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Zwei Krankenscheine liegen auf einem Kalender

Inhaltsverzeichnis

Die 9 wichtigsten Fragen und Antworten

Was Arbeitgeber zu Krankschreibungen wissen müssen

Beim Thema Arbeitsunfähigkeit halten sich hartnäckig einige Irrtümer. Hier sind die 9 wichtigsten Fragen und Antworten für Arbeitgeber.

Auf einen Blick:

  • Mitarbeiter, die wegen einer Krankheit ihrer Arbeit nicht nachkommen können, dürfen zu Hause bleiben. Spätestens ab dem vierten Krankheitstag brauchen sie dafür einen gelben Schein. Aber Arbeitgeber dürfen schon früher eine Krankschreibung fordern.
  • Das Gesetz schreibt nicht vor, wie und bei wem sich Arbeitnehmer krankmelden müssen. Chefs dürfen ihren Mitarbeitern aber Vorgaben machen.
  • Chefs dürfen ihre Mitarbeiter nach dem Krankheitsgrund und zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit befragen. Arbeitnehmer müssen sich aber nur zur Dauer äußern.
  • Auch bei Krankheit können Chefs Mitarbeitern eine Kündigung ausstellen. Liegt eine Schwerbehinderung vor, müssen sie aber ein bestimmtes Verfahren einhalten.
  • Wenn Arbeitnehmer im Urlaub krank sind, können sie sich mit einem Attest den Urlaubsanspruch zurückholen. Arbeitgeber müssen auch Krankschreibungen aus dem Ausland akzeptieren.
  • Eine Krankschreibung ist grundsätzlich nur eine Prognose. Wer trotz bestehendem Attest schon wieder gesund ist, darf wieder zur Arbeit gehen.

Es kommt immer wieder mal vor, dass Mitarbeiter wegen Krankheit ausfallen. Für die Betroffenen ist das meist unangenehm. Und Handwerksbetriebe, die ohnehin schon unter dem Fachkräftemangel leiden, trifft der Ausfall bitter. Welche Rechte und Pflichten Arbeitgeber im Krankheitsfall haben, erklärt Doris-Maria Schuster. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

1. Wann dürfen Mitarbeiter krank zu Hause bleiben?

Wenn Mitarbeiter aufgrund einer Krankheit arbeitsunfähig sind, dürfen sie zu Hause bleiben. So sieht es das Gesetz vor. Das wirft aber eine Frage auf: Wer ist arbeitsunfähig erkrankt und wer nicht? „Krankheit führt nicht per se dazu, dass Arbeitnehmer zu Hause bleiben dürfen“, erläutert Arbeitsrechtlerin Doris-Maria Schuster von der Kanzlei Gleiss Lutz in Frankfurt. Es komme immer auf den Einzelfall an.

„Wer beispielsweise eine diagnostizierte Krebserkrankung hat, ist aus medizinischer Sicht krank“, sagt die Rechtsanwältin. Arbeitsunfähig müsse der Arbeitnehmer in einem solchen Fall nicht zwangsläufig sein. „Das ist er nur dann, wenn ihn die Krankheit dabei beeinträchtigt, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.“

2. Wann müssen Mitarbeiter eine Krankschreibung vorlegen?

Sind Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt, müssen sie laut § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) spätestens ab dem vierten Tag einen Nachweis für ihre Arbeitsunfähigkeit erbringen. Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster weist allerdings darauf hin, dass Chefs von ihren Mitarbeitern schon früher eine Krankschreibung verlangen können. „Das muss im Betrieb allerdings geregelt werden“, sagt sie. Zum Beispiel durch einen Passus im Arbeitsvertrag oder durch eine betriebliche Anweisung.

„Dabei müssen Chefs aber darauf achten, dass sie mit der Regelung keinen Mitarbeiter diskriminieren oder schikanieren“, sagt Schuster. So gehe es beispielsweise nicht, dass die frühere Attestpflicht nur für Mitarbeiter mit Migrationshintergrund gilt. „Auch Unterschiede zwischen Handwerkern und den Mitarbeitern im Büro sind nicht zulässig“, so die Arbeitsrechtlerin.

Für einzelne Mitarbeiter sind abweichende Regelungen indes möglich. So können Chefs für einen Mitarbeiter, der des Öfteren einzelne Fehltage hat, eine frühere Attestpflicht anordnen. Der Arbeitgeber braucht, so Schuster, keinen sachlichen Grund für eine solche individuelle Regelung. Entscheidend sei allein, dass der betroffene Mitarbeiter durch die betriebliche Regelung nicht diskriminiert oder schikaniert wird.

3. Dürfen Chefs nach dem Grund für die Arbeitsunfähigkeit fragen?

Meldet sich ein Mitarbeiter krank, fehlt er im Betrieb. Die Aufgaben müssen deshalb auf weniger Schultern verteilt werden – vielleicht nur einen Tag lang, möglicherweise aber eine ganze Woche oder länger. „Um abschätzen zu können, welcher Zeitraum überbrückt werden muss, dürfen Chefs ihre Mitarbeiter nach dem Grund für die Arbeitsunfähigkeit fragen“, sagt Arbeitsrechtlerin Doris-Maria Schuster. Ob sie eine Antwort bekommen, ist eine andere Frage. Denn Arbeitnehmer müssen aus Datenschutzgründen keine Angaben zu ihrer Krankheit machen.

Wollen Mitarbeiter den Krankheitsgrund nicht nennen, können Chefs alternativ nach der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit fragen. „Auf diese Frage müssen Mitarbeiter antworten“, betont Schuster. Wenn sie das nicht könnten, müssten sie die Dauer zumindest schätzen. „Nach dem Arztbesuch sind sie aber verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Dauer der Krankschreibung zu informieren“, so die Juristin. Doch was ist mit unverzüglich gemeint? „Das bedeutet, ohne schuldhaftes Zögern“, erläutert Schuster. Ihrer Einschätzung nach reicht es daher, wenn Arbeitnehmer ihren Chef zeitnah informieren – also zum Beispiel, sobald sie nach dem Arztbesuch wieder zu Hause sind und sich körperlich dazu in der Lage sehen.

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4. Wie müssen Arbeitnehmer sich krankmelden?

Es gibt keine gesetzliche Vorgabe, wie Mitarbeiter ihren Arbeitgeber über eine Arbeitsunfähigkeit informieren müssen. „Daher sind Krankmeldungen sowohl telefonisch als auch per Fax, E-Mail, SMS oder Whatsapp möglich“, sagt Doris-Maria Schuster. Eine gesetzliche Vorgabe, an wen sich Arbeitnehmer im Krankheitsfall wenden müssen, fehle ebenfalls.

Die Fachanwältin für Arbeitsrecht empfiehlt Unternehmern deshalb, für ihren Betrieb zu regeln:

  • Bei wem sich Mitarbeiter im Krankheitsfall melden müssen. Das könne der Chef sein, aber auch eine Mitarbeiterin im Büro.
  • Und auf welchem Weg die Krankmeldung eingehen soll – also zum Beispiel telefonisch oder per Whatsapp.

„Mit einer Regelung schaffen Unternehmer Klarheit darüber, wie Krankheitsfälle im Betrieb gehandhabt werden“, sagt Schuster. Doch auch wenn Chefs klare Vorgaben machen, hält sich nicht jeder an das vorgegebene Verfahren. Daraus können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern allerdings keinen Strick drehen. „Es ist unschädlich, wenn sie zum Beispiel einen anderen Kommunikationsweg wählen“, so die Rechtsanwältin.

5. Können Betriebe Mitarbeitern trotz Krankschreibung kündigen?

Chefs können Mitarbeiter während einer Krankschreibung nicht kündigen – dieser Mythos hält sich hartnäckig. „Doch das ist ein Fehlglaube“, betont Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster. Sie weist darauf hin, dass bei einer Entlassung während einer Erkrankung die gleichen Regeln zu beachten sind wie bei jeder anderen Kündigung auch.

Allerdings kann die Entlassung während einer Krankheit unter bestimmten Umständen dazu führen, dass der erkrankte Mitarbeiter später als gesetzlich zulässig gegen die Kündigung klagen kann. Möglich ist das laut Schuster zum Beispiel, wenn sich ein Mitarbeiter für längere Zeit im Krankenhaus befindet und deshalb keine Kenntnis von der Kündigung in seinem Briefkasten hatte. Grund dafür sei, dass Arbeitnehmer nach dem Erhalt einer Kündigung grundsätzlich drei Wochen Zeit haben, mit einer Kündigungsschutzklage gegen ihre Entlassung vorzugehen. Machen sie das nicht, wird die Kündigung wirksam. „Von ihrem Recht können Arbeitnehmer aber nicht Gebrauch machen, wenn das Kündigungsschreiben noch immer ungelesen im Briefkasten liegt“, betont Schuster.

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6. Was gilt, wenn Mitarbeiter im Urlaub krank werden?

Auch im Urlaub können Mitarbeiter krank werden. Das ist für Arbeitgeber besonders ärgerlich, denn die Mitarbeiter erholen sich in dieser Zeit nicht. Hinzu kommt aber noch etwas: „Wer krank ist, kann keinen Urlaub nehmen“, sagt Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster. Das bedeutet: Die Urlaubstage müssen Chefs ihren Mitarbeitern gutschreiben, sofern sie für ihre Arbeitsunfähigkeit einen gelben Schein vorlegen.

In diesem Zusammenhang weist die Rechtsanwältin darauf hin, dass Arbeitgeber bei Krankheit im Urlaub schon ab dem ersten Krankheitstag die Vorlage eines Attests verlangen können. Das gelte selbst dann, wenn sie im Unternehmen sonst eine andere Regelung haben.

7. Müssen Arbeitgeber eine Krankschreibung aus dem Ausland akzeptieren?

„Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die von Ärzten in Europa ausgestellt wurden, haben eine hohe Beweiskraft“, sagt Arbeitsrechtlerin Doris-Maria Schuster. Und auch bei Krankschreibungen aus dem außereuropäischen Ausland müssten Arbeitgeber davon ausgehen, dass das Attest korrekt ist.

Doch manchmal haben Arbeitgeber Zweifel an einem Attest aus dem Ausland. Im schlimmsten Fall kann der Streit vor Gericht enden. „Bei Attesten aus dem außereuropäischen Ausland sind bei Zweifeln an der Richtigkeit des Attests Arbeitnehmer in der Beweislast“, sagt die Rechtsanwältin. Das bedeutet: Sie müssen ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden, sodass der Mediziner gegebenenfalls auch als Zeuge in einem Prozess aussagen kann.

8. Zweifel an der Arbeitsfähigkeit: Was können Chefs tun?

Manche Mitarbeiter wollen partout bei der Arbeit nicht fehlen und schleppen sich beispielsweise mit einer starken Erkältung zur Arbeit. Diese Entscheidung müssen Chefs nicht hinnehmen, wenn sie Zweifel an der Arbeitsfähigkeit ihres Mitarbeiters haben. „Arbeitgeber sind in einer solchen Situation sogar in der Fürsorgepflicht“, begründet Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster. Sie könnten Beschäftigte im Krankheitsfall deshalb auch wieder nach Hause schicken. Darin sieht die Arbeitsrechtlerin drei Vorteile:

  • Sie schützen mit dieser Entscheidung ihren Mitarbeiter.
  • Ein paar Tage zu Hause fördern die Genesung.
  • Die Ansteckung anderer Mitarbeiter wird verhindert.

9. Früher wieder fit: Brauchen Mitarbeiter eine Gesundschreibung?

Manchmal fühlen sich Arbeitnehmer trotz längerem Attest schon früher wieder fit. Aber dürfen sie dann einfach so zur Arbeit gehen, oder brauchen sie eine Gesundschreibung? „Eine Krankschreibung ist eine Prognose und kein Arbeitsverbot“, sagt Doris-Maria Schuster. Das bedeutet: Wer schon früher wieder fit ist, darf auch zur Arbeit gehen.

Die Arbeitsrechtlerin rät Chefs allerdings dazu, diese Entscheidung nicht in jedem Fall hinzunehmen: „Wer Zweifel an der Arbeitsfähigkeit hat, kann seinen Mitarbeiter zur Abklärung zunächst zum Arzt schicken.“ Gebe der grünes Licht, könne der Arbeitnehmer wie gewünscht arbeiten.

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