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Lukrativer Neustart nach der Pleite

Lohnt sich ein eigener Betrieb im Rahmen einer Insolvenz? Wer den Schritt in die Selbständigkeit wagt, darf ruhig erfolgreich sein: Das neu verdiente Geld geht nicht automatisch an die Gläubiger.

Wer im Zuge einer Insolvenz persönlich haftet, kommt oft um eine Privatinsolvenz mit dem Ziel der Restschuldbefreiung nicht herum. Das Verfahren dauert sechs Jahre, und in dieser Zeit haben die Gläubiger Zugriff alles Verdiente oder Vermögen. Einen Ausweg bietet die Insolvenzordnung, wie Rechtsanwalt Ernst-August Bach aus Hannover erläutert: "Es ist möglich, dass ein Schuldner trotz laufender Privatinsolvenz Einnahmen aus einer neuen Selbständigkeit nicht komplett an seine früheren Gläubiger abführen muss."

Und so sieht die Lösung aus, zu der Bach rät:
Der Schuldner vereinbart mit dem Insolvenzverwalter, dass nach § 35 Abs. 2 Satz 1 der Insolvenzordnung eine neue selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden darf. Die Folgen:

Vermögen aus der neuen selbstständigen Tätigkeit gehört nicht zur Insolvenzmasse.

Die Altgläubiger können aus der neuen selbstständigen Tätigkeit keine Ansprüche im Insolvenzverfahren geltend machen.

Mit seiner neuen Selbstständigkeit haftet der Schuldner nicht für die Ansprüche seiner Altgläubiger.

Der Schuldner verpflichtet sich lediglich zur regelmäßigen Zahlung eines Einkommensanteils an seine Altgläubiger. Die Höhe der Zahlung richtet sich nach einem fiktiven Einkommen, das der Schuldner erzielen könnte, wenn er sich nicht selbstständig gemacht hätte, sondern als Angestellter arbeitet. Wer dieser Zahlungsverpflichtungen jedoch nicht nachkommt, riskiert allerdings die Restschuldbefreiung.

Nicht geschützt sind Vermögen und Einkommen aus der neue Selbstständigkeit gegen neue Ansprüche neuer Gläubiger.

So sollten sie vorgehen:
Der Insolvenzverwalter hat schriftlich die Erklärung gegenüber dem Schuldner abzugeben.

Die Erklärung ist öffentlich gemäß § 35 Abs. 3 InsO bekannt zu geben.

Der Insolvenzverwalter kann die Erklärung gegenüber dem Schuldner jedoch erst nach der Insolvenzverfahrenseröffnung vornehmen. Das ist im Rahmen der vorläufigen Insolvenz nicht möglich.

Die Erklärung des Insolvenzverwalters könnte wie folgt lauten:
"Sie sind derzeit selbstständig als (hier jetzt das jeweilige Gewerk angeben bzw. Selbstständigkeit) tätig. In meiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter erkläre ich hiermit Ihnen gegenüber, dass das Vermögen aus Ihrer vorgenannten selbstständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können."

Ein Beispiel
Auf der Grundlage der Erklärung des Insolvenzverwalters wäre jetzt folgendes Beispiel denkbar: Ein Tischlermeister will sich nach der Insolvenz seiner eigenen Firma wieder selbstständig machen. Durchschnittlich könnte er in seinem neuen Unternehmen 4000 Euro netto im Monat verdienen. Er ist verheiratet und hat ein Kind. Seine Pfändungsfreigrenze läge demnach derzeit bei 1569,99 Euro.

Variante ohne Erklärung des Insolvenzverwalters: Ohne entsprechende Vorkehrungen wären diese Einnahmen nach Abzug von Eigenbedarf und Unterhaltsverpflichtungen bis zur Pfändungsfreigrenze voll pfändbar. Die Folge: 2430,01 Euro monatlich gingen an die Gläubiger.

Variante mit Erklärung des Insolvenzverwalters: Maßgeblich wäre nun, wie viel der Unternehmer als angestellter Tischlermeister verdienen könnte. Dieser fiktive Lohn wird bei seinen Zahlungen an die Gläubiger als Berechnungsgrundlage genutzt. Läge der durchschnittliche Lohn für Tischlermeister in seiner Region zum Beispiel bei 3300 Euro, so entspräche das abzgl. Steuern und Sozialabgaben rund 2100 Euro netto. Auch davon bleibt ihm die Pfändungsfreigrenze. Somit bekommen die Gläubiger monatlich lediglich 530 Euro. Alles, was der Tischlermeister in seiner Selbstständigkeit netto darüber hinaus verdient, darf er behalten. Selbstständigkeit stärken Das Ziel der Insolvenzordnung sei es, "Anreize dafür schaffen, dass Menschen wieder auf die Beine kommen uns wirtschaftlich unabhängig werden"; betont Bach. Das sei allerdings noch nicht bei jedem Insolvenzverwalter angekommen. Er rät daher zur fachlichen Beratung, bevor sich ein Schuldner an seinen Insolvenzverwalter wendet.

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