Der Fall: Eine Verkäuferin in einer Bäckerei verdient monatlich 1.300 Euro netto. Sie unterschreibt mit ihrem Freund einen Darlehensvertrag über rund 90.000 Euro mit monatlichen Raten von rund 1.000 Euro. Auf diese Weise wollte der Freund alte Kredite umschichten und ein Auto kaufen. Als der Freund die Raten nicht mehr zahlt, kündigt die Bank den Kredit und verlangt die Restforderung von rund 50.000 Euro von der Frau.
Das Urteil: Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat die Klage der Bank abgewiesen. Die Frau sei keine echte Darlehensnehmerin, sondern habe lediglich eine Mithaftung übernommen. Es handele sich um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Das sei zwar möglich, in diesem Falle jedoch sittenwidrig und daher nichtig. Der Bank kannte die emotionale Verbundenheit der Frau zum Freund und wusste, dass die Haftung die Frau finanziell ruinieren könne. Die Bank habe die Vermutung der Sittenwidrigkeit auch nicht widerlegen können. (Urteil vom 29. Juni 2023, Az. 8 U 172/22)
Hintergrund: Mit diesem Urteil knüpft das OLG an ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) an. Nur wer ein wirtschaftliches Interesse in Form unmittelbarer Vorteile habe, könne selbst mithaftender Darlehensnehmer sein, hat der BGH 2016 entschieden. Andernfalls handele es sich um eine einstig belastende Verpflichtung. Diese sei sittenwidrig, wenn die Bank die emotionale Verbundenheit des Mithaftenden trotz einer erkennbar „krassen finanziellen Überforderung“ ausnutzt. (Urteil vom 15. November 2016, Az. XI UR 31/16)
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