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Berufskrankheit Nummer 1

Lärm - und was Sie dagegen tun können

Wie laut ist laut? Und bis zu welcher Belastung reichen die kleinen gelben Stöpsel im Ohr aus, um das Gehör zu schützen? Die Berufsgenossenschaften geben konkrete Tipps, wie Sie den Lärm in den Griff bekommen.

Denkt man an Arbeitsunfälle auf der Baustelle, in metallverarbeitenden Betrieben oder in Tischlereien und Schreinereien zeigen sich im Kopfkino fast unweigerlich Bilder von unliebsamen Berührungen mit scharfen Sägeblättern, mit Schleifbändern oder Pressmaschinen mit gewaltigen Kräften. Eine Horror-Vorstellung.

Also Kopfkino aus und nachgefragt bei denen, die sich damit auskennen, da sie tagtäglich mit den Folgen umgehen müssen: den Berufsgenossenschaften. Unterhält man sich mit den Spezialisten, wandelt sich das Bild ganz schnell. Denn die Berufskrankheit Nummer 1 ist eine ganz andere als Schnitte, Quetschungen und Abschürfungen. Es ist die Lärmschwerhörigkeit.

Entsprechend intensiv beschäftigen sich die Berufsgenossenschaften (BG) mit dem Thema. Allen voran natürlich die BG Holz und Metall. Aber auch die BG Bau macht mobil gegen Lärm. Und das ist auch kein Wunder, wenn man die bloßen Zahlen betrachtet: Lärmschwerhörigkeit verursacht nach asbestbedingten Erkrankungen und Haukrankheiten die meisten Kosten. Rund 118 Millionen Euro zahlten die Gewerblichen Berufsgenossenschaften 2013 für die Behandlung lärmbedingter Berufserkrankungen und Renten an fast 39.700 Lärmgeschädigte. Allein die BG Bau zahlte im gleichen Jahr über 17 Millionen Euro an über 6200 Betroffene. Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Berufskrankheiten haben Hörschäden als Ursache.

Alarmierend: In den kommenden Jahren könnten die Fallzahlen noch deutlich ansteigen, sagt die BG Bau. Denn im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge des ASD der BG Bau zeigen sich bei vielen jüngeren Beschäftigten, die in Lärmbereichen arbeiten, schon zu Beginn ihrer Berufstätigkeit erste Anzeichen einer Lärmerkrankung. Neben beruflichen dürften auch private Belastungen wie lauter Musikkonsum eine Rolle spielen, folgert die BG.

Was wie laut ist? Auch das wissen die Fachleute der BG. Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Achtung jetzt wird es laut!

Wer ungeschützt einem Schallpegel von über 85 Dezibel ausgesetzt ist, kann nach Angaben der BG Bau irreparable Schäden davontragen. Ein Bohrhammer erreicht zum Beispiel über 100 (dB (A)). Noch lauter wird es, wenn die Kettensäge zum Einsatz kommt. Der Knall bei Richtarbeiten erreicht gar 140 (dB (A)).

Was Chefs tun können? Arbeitsplätze mit einer täglichen Lärmbelastung von mehr als 85 Dezibel sind nach Informationen der BG Bau als Lämbereiche zu kennzeichnen. Arbeitgeber müssen hier technische und organisatorische Maßnahmen treffen. Unterstützung dafür liefert die BG in Form von Fachleuten, die bei der Auswahl lärmgeminderter Anlagen und Maschinen, wie zum Beispiel lärmreduzierte Sägen oder Trennscheiben, helfen.

Denn an erster Stelle steht der Lärmschutz an der Quelle, durch den Einsatz möglichst leiser Maschinen und Werkzeuge. Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, müssen die Lärmquellen gedämmt oder eingekapselt werden.

Ist der Lärm gar nicht zu vermeiden, ist persönliche Schutzausrüstung, wie Gehörschutzkapseln oder Gehörschutzstöpsel, gefordert. Als Chef sind Sie in der Pflicht, passenden Gehörschutz bereitzustellen, wenn der Lärmpegel von 80 Dezibel überschritten wird. Dann sind aber Ihre Mitarbeiter in der Pflicht, diesen auch zu tragen.

Noch mehr Tipps zum Umgang mit Lärm im Betrieb, finden Sie auch auf der letzen Seite.

Tipps gegen den Lärm

Weitere Tipps hat die BG Holz in ihrer Broschüre „Arbeitssicherheit u. Gesundheitsschutz Schreinereien/Tischlereien“ zusammengestellt:

  • Bereiche des Betriebes, bei denen der Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h=85 dB(A) überschritten wird, müssen entsprechend gekennzeichnet werden. Dort muss Gehörschutz getragen werden.
  • Ist die Lärmbelastung kleiner als 85 dB(A) aber gleich oder größer als 80 dB(A), sind die dort Beschäftigten über die Gefahren des Lärms zu unterweisen. Außerdem ist geeigneter Gehörschutz bereitzustellen.
  • Von einem Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h gt;=85 dB(A) an ist ein Lärmminderungsprogramm umzusetzen.
  • Bei Neuplanung von Betriebsstätten sollten Schallschluckdecken und -wände vorgesehen werden. Außerdem sind Bank- und Maschinenraum zu trennen.
  • Beim Neukauf von Maschinen: Beschaffung lärmarmer Maschinen. Bei geprüften Holzberarbeitungsmaschinen wird sichergestellt, dass die Maßnahmen zur Lärmminderung nach dem Stand der Technik ausgeführt sind, zum Beispiel durch Lärmkapselung. Eine Übersicht finden Sie unter www.dguv.de im Netz. Dort müssen Sie im Suchschlitz oben rechts „Geprüfte Holzbe­arbeitungsmaschinen“ eingeben.
  • Auf Hygiene achten: Gehörschutzstöpsel sind Einmalprodukte. Dichtkissen von Gehörschutzkapseln regelmäßig reinigen und bei Verhärtung und Beschädigung austauschen.
  • Brillenträger dazu anhalten, auf den dichten Sitz des Kapselgehörschutzes zu achten.
  • Mitarbeiter dazu anhalten, Gehörschutz auch bei kurzzeitig lärmintensiven Arbeiten zu tragen – also beispielsweise beim Einsatz von Handmaschinen.
(ha)

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