
Die Branche der Berater und Trainer boomt: Läuft etwas im Team nicht rund oder hat sich der Chef neue Ziele gesteckt, schon müssen die Experten her. Sie sollen die Mannschaft auf Kurs bringen. Seltsam nur, dass Schulungen und Trainings nicht immer zum Erfolg führen. Selbst dann nicht, wenn die Mitarbeiter im Seminar noch alles richtig machen.
Woran liegt das – und was lässt sich daran ändern? Das haben wir den Coach Axel Janßen aus Hamburg gefragt.
Herr Janßen, Unternehmen stecken eine Menge Zeit und Geld in Schulungen ihrer Mitarbeiter. Und ärgern sich später, wenn das Erlernte in der Praxis nicht fruchtet. Woran liegt das?
Ein Training oder eine Schulung kann zum gewünschten Ergebnis führen. Dazu müssen aber ein paar Voraussetzungen erfüllt sein: Entweder passt das Angebot von vornherein zu den Vorlieben der Mitarbeiter, zu ihren Motiven und Interessen. Oder Mitarbeiter entdecken im Training, dass sie einen Vorteil dadurch haben, wenn sie die Trainingsinhalte umsetzen. Aber wenn das Training an den Vorlieben der Mitarbeiter vorbeigeht, ist es oft für die Katz.
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Vorlieben der Mitarbeiter – das klingt nach Ponyhof und nicht nach Arbeitswelt. Können sich Mitarbeiter in ihrem Job wirklich aussuchen, ob und was sie dazulernen?
Natürlich hat ein Chef immer das Direktionsrecht. Er kann Anweisungen erteilen und auch Trainings verordnen. Er kann sich durchsetzen, dafür gibt es das Arbeitsrecht. Das ist sein gutes Recht. Aber damit kommt ein Vorgesetzter auf Dauer nicht weiter, wenn seine Ideen nicht zu den Vorlieben des Mitarbeiters passen.
Wieso nicht? Genau dafür gibt es doch den Arbeitsvertrag, Stellenbeschreibungen, das Arbeitsrecht.
Wenn etwas nicht zu den Motiven eines Menschen passt, kann man ihm noch so viel Training verordnen: Das Erlernte wird entweder überhaupt nicht umgesetzt oder nur am Anfang und oft nur unter Druck. Aber auf Dauer bleibt dieses antrainierte Verhalten nicht stabil. Jedenfalls nicht ohne ständige Kontrollen und ständige Wiederholung der Anweisungen. Das hat natürlich nichts mehr zu tun mit Selbstständigkeit und eigenverantwortlichem Arbeiten.
Also würde nicht einmal ein kleines Knigge-Seminar für das Auftreten beim Kunden etwas bringen, wenn die Mitarbeiter das selbst nicht für wichtig halten?
Genau.
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Sie gehen als Coach einen anderen Weg?
Unser Coaching-Ansatz basiert darauf, dass der derjenige, der gecoacht wird, selbst etwas verändern will und mit seinen bisherigen Lösungsversuchen wenig erfolgreich war. Das ist schon mal eine andere Herangehensweise, als wenn jemand ein Training verordnet bekommt.
Coachen lassen kann sich ein Einzelner, aber auch ein ganzes Team kann das für sich entscheiden. Coaching hilft, wenn jemand einen Knoten im Kopf hat und selbst nicht weiter kommt. Deswegen holt er sich einen Coach: damit er entscheidungsfähig wird und Erfolg hat in dem Thema, das ihn bewegt.
Wir gehen das systematisch an: Wie ist der Istzustand? Mit welchem Gefühl hängt das zusammen? Was ist das Ziel desjenigen – oder des Teams? Welche Motive und Ressourcen hat er, um dieses Ziel zu erreichen? Daraus kann man dann neue Handlungsalternativen entwickeln. Der Coach begleitet und unterstützt nur in diesem Prozess. Er gibt nicht die Ziele oder die Wege vor.
Und wo bleiben da die Interessen des Unternehmens?
Das Coaching findet ja nicht im luftleeren Raum statt. In einem Unternehmen gibt es immer Vorgaben, an denen sich die Mitarbeiter orientieren müssen. Das können zum Beispiel Qualität und Kosten sein, Abläufe und Strukturen, Ziele und Strategien oder ganz allgemein die Wertschöpfung. Daran orientieren wir uns im Coaching und fragen das Team oder den Einzelnen: "Woran müssten Sie Ihre Entscheidung für eine Alternative orientieren?
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Kann der Chef einem Mitarbeiter oder einem Team ein Coaching auch „verordnen“?
Nein, so würde das nicht funktionieren. Der Coach ist nicht der verlängerte Arm der Geschäftsführung. Wenn der Coach die Ergebniserwartungen des Chefs erfüllen soll, dann ist das kein Coaching, das wäre Manipulation.
Aber wenn der Chef einem Mitarbeiter gerne mehr Verantwortung übergeben würde, dann kann er mit diesem Mitarbeiter darüber sprechen: Der Chef kann darstellen, um was es geht und den Mitarbeiter fragen, ob er das will. Und ihm ein Coaching anbieten, falls der Mitarbeiter Interesse hat.
Und wenn sich herausstellt, dass die Motive und Vorlieben eines Mitarbeitersmit den Zielen des Chefs einfach nicht zusammenpassen?
Das ist oft der Moment, in dem ich gerufen werde. Im Coaching wird dann der Konflikt sichtbar: Welche Werte spielen in einem Unternehmen eine Rolle und sind die Mitarbeiter bereit, sich an diesen Werten zu orientieren?
Da muss man die Mitarbeiter auch mal mit den harten Fakten konfrontieren: Natürlich dürfen Mitarbeiter mitreden und eigene Lösungswege entwickeln. Aber die Freiheit in einem Unternehmen hat ihre Grenzen: Das Unternehmen muss Geld verdienen und hat eigene Werte. Wer dann für sich selbst feststellt, dass die Unternehmenswerte und die Struktur nichts für ihn sind, der ist eben nicht mehr dabei.
Bleibt nur noch eine Frage: Wie findet man den passenden Coach?
Da helfen einem die ganzen Datenbanken im Internet leider nicht so richtig weiter. Als Erstes muss man sich fragen: Was ist das Ziel? Wir zum Beispiel wollen den Coachee, also denjeniegen, den wir coachen, selbstständig machen in seinem Veränderungsthema. Andere Coaches wollen die „Selbstregulation“ fördern, wieder andere die „Resilienz“. Da muss man sich als Kunde fragen: Will ich das? Falls ja, dann sollte der Coach einfach erklären können, wie er dieses Ziel erreichen will. Und wenn man als Kunde den Coach dann nicht versteht, dann passt er auch nicht.
Das Gespräch führte Jörg Wiebking
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