Schmuck sehen sie aus: Die Häuser im hannoverschen Stadtteil Lahe sind frisch gestrichen worden, in einem leuchtenden Blau und einem strahlenden Weiß. Der Malergeselle Heinz Schmidt (Name von der Redaktion geändert) deutet auf ein Foto der Häuser und sagt: "Hier musste ich mir quasi selbst den Arbeitsplatz wegnehmen." Als ABM-Kraft im "Stützpunkt Hölderlinstraße" ? einer Einrichtung der Stadt Hannover ? habe er Mietshäuser der Zusatzversorgungskasse der Stadt Hannover (ZVK) renoviert: "Zehn bis zwölf Ein-Euro-Jobber waren immer dabei. Und da ging es nicht nur um Vorarbeiten für Aufträge, die dann von Handwerksbetrieben abgearbeitet werden." Der ehemalige Ein-Euro-Jobber Martin Müller (Name geändert) fügt hinzu: "Wir haben die Treppenhäuser komplett gestrichen, auch die Fassaden."
In einer Vereinbarung zur "Gestaltung der öffentlich geförderten Beschäftigung" steht: "Zusatzjobs dürfen reguläre Beschäftigungsverhältnisse nicht verdrängen oder beeinträchtigen." Der Leitfaden ist von den kommunalen Spitzenverbänden unterzeichnet worden. Hat die Stadt Hannover diesen Passus ausgehebelt? Auf Nachfrage verweist die städtische Pressestelle darauf, dass "alle vom Stützpunkt Hölderlinstraße durchgeführten Ein-Euro-Job-Maßnahmen" von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (Arge) der Region Hannover genehmigt worden seien.
Kleinere Putz- und Malerarbeiten
Die Kreishandwerkerschaft (KH) Hannover kontrolliert für die Handwerksseite die Vergabe der kommunalen Jobs. KH-Geschäftsführer Günter Bietendorf bestätigt zwar, dass er zwei ZVK-Anfragen aus 2003 und 2004 seinen Segen gegeben hat. Aber: In den Anfragen sei es lediglich um "kleinere Putz- und Malerarbeiten an Wänden und Decken" gegangen. Und um "kleinere Risse" im Mauerwerk. Von kompletten Treppenhäusern sei dort jedenfalls keine Rede gewesen. "Anfragen zu größeren handwerklichen Arbeiten lehnen wir restriktiv ab", sagt Bietendorf.
Wie umfangreich arbeitet die ZVK mit dem "Stützpunkt Hölderlinstraße" zusammen? Eine Sprecherin der Zusatzversorgungskasse ist irritiert darüber, dass daran überhaupt etwas auszusetzen sein soll: "Das funktioniert alles reibungslos." Im Stadtgebiet gebe es 2700 ZVK-Wohnungen. Die Mietshäuser würden seit 2003 nach und nach renoviert ? mit Firmen aus der Privatwirtschaft. Der Stützpunkt erledige "grundsätzlich nur zusätzliche Aufgaben", die die ZVK ansonsten nicht realisieren könne: "Wir haben einen bestimmten Etat, den wir nicht überschreiten dürfen." Die Hölderlinstraße schreibe Rechnungen, alles ganz regulär.
Keine Auskunft zu Vertragsangelegenheiten
Detaillierte Informationen über die Bauprojekte, auf die die beiden Handwerksgesellen hingewiesen haben, verweigert die Zusatzversorgungskasse der Stadt Hannover (ZVK). Nach Absprache mit ihrer Geschäftsführung verkündet die Sprecherin: "Wir geben keine Auskunft zu Vertragsangelegenheiten."
In welchem Umfang hat der "Stützpunkt Hölderlinstraße" 2005 und in den ersten Monaten 2006 für Arbeiten an Mietshäusern der ZVK Rechnungen geschrieben? Eine Antwort auf diese Frage bleibt die Pressestelle der Stadt Hannover schuldig.
Übrigens: Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme hat Heinz Schmidt nicht wirklich weitergebracht, er sucht immer noch einen Arbeitsplatz. Nach Ablauf der Förderung habe ihm der "Stützpunkt Hölderlinstraße" angeboten, seine Stelle in einen Ein-Euro-Job umzuwandeln. "Nicht zu fassen", sagt Schmidt.
(sfk)