Wer mit Gernot Walter spricht, merkt eines sofort: Der SHK-Meister ist von seinem Gesellen komplett begeistert. Als Simbarashe Rutize vor fünf Jahren nach Fellbach (nahe Stuttgart) kam, sprach er kaum ein Wort Deutsch. „Der Simba hat sich unheimlich gut integriert. Er hat zugepackt, die Gesellenprüfung bestanden, er hat sich hier ein Leben aufgebaut“, sagt Walter.
Die Krux: Die Aufenthaltsgenehmigung des 26-Jährigen läuft zum Jahresende aus. Dabei hatte Walter der Ausländerbehörde mitgeteilt, dass er seinen Gesellen weiter beschäftigen will und einen unbefristeten und gut dotierten Arbeitsvertrag in Aussicht gestellt. Die Reaktion der Beamten regt Walter auf. Zusammengefasst: Rutize sei nicht ausreichend qualifiziert, es gebe kein übergeordnetes regionales Interesse, ihn weiter zu beschäftigen.
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Manager top, Handwerker hopp?
„Ich finde es unmöglich, dass Fachkräfte für vermeintlich wichtigere Positionen nach Deutschland kommen dürfen und sollen, aber die Fachkräfte des Handwerks nicht genauso wertgeschätzt werden“, schimpft Walter.
Dass die Behörden mit zweierlei Maß messen, bringt den Handwerksmeister und Chef der Mergenthaler Zerweck GmbH in Schwierigkeiten. Denn sein Bedarf an gut ausgebildeten Leuten ist groß – er beschäftigt immerhin 25 Mitarbeiter. Die Konzerne der Region binden wiederum viele talentierte Nachwuchskräfte, Daimler amp; Co. zahlen einfach gut, das Handwerk kann häufig nicht mithalten. „Wir finden natürlich einen Ersatz“, sagt Walter, „ob der aber für unsere Kundschaft so geeignet ist, die gleiche Qualifikation und die gleichen guten Umgangsformen mitbringt, steht auf einem anderen Blatt.“
Rutize sieht die Aufregung um seine Person ähnlich pragmatisch: „Meine Ausbildung ist nun einmal auf deutsche Installationstechniken ausgelegt. In Simbabwe könnte ich damit nur wenig anfangen, ein großer Teil meines Wissens wäre verloren.“ Dass er in seinem Arbeitsleben wieder bei null anfangen müsste, bedrückt ihn: „Ich will das, was ich gelernt habe, praktisch umsetzen. Meine Abschiebung wäre komplett sinnlos.“
Wie ungewöhnlich Kunden auf die drohende Abschiebung reagieren, lesen Sie auf Seite 3.
Kunden und Kollegen auf den Barrikaden
Sein Gefühl für Simbabwe habe sich radikal verändert, sagt Rutize. Natürlich hänge er an seiner Familie. Aber: „Mein kompletter Bekanntenkreis ist in Deutschland. Ich möchte hier leben.“ Die Handwerkskammer Region Stuttgart unterstützt ihn in seinem Wunsch.
Die Kammerverantwortlichen sehen sehr wohl ein „öffentliches Interesse an der Weiterbeschäftigung von Herrn Rutize“. Das resultiere schon aus der angespannten Arbeitsmarktsituation in der SHK-Branche und der „fachlichen Eignung des jungen Simbabwers“. Zudem habe der Betrieb eine regionale Versorgungs- und Notdienstfunktion. Zusammengefasst ließe sich das auch so ausdrücken: Ein ausgebildeter Handwerker ist einfach wichtig für die Gesellschaft.
Wie wichtig Rutizie ist, zeigt sich in den ersten Reaktionen, nachdem die Stuttgarten Nachrichten über den Fall berichtet hatten. Vom Kunden über die Kollegen bis zum Architekten: Alle, die Rutize gut kennen, sind erbost. Ein Auftraggeber hat Walter sogar angerufen und gedroht, dass er den Werkvertrag kündigen werde, wenn "der Simba meine Baustellt nicht zuende bringt". Auftragswert: 300.000 Euro.
Die Entscheidung über Rutizes Zukunft wird jetzt die "Zentrale Auslands- und Fachvermittlung in Duisburg" treffen. Fortsetzung folgt.
(sfk)