Auf einen Blick:
- Ausbildung, Gesellenprüfung, Meistertitel: Für diese Begriffe steht das Handwerk und hat sich damit einen Namen gemacht.
- Doch die Bedingungen im Handwerk haben sich verändert, die Zahlen der Studie belegen das.
- So verzeichnet das Handwerk weniger Prüfungen und Azubis, aber hat seine Position in der Bauwirtschaft gefestigt.
- Die Wissenschaftler vermuten, dass die Ergebnisse eng mit dem Wegfall der Meisterpflicht zusammenhängen.
Das Handwerk ist ein wichtiger Baustein in der Gesamtwirtschaft. In einigen Regionen Deutschlands ist es einer der größten Arbeitgeber. Vor allem bei den kleinen mittelständischen Betrieben zwischen zehn und fünfzig Mitarbeiter spielt das Handwerk eine starke Rolle.
Eine wichtige Position nimmt der Wirtschaftszweig zudem in der dualen Ausbildung ein: Er bildet in 130 Berufen aus – weit über den eigenen Bedarf.
Das sind einige Ergebnisse der Ende 2017 veröffentlichten Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (IFH).
Abnehmende Prüfungszahlen bei Meistern und Azubis
Die Struktur des Handwerks hat sich geändert und in einigen Positionen verloren, zeigt der Geschäftsführer des IFH, Klaus Müller, in der Studie auf:
Meisterprüfungen: Im Handwerk wurden 2015 noch 58 Prozent der Meisterprüfungen abgelegt. 2002 waren es 74 Prozent. In den zulassungsfreien Gewerken sank die Zahl der Meisterprüfungen von 2003 bis 2007 um 60 Prozent.
Abschluss- und Gesellenprüfungen: Knapp 23 Prozent dieser Prüfungen werden im Handwerk abgelegt. Dieser Anteil ist rückläufig und niedriger als bei den Auszubildenden.
Ausbildungsverträge: Ende 2015 lag die Zahl der Ausbildungsverträge im Handwerk bei etwa 361 000. 1997 wurden noch rund 630 000 Jugendliche ausgebildet. Dennoch liegt die Ausbildungsquote deutlich über jener in der Gesamtwirtschaft.
Umsätze: Im Handwerk stiegen die Umsätze von 2008 bis 2014 um 10,2 Prozent je Betrieb. In der Gesamtwirtschaft waren es im gleichen Zeitraum 16,3 Prozent.
Personal: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg im Handwerk pro Betrieb um 3,5 Prozent, in der Gesamtwirtschaft waren es 10,5 Prozent.
Solounternehmer: Das Handwerk hat einen kleineren Anteil an Solounternehmer im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Seit 2004 ist der Wert aber stark gestiegen: 1995 kam etwa jeder Zwanzigste aus dem Handwerk. Bis 2008 stieg dieser Anteil auf 11,5 Prozent an. Ende 2014 lag er bei etwa 12 Prozent – Tendenz weiter steigend.
Eine Ursache: Novellierung der Handwerksordnung?
Einen Grund für diese Entwicklungen sieht Klaus Müller in der Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004. Damals waren 54 Handwerkszweige zulassungsfrei gestellt worden. Das hatte zu einem Gründungsboom geführt. Mit diesem Anstieg nehme auch die Zahl der Betriebe zu, die gar nicht oder nur im geringen Maße ausbilden. Diese Tendenz sei nicht zu begrüßen und die Gefahr groß, dass das Handwerk an volkswirtschaftlicher Bedeutung verliere.
„Zahlen als gute Diskussionsgrundlage“
Für Frank Ahlborn, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik in der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, liefert die Studie relevante Fakten für weitere Diskussionen. Seine Kammer habe vor einigen Jahren den Anstoß für diese Studie gegeben. „Anhand der Zahlen ist es evident, dass die Abschaffung der Meisterpflicht ein Grund für geringere Ausbildungszahlen ist“, sagt er.
Ahlborn betont aber auch, dass die Daten zu den Umsätzen, den Beschäftigen und Verdiensten differenziert betrachtet werden müssten. Denn zur „Gesamtwirtschaft“ zählten auch große Konzerne und Industriebetriebe, die allein von ihrer Struktur her anders aufgestellt seien als das Handwerk.