Handwerk Archiv
Foto: handwerk.com

Beteiligung

Mitarbeiter werden zur Hausbank

Die Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern ist im Aufwind. In rund 3000 deutschen Betrieben halten Mitarbeiter derzeit eine Beteiligungssumme von rund 18 Milliarden Euro. Nach Schätzungen des Instituts für Technik der Betriebsführung käme sie auch für 75 Prozent aller Handwerksbetriebe in Frage.

Angst vor der Quasselbude

Ob Investivlohn, Mitarbeiterdarlehen oder stille Beteiligung: "Der Anteil kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe ist gering", räumt Michael Lezius ein. "Ich kenne das Problem mit den Handwerkern, die ihre Zahlen nicht offenlegen wollen", sagt der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP). "Ds ist ein emotional geladenes Thema", meint der 58-Jährige. Viele Chefs hätten Ängste, dass ihr Betrieb zur "Quasselbude" werde, die Mitarbeiter gar das Kommando übernehmen könnten, wenn ihnen plötzlich Unternehmensanteile gehören. "Dann sitzen die am Ende an meinem Mittagstisch und sagen mir, was ich zu tun habe", zitiert Lezius einen besorgten Unternehmer.

Vorteile lassen sich belegen

Lezius will mit solchen Vorurteilen aufräumen. Die Möglichkeiten der Beteiligung seien enorm vielfältig, lobt er den Ansatz. Für nahezu jeden Wunsch lasse sich ein maßgeschneidertes Modell entwickeln. Die Vorteile liegen für Lezius auf der Hand:

Durch eine höhere Eigenkapitalausstattung ließen sich Finanzkraft und Bilanzstruktur verbessern

Ohne den Weg über die Bank verringere sich der Kapitaldienst des Unternehmens, während Mitarbeiter höhere Zinsen kassierten.

Hinzu kämen Produktivitätszuwächse durch besonders motivierte Mitarbeiter.

Nicht zuletzt ergäben sich so neue Ansätze, die Unternehmensnachfolge langfristig zu regeln.

Bestätigt sieht sich Lezius durch eine gemeinsame Studie der AGP und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Befragt wurden darin Firmen mit zehnjähriger Mitarbeiterbeteiligung. Die Ergebnisse: steigende Eigekapitalquote, steigende Arbeitsproduktivität, steigender Pro-Kopf-Umsatz und steigende Kapitalrendite.

Für das Handwerk geeignet

Eine Mitarbeiterbeteiligung am Kapital komme auch für drei Viertel der Handwerksbetriebe in Frage, meint Gerold Hantsch. Der Leiter des Instituts für Technik der Betriebsführung (itb) hat das Thema aus Sicht kleiner und mittlerer Handwerksbetriebe aufgerollt. Hantsch kommt zu dem Ergebnis, dass sich alle Beteiligungsmodelle den speziellen Bedürfnissen des Handwerks anpassen lassen.

Die Zurückhaltung der Handwerksmeister begründet Hantsch mit großen Informationsdefiziten und mangelndem wirtschaftlichen Weitblick. Vorbehalte der Mitarbeiter, die Angst vor zu großer Abhängigkeit hätten, gehörten ebenfalls zu den Hindernissen. Zudem seien die staatlichen Rahmenbedingungen für eine Förderung von Beteiligungen nicht geeignet.

Dennoch betrachtet Hantsch Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (MAK) als einen erfolgversprechenden Ansatz für das Handwerk: "Objektiv gesehen, scheint die MAK eine optimale Lösung für eine Vielzahl von Problemen zu liefern." Zu den unverzichtbaren Voraussetzungen gehörten allerdings Aufgeschlossenheit, die Abkehr traditioneller Einstellungen und ein sehr gutes Betriebsklima.

Formen der Beteiligung

Für das Handwerk relevante Formen der Mitarbeiterbeteiligung:

Investive Lohnformen: Mitarbeiter-Guthaben, Gehaltsumwandlung und Arbeitszeitguthaben bilden eine Vorstufe zur MAK. Sie lassen Geld brutto in der Firma und haben den Vorteil einer nachgelagerten Versteuerung. Mitarbeiter erhalten eine Verzinsung und eventuell eine Renditebeteiligung, jedoch keine Dispositionsrechte.

Bei schuldrechtlichen Beteiligungen wie Mitarbeiterdarlehen, stillen Beteiligungen und Genussrechten legen die Mitarbeiter eigenes Geld an und erhalten Informations- und Kontrollrechte.

Gesellschaftsrechliche Beteiligungen: Mitarbeiter erhalten neben Vermögens- auch Mitentscheidungsrechte aus ihren Kapitalanteilen etwa an einer GmbH oder an einer kleinen Aktiengesellschaft. Sie werden auch an Zuwächsen der stillen Reserven beteiligt.

Planvolles Vorgehen

Betrieben, die sich für eine Mitarbeiterbeteiligung entscheiden, empfiehlt Michael Lezius von der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft einen klar strukturierten Fahrplan:

Festlegen der persönlichen Werte und Ziele,

Arbeitsgruppe bilden und dabei wichtige Multiplikatoren wie Betriebsrat oder Wortführer einbinden,

Zeithorizont festlegen bis 31.12. des Folgejahres (steuerliche Gründe),

Literaturstudium, Tagungsbesuch, Firmenbesuche,

Rohkonzept entwickeln,

Berater einschalten,

Faktoren festlegen: Laufzeiten, Rückzahlungsmodalitäten, Verlustbeteiligung etc.,

Vereinbarung/Vertrag formulieren,

Vorstellung des Konzeptes, zum Beispiel in einer Modellbroschüre,

Mitarbeitern individuelle Beratung anbieten,

Gesellschafterversammlung,

Mitarbeiter regelmäßig, etwa monatlich, informieren.

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Geschäftsführer Markus Ruf (re.) und Prokurist Armin Zimmermann wollen ein neues Arbeitszeitmodell einführen und gleichzeitig ihren Umsatz steigern.

Arbeitszeitmodell

Dieser Betrieb will mit 3-Tage-Woche Produktivität erhöhen

Wie kann die Produktivität eines Betriebs steigen, wenn die Mitarbeitenden bei voller Bezahlung nur 30 Stunden arbeiten? Unternehmer Markus Ruf rechnet vor, wie das funktionieren kann.

    • Personal
Starke Strömung und Schiffsverkehr: Schwimmen im Rhein ist besonders unter Alkoholeinfluss gefährlich und kann im Arbeitsverhältnis eine Pflichtverletzung darstellen.

Personal

Firmenfeier: Fristlose Kündigung für Sprung in den Rhein?

Gute Stimmung auf dem Partyschiff: Doch dann geht ein Mitarbeiter im Rhein baden und ruiniert damit die Stimmung. Der Betrieb revanchiert sich mit der Kündigung.

    • Personal, Arbeitsrecht
Das interkontinentale Handwerker-Team ist bereit für die Arbeit. Im Hintergrund: das Sanierungsprojekt. 

Panorama

Starke Handwerker-Truppe: Sanierungsmission in Ruanda

Mit vereinten Kräften hat ein Team aus deutschen Handwerkern und ruandischen Berufsschülern ein Gemeindezentrum auf Vordermann gebracht. Eine intensive Erfahrung für alle Beteiligten.

    • Panorama
Wettbewerbsverbot im Kaufvertrag vereinbart: Unternehmerin muss 5.000 Euro Strafe zahlen, weil sie nach dem Verkauf direkt einen neuen Betrieb eröffnet hat.

Recht

Teure Angelegenheit: Betrieb verkauft, nebenan neu gegründet

Eine Betriebsinhaberin verkauft ihr Unternehmen an eine Mitarbeiterin und gründet in der Nähe einen neuen Betrieb. Warum muss sie dafür 5.000 Euro Strafe zahlen?

    • Recht, Wettbewerbsrecht