Viel zu sagen hat es dabei nicht, das Gewerbeamt. Die Gewerbeanmeldung ist kein "Verwaltungsakt", wie das in der Juristensprache heißt. Der Gesetzgeber schreibt nur eine Anzeigepflicht vor. Und Anzeigepflicht heißt so viel wie: "Wer einen Betrieb gründet, sagt der Behörde, ich mache das jetzt – und dann macht er das", erklärt Nicole Streitz. "Das Amt habe in der Regel keine Entscheidungsbefugnis", sagt die Dezernentin im Landkreis Stade.
In seiner Funktion kann man sich das Amt als besseren Briefkasten vorstellen: Es nimmt die Anzeige entgegen, stempelt das Formular – den Gewerbeschein – ab, leitet die Daten an Fiskus, Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft und andere Einrichtungen weiter. Fertig.
Seit langer Zeit gibt es Forderungen, eine Prüfpflicht einzuführen. Existenzgründer sollen demnach bei der Gewerbeanmeldung Unterlagen vorlegen, die zeigen, dass sie sich tatsächlich selbstständig machen. Doch "ein Prüfauftrag würde zu erheblich mehr Bürokratie führen", sagt Streitz. Und die Gebühr für die Anmeldung würde um ein Vielfaches steigen. Derzeit kostet der Gewerbeschein je nach Kommune zwischen 15 und 60 Euro. Rund 300 Euro wären es, wenn die Ämter Dokumente abfragen und prüfen müssten, schätzt Streitz.
Es soll möglichst einfach sein, sich selbstständig zu machen, das will der Gesetzgeber. Er hat in den vergangenen Jahren bürokratische Hürden abgebaut. In welche Richtung die Entwicklung gegangen ist, verdeutlicht Streitz am Beispiel der Gaststätten. "Früher mussten Wirte ihren Betrieb von der Lebensmittelkontrolle abnehmen lassen, bevor sie eröffnen durften. Heute kommen die Kontrolleure im Nachhinein."
Erst einmal machen lassen, dann schauen – darauf läuft es jetzt in der Praxis hinaus.
Bauhandwerker werden im Nachhinein vom Fiskus und gegebenenfalls vom Zoll überprüft. Ob ein Fliesenleger oder Raumausstatter sein Handwerk beherrscht, ist dabei egal. Ist es nicht fragwürdig, dass jedermann ein Gewerbe in einem zulassungsfreien Handwerk anmelden kann, ohne jeglichen Qualifikationsnachweis?
Die Juristin verweist zum einen auf das Kriterium der "Gefahrengeneigtheit". Zum anderen gelte es aus rechtlicher Sicht, das Gefahrenpotenzial zu sehen. Einem angeblichen Fliesenleger könne man "entkommen, in dem man ihn nicht beauftragt".
"Die Gewerbefreiheit ist Teil der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit", betont die Expertin. Es sei fraglich, inwieweit eine Prüfpflicht mit dem Grundrecht vereinbar wäre. Diese auf Zuwanderer zu beschränken, würde eine Diskriminierung bedeuten und gegen EU-Recht verstoßen.
Scheinselbstständigkeit ließe sich durch eine Prüfpflicht der Gewerbeämter kaum verhindern, meint Streitz. "Schwarze Schafe suchen sich immer wieder neue Gesetzeslücken". Was könnte man tun? "Die Auftraggeber stärker in die Pflicht nehmen."
Lesen Sie auch:
(mfi)