von Jörg Wiebking und Heiner Siefken
Die Ausbildungssituation 2007: Zwischen der Realität und der Statistik klafft eine riesige Lücke. Täglich vermelden Medien, dass es nicht genügend Lehrstellen gibt. Gleichzeitig suchen Betriebe verzweifelt nach dem passenden Auszubildenden. Der Oldenburger Maurermeister Günter Czichy kennt die Ursache: Das liegt am Image. Die Vorurteile über seine Branche halten sich hartnäckig. Mal ist es kalt, mal heiß, oft ist es nass, und immer ist die Ausbildung anstrengend. Dabei sehe der Alltag auf dem Bau längst anders aus, sagt Czichy. Der Unternehmer hat gute Argumente auf seiner Seite: Viele neue Techniken zum Bohren, Schneiden und Heben würden die Arbeit erleichtern. Und man braucht Köpfchen, um die Maschinen richtig einzusetzen und zu bedienen. Ganz zu schweigen von Kundenberatung, Zusammenarbeit mit Architekten und der Entwicklung ganzer Sanierungskonzepte. Da müssen wir uns ständig fortbilden, und es gibt Aufstiegschancen. Ein Problem: Die Botschaft kommt bei Schülern nicht an.
Längst nicht alle Lehrer und Eltern haben die aktuellen Veränderungen im Handwerk registriert, sagt Friedrich Wilhelm Fimmen von der Handwerkskammer Oldenburg. Allerdings könnten die Betriebe die Chancen, die das Handwerk bietet, positiv verkaufen. Und wenn die Schüler nicht in die Unternehmen kommen, dann müssen die Betriebe zu den Schülern gehen. Gelegenheit dazu gebe es (siehe Checkliste). Wichtig sei zudem, die Eltern, die bei der Berufswahl ihrer Kinder ein gehöriges Wort mitsprechen, zu überzeugen.
Imagekampagnen sollen die Betriebe in ihrem Kampf an der Klischee-Front unterstützen. Die PR-Agenturen, die Anzeigen oder Fernsehspots entwerfen, haben allerdings keinen leichten Stand. Denn: Ihre Kampagnen müssen sich gegen angesagte Serien wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten behaupten. Und unter den TV-Helden ist der Anteil der Fleischer, Reinigungsfachkräfte und Bauarbeiter verschwindend gering.
Wischen ist Macht! Patrick Schaab hat für den Bundesverband der Gebäudereiniger-Innungen eine Kampagne entworfen, die sich eng an der Jugendästhetik orientiert. Der Chef der Schaab PR in Siegburg sprengt die Klischees mit witzigen Fotomotiven und frechen Sprüchen. Doch bleibt um in der Sprache der Kids zu bleiben der Beruf des Gebäudereinigers im Vergleich zu vielen anderen Berufen nicht trotzdem uncool? Nein, sagt Schaab, die Aufstiegschancen sind cool, die Weiterbildungsangebote sind cool. Und später selbst Unternehmer werden sei allemal cooler als studieren und auf der Straße stehen: Das haben wir vermittelt.
Leider sind bei zu vielen jungen Leuten die Kampagnen der Verbände und Kammern unbekannt, sagt Fimmen. Schon deshalb sei es wichtig, dass Unternehmer, die ausbilden wollen, selbst aktiv werden.
Aktiv werden
Jedes Unternehmen kann selbst etwas tun, um sein Image als Ausbildungsbetrieb zu verbessern, meint Friedrich Wilhelm Fimmen von der Handwerkskammer Oldenburg.
Präsentation: Nicht nur Berufsinformationsmessen bieten eine Chance, sich als Ausbildungsbetrieb zu präsentieren. Auch ein eigener Tag der offenen Tür oder eine Gewerbeschau seien geeignet. Bei solchen Gelegenheiten müsse sich der Betrieb nicht auf die Darstellung seiner Produkte und Leistungen beschränken. Ebenso können Arbeitsmethoden und Maschinen gezeigt werden, um das Bild vom modernen Handwerk zu schärfen.
Praktika: Schon bei Schulpraktika sollten Unternehmer darauf achten, dass ein positives Bild vom Betrieb entsteht. Das sei zwar zeitintensiv, doch es bietet die Gelegenheit, nicht nur den Praktikanten zu überzeugen. Wenn der Schüler an seine Schule zurückkehrt und davon berichtet, wie toll das Praktikum, die Mitarbeiter und das Unternehmen waren, werde eine ganze Klasse aufmerksam lauschen.
Schulen: Kontakte zu Schulen sollten gepflegt werden, am besten zu Lehrern als feste Ansprechpartner. Mit Ihnen sollten Unternehmer immer wieder das Gespräch suchen, denn Lehrer sind wichtige Multiplikatoren.
Information: Ob in Schulen oder Praktika Unternehmer sollten immer auf Qualifikations- und Aufstiegschancen hinweisen. So können Handwerksmeister beispielsweise an allen niedersächsischen Universitäten studieren.