gefahr Probleme mit der DRV zu bekommen“, sagt Klatt.
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