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Foto: handwerk.com

Diskussion um Durchfallquote bei der Prüfung

"Miese Azubis sollten öfter durchfallen"

Keine Ahnung, kein Talent - und trotzdem bestehen Azubis immer wieder die Prüfung. Eigentlich fallen viel zu wenige durch, meint Handwerksmeister Martin Möller. Seine Sorge: Wenn Prüfer zu lasch sind, geht das zulasten der Betriebe!

Ein Prüfungsausschuss in Neubrandenburg lässt 88 Prozent der Bäcker-Azubis durch die Prüfung fallen (wir berichteten). Kann das sein?, hatten wir unsere User gefragt. Hier Ihre Antworten:

88 Prozent Durchfallquote - ist das nicht ein bisschen viel?
Martin Möller: "Endlich mal ein Prüfungsausschuss, der die Realität abbildet und nicht mit viel "good will" auch noch den letzten Durchfallkandidaten mit einer schlechten 4- bestehen lässt.

Wie oft habe ich bei uns in den Prüfungen erlebt, dass das praktische Werk keinerlei fachlichen oder gestalterischen Ansprüchen entsprach und der Prüfling dann doch mit einer schlechten Vier bestanden hat."

Aber muss man den Jugendlichen nicht eine Chance geben?
Martin Möller: "Was ist dann die Folge, die der Junggeselle daraus lernt? Auch mit einer augenscheinlich schlechten Leistung erfülle ich das Ziel. Nur leider ist nach der Prüfung allein der Kunde dafür verantwortlich, die Arbeit zu bewerten und schlussendlich zu bezahlen. Und dieser wird sicher keine Schlechtleistung abnehmen."

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Müssten sich da nicht die Ausbilder erst einmal an die eigene Nase fassen?

Martin Möller: "Woran liegt das, dass Azubis in einer werdenden Mehrzahl so ausbildungsresistent sind? Elternhaus, Schule, Lehrer, Gesellschaft? Die Gründe sind vielschichtig und wir als Ausbildungsbetriebe können es nicht leisten, die Defizite in Respekt, Freundlichkeit, Motivation auszugleichen. Schon bei den Bewerbungen und den daraus folgenden Bewerbungsgesprächen müssen wir Jahr für Jahr feststellen, dass viele nicht ausbildungsfähig sind."

Auch handwerk.com-User "hessenmeister" ist mit der Einstellung der Jugendlichen nicht zufrieden:

Wäre es nicht Sache der Betriebe, die Jugendlichen da auf die Spur zu setzen?
hessenmeister: "Es liegt doch an jedem Azubi selbst, ob und wie er die Prüfung besteht. Das hängt ganz stark von seiner eigenen Persönlichkeit, Motivation und Interesse am Beruf ab ...

Aus einem MP3-Player- und Handy-abhängigen Schüler einen verantwortungsvollen Gesellen zu machen, das ist eine richtige Herausforderung für jeden Betrieb und gelingt nur, wenn der Azubi dazu auch bereit ist. Hat er jedoch nur Party im Kopf, dann wird er einer der Gesellen werden, die vorwiegend bei Arbeitsüberlassungsfirmen als Leiharbeiter unterkommen."

Nächste Seite: Manche Azubis legen es darauf an, durchzufallen!

Warum sollten Azubis absichtlich in der Prüfung versagen?

hessenmeister: " Wenn der Azubi wittert, dass er nach der Ausbildung vom Betrieb nicht übernommen wird, ist es schon sehr oft vorgekommen, dass er sich absichtlich durch die Prüfung fallen lässt oder per Krankmeldung erst gar nicht erscheint und noch ein halbes Jahr oder gar ein ganzes Jahr im Betrieb geduldet werden muss. Selbstverständlich wird die Schuld dann auch auf unzureichende Ausbildung geschoben."

Und woran liegt das?
hessenmeister: "Wir stellen allgemein und auch im Umfeld bei anderen Ausbildungsbetrieben fest, dass die antiautoritäre Erziehung der letzten Jahrzehnte und die verstärkte Berufstätigkeit beider Elternteile sich dahingehend negativ auswirkt, dass wenig Disziplin und Motivation bei den jungen Leuten zu finden sind. Die versäumte Erziehung in der Ausbildung nachzuholen, ist ein mühsames Unterfangen und gelingt nur bedingt."

Weitere Infos zum Thema "Azubis":


(jw)

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