„Das war so ein Bürokratienachmittag, wo ich dachte, ich schreie“, sagt Maren Goedeke. Ihr Bruder Henrik Goedeke nimmt es gelassener: „Es ist wahrscheinlich weniger dramatisch, als es erst einmal klingt.“ Die beiden leiten die Geschäfte der Wildeshauser Haustechnik Goedeke GmbH. Gemeinsam hatten sie sich in die neuen Vorschriften für Verbraucherverträge vertieft, die hierzulande ab Mitte Juni gelten. Und die sind ganz schön kompliziert.
Die Sache mit dem Widerrufsrecht
Was für die Goedekes neu war: Bei Verträgen, die sie außerhalb ihrer eigenen Geschäftsräume abschließen, sind sie vom 13. Juni an mit ähnlichen Vorschriften konfrontiert wie zum Beispiel die Betreiber von Online-Shops. Sie müssen ihre Privatkunden vor Vertragsschluss noch ausführlicher informieren als bisher, egal ob sie nun in deren Wohnung, auf der Baustelle oder auf einem Messestand mit ihnen zusammentreffen. Und die Verbraucher haben in diesen Fällen ein 14-tägiges Widerrufsrecht, wobei es allerdings eine Reihe von Ausnahmen gibt, die das Ganze entschärfen.
Was genau auf die Betriebe zukommt, erfahren Sie auf Seite 2, und zwar am Beispiel eines Waschbeckentauschs.
Beispiel Waschbeckentausch
Die Geschwister wollen nun wissen, was das konkret für sie bedeutet. Die Monteure des SHK-Betriebes rücken häufig zu Noteinsätzen aus – bei Wasserschäden und Rohrbrüchen etwa. Bei dringenden Reparaturen greift das Widerrufsrecht nicht, da hat der Gesetzgeber eine Ausnahme gemacht. Doch die Goedekes haben auch viele Wartungskunden. „Was geschieht, wenn unser Monteur mit denen auch gleich vor Ort den Austausch eines Waschbeckens bespricht oder sogar vereinbart?“, fragt Maren Goedeke.
Wie Sie Zahlungsausfälle verhindern
Wir haben Daniel Hofmann von der Schieds- und Schlichtungsstelle der Handwerkskammer Hannover nach den möglichen Szenarien gefragt: Schließt der Monteur den Waschbeckenvertrag direkt beim Kunden ab, so gilt ihm zufolge das Widerrufsrecht von 14 Tagen. Bauen die Mitarbeiter das Becken vor Ablauf dieser Frist ein, kann der Kunde widerrufen und die Goedekes bleiben auf ihrer Rechnung sitzen. Es sei denn, sie haben sich zuvor bestätigen lassen, dass sie vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Arbeit beginnen sollen. Dann erlischt das Widerrufsrecht, sobald das Waschbecken fertig eingebaut ist. „Und falls der Kunde es sich vorher anders überlegt, muss er vergüten, was bis dahin gemacht wurde“, erklärt Hofmann.
Lesen Sie auf Seite 3, was passiert, wenn Sie Ihren Kunden vor Ort noch kein Angebot gemacht haben.
Die Initiative zählt
Unterbreitet der Monteur dem Kunden noch kein konkretes Angebot, so hängt die Rechtslage davon ab, von wem die Initiative ausging: Hat der Kunde den Monteur wegen des Waschbeckens angesprochen, so können die Goedekes ihm per Brief, Fax oder E-Mail ein Angebot zur Unterschrift zuschicken, ohne dass daraufhin das Widerrufsrecht greift. Ging die Initiative vom Monteur aus, so ist hingegen Vorsicht geboten: „Hier können sie dem Widerrufsrecht entgehen, wenn sie dem Kunden etwa sagen, denken Sie in Ruhe darüber nach und kommen Sie dann zur Unterschrift in den Betrieb“, sagt Daniel Hofmann.
Verbraucherschutz ja, aber mit Augenmaß
Maren Goedeke findet, dass ein schriftlich zugesandtes Angebot ausreichen müsste: „Die Kunden können es in aller Ruhe prüfen und dann entscheiden. Wenn sie stattdessen im Betrieb erscheinen müssen, so ist das für alle ein großer Zeitaufwand.“ Und ihr Bruder betont, dass er von Verträgen zwischenTür und Angel ohnehin nichts hält: „Die Beratungsqualität steigt, wenn ich mich nochmal zurücklehnen und in Ruhe mein Angebot schreiben kann.“ Das Fazit der Geschwister: „Verbraucherschutz: Ja! Aber bitteschön mit Augenmaß.“
Mehr zu den neuen Vorschriften und den Ausnahmen, die das Ganze entschärfen, erfahren Sie in diesem handwerk.com Beitrag : Neue Regeln für Verbraucherverträge
(afu)
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