Frau Stanzel, wie stark sind die Strompreise dieses Jahr schon gestiegen?
Andrea Stanzel: Die Preiserhöhungen fallen sehr unterschiedlich aus – je nach Region. Das liegt vor allem an den Netzentgelten. Beispiel Mecklenburg-Vorpommern: Dort hat der Netzbetreiber das Netzentgelt um 1,45 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Das ist extrem. Insgesamt ist Strom durch Netzentgelt, staatliche Abgaben und Steuern zwischen 2,7 und 3,7 Cent je Kilowattstunde teurer geworden.
Worauf müssen sich Handwerker in den nächsten Monaten einstellen?
Stanzel: Die Umlage nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wird sich voraussichtlich weiter erhöhen. Manche erwarten, dass sie auf über 6 Cent steigt, also um fast 20 Prozent. Und das, nachdem sie zum Jahreswechsel erst um knapp 50 Prozent gestiegen ist.
Gibt es noch andere Kostentreiber auf der Stromrechnung?
Stanzel: Neu dazugekommen ist 2013 die Offshore-Umlage, sie beträgt 0,25 Cent. Die Umlage für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) hat der Staat auf 0,126 Cent erhöht. Unverändert geblieben sind dieses Jahr die Stromsteuer mit 2,05 Cent und die Konzessionsabgabe.
Nächste Seite: K.o.-Kriterium auf der Stromrechnung.
Erhellender Einzelposten, knifflige Klauseln
Gibt es Einzelposten auf der Stromrechnung, die zeigen, ob ein Anbieter zu den günstigen zählt?
Stanzel: Ob ein Stromanbieter günstig ist, zeigt sich eigentlich am reinen Energiepreis ohne alle anderen festgesetzten Preisbestandteile. Die Anbieter kaufen den Strom an der Börse, und der Börsenpreis ist drastisch gesunken. Manche Stromunternehmen geben ihre geringeren Einkaufspreise spürbar an Kunden weiter. Handwerksbetriebe, die ihren Strom von einem günstigen Anbieter beziehen, können so immerhin die nächste staatliche Erhöhung der EEG-Umlage abpuffern.
K.o.-Kriterium bei der Anbieterauswahl sollte also der reine Ernergiepreis sein?
Stanzel: Der Schuh muss passen. Natürlich ist der Preis ausschlaggebend. Aber: Ganz wichtig ist es, sich auch das Kleingedruckte in Verträgen anzusehen. Es gibt zum Beispiel Klauseln, die Mindestabnahmemengen innerhalb der Vertragslaufzeit festschreiben. Wenn ein Betrieb dann weniger verbraucht - etwa weil er eine Solaranlage installiert - ist Ärger programmiert. Der reine Energiepreis ist sehr ausagekräftig, aber er verrät nicht alles.
Nächste Seite: Wechsel ohne Blackout.
So profitieren kleine Betriebe
Viele Kunden wechseln den Stromanbieter nicht, weil sie befürchten, es könnte schieflaufen – ähnlich wie beim Wechsel den Telefonabieters. Ein paar Tage Stromausfall können bedeuten, dass die Lichter im Betrieb für immer ausbleiben.
Stanzel: Die Sorge ist unbegründet. Die Lichter gehen nur aus, wenn jemand seine Stromrechnungen nicht bezahlt; oder wenn die Leitung kaputt ist. Die Stromversorgung ist per Gesetz sichergestellt. Das heißt, wenn ein Anbieter aus irgendeinem Grund nicht liefern kann, springt automatisch ein Grundversorger ein. Was die Stromversorgung angeht, ist ein Anbieterwechsel risikolos.
Ob EEG-Umlage oder Netzentgelt - industrielle Grobverbraucher profitieren von staatlichen Vergünstigungen. Gibt es Regelungen, die kleine Betriebe nutzen können?
Stanzel: Energieintensive Handwerksbetriebe mit einer Leistungsmessung können unter Umständen von einem sogenannten individuellen Netzentgelt profitieren. Der Staat macht es aber kleinen Betrieben schwer. Der bürokratische Aufwand ist groß.
Auch dieser Text könnte Sie interessieren: