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My-Hammer unter dem Bundesadler

Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft haben das Auftragsportal My-Hammer für den Deutschen Internetpreis 2008 vorgeschlagen. Handwerkern bleibt die Spucke weg.

Innovationsgrad, Originalität, wirtschaftlicher Erfolg, Vorbildfunktion für den Mittelstand. Das sind die Kriterien, nach denen der Hightech-Verband Bitkom und große IT-Unternehmen den Deutschen Internetpreis vergeben. Nicht irgendein Preis. Insgesamt 60.000 Euro gibt es zu gewinnen plus Image. Schirmherr des Wettbewerbs ist kein Geringerer als der Bundeswirtschaftsminister. 300 Firmen haben sich beworben, sechs haben es ins Finale geschafft.

"Wir freuen uns riesig", sagt der Vorstandsvorsitzende von My-Hammer, Markus Berger-de León. Allein die Finalteilnahme sei "eine tolle Auszeichnung". Und vom Branchenverband Bitkom kommt dickes Lob: "Die Finalisten des Deutschen Internetpreises zeigen, wie echte Innovationen aussehen", betont Verbandsvize Heinz Paul Bonn.

Echte Innovationen? Zimmerermeister Jens Kaiser "fällt fast der Telefonhörer aus der Hand", als er von der Auswahl der Jury erfährt. "Das kann doch nicht der Weg sein, den Mittelstand und das Handwerk hochzuhalten. My-Hammer schadet dem Handwerk", sagt der Innungsobermeister und Unternehmer aus Ronnenberg. Das Portal heize die Geiz-ist-Geil-Stimmung an, handwerkliche Qualität sei bei Auftragsversteigerungen alles andere garantiert. Dass der Wirtschaftsminister als Schirmherr fungiert, sei der Gipfel. "Fehlt nur noch, dass die öffentliche Hand ihre Aufträge auf My-Hammer versteigert", schimpft Kaiser.

Auch Tischlermeister Ralf Klebe versteht die Entscheidung der Jury nicht. "Das geht auf Kosten des Handwerks", ärgert sich der Hannoveraner über das Online-Auktionshaus. Für viele Unternehmen könne das "tödlich sein". Und er fragt sich, "wo darin die Innovation steckt". Seine Einschätzung: "Gute Betriebe lassen sich auf Auftragsversteigerungen nicht ein."

Nicht minder irritiert zeigt sich Maler- und Lackierermeister Matthias Schultze. "Für den Profisektor ist My-Hammer schlecht", sagt der Unternehmer aus Isernhagen. Die Plattform vermittle den Eindruck, "der Handwerksmeister sei zu teuer". Und er fordert: "Mit dem Preiskampf bei Auktionen muss Schluss sein." Die Macher des Portals sollten vielmehr darauf hinwirken, "die Preise für handwerkliche Leistungen auf einem vernünftigen Niveau zu stabilisieren".

Zudem fordert Schultze, der sich aktuelle Auftragsangebote von My-Hammer auf sein Blackberry übertragen lässt, "wesentlich bessere Spielregeln". Es sei nicht akzeptabel, dass Verbraucher kostenlos Angebote einholen und sich dann plötzlich in Luft auflösen können. Außer Frage steht für ihn, dass Auftragsportale für das Handwerk immer wichtiger werden. "Irgendwann sind wir alle gezwungen, da mitzumachen", prophezeit er.

Schon jetzt zufrieden ist der Malermeister mit der Technik . "Die sind wirklich sehr gut", sagt er über die Webseiten. Lobende Worte findet er auch für das Marketing und die Kommunikation der Plattformbetreiber. Von Aufträgen bei My-Hammer aber lässt Schultze in der Regel die Finger. Dafür nutzt er die Plattform für etwas anderes: "Kürzlich habe ich auf dem Weg drei neue Gesellen für meinen Betrieb gefunden."

Der Branchenverband Bitkom als Initiator des Internetpreises weist die Kritik aus dem Handwerk zurück. Vizepräsident Heinz Paul Bonn: "My-Hammer so die Bewertung der Jury trägt dazu bei, Transparenz im Markt für handwerkliche Dienstleistungen herzustellen." Kunden könnten die Qualität der Arbeit bewerten, die Beurteilungen sei für alle Nutzer der Plattform sichtbar, sagt Bonn und betont: "Nicht allein der Preis zählt, und längst nicht alle Aufträge werden an den jeweils günstigsten Anbieter vergeben."

www.deutscher-internetpreis.de

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