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Service

Neues Standbein Contracting

Planungssicherheit und Kundenbindung, diese Ziele lassen sich mit Contracting erreichen. Richtig angegangen bieten sich profitable Perspektiven.

Wenn Handwerker Kunden auf eigene Rechnung die Heizung modernisieren und die Kosten dafür über langjährige Verträge refinanzieren, dann spricht man von Contracting. Auch für Stromerzeugung oder Klima ist dieses Vertragsmodell geeignet. Contracting ist der Oberbegriff für diese Mischung aus Finanz- und Energiedienstleistung.

Praxis-Erfahrungen eines Betriebes
"Der Eigentümer kann uns seine Heizzentrale übertragen, zahlt fortan für die Wärme und braucht sich nicht mehr dafür zu interessieren, wo sie herkommt oder wie sie erzeugt wird", sagt Claudio Fischer. Seine auf Haus- und Umwelttechnik spezialisierte UfH GmbH in Göttingen versorgt Wohnhäuser per Contracting mit Wärme und Strom. Die Heizzentralen hat er mit modernster Technik ausgestattet: Blockheizkraftwerke mit Fernüberwachung. "Störungen bekommen wir sofort gemeldet, und wir sind vor Ort, bevor eine Wohnung kalt ist."

Vorteile für den Kunden
Für den Kunden bietet Contracting viel Service und Sorgenfreiheit: Planung, Aufbau, Betrieb, Wartung und Abrechnung liegen in der Verantwortung der Contracting-Anbieter (Contractoren). "Kunden können technisch anspruchsvolle Aufgaben per Contracting vergeben, deren Umsetzung sie sich selbst nicht zutrauen", sagt Birgit Arnold, Geschäftsführerin des Verbandes für Wärmelieferung (VfW).

Der Clou am Contracting ist aber, dass die Kunden von der Finanzierung der Anlagen befreit werden - auch die übernimmt der Contractor. Um die Investitionen zu schultern, arbeiten viele Contractoren mit Leasinggesellschaften zusammen.

"Contracting ist zu 90 Prozent Akquise, Interessierte sollten keine Scheu vor Schreibtischarbeit haben", sagt Arnold. Diese Vertragsform erfordere viel Vermittlungsanstrengung. "Contracting heißt Verträge schließen, und die sollte man dem Kunden auch erklären können."

Contracting als Kooperationsmodell
Wer davor zurückschreckt, kann in Kooperation mit manchen Stadtwerken Contracting anbieten und sich auf die praktischen Arbeiten konzentrieren. So haben zum Beispiel in Neuss die dortige SHK-Innung und der Wärmeservice Neuss, ein Ableger des städtischen Energieversorgers, ein entsprechendes Kooperationsmodell entwickelt. Erstberatung und alle praktischen Arbeiten übernimmt dort der Handwerker, Energieberatung und Vertragsabschluss der Wärmeservice. "So ergänzen wir uns optimal", meint Roland Gilges, Abteilungsleiter beim Wärmeservice Neuss.

"Wer in solch einem Pool ist, hat im Grunde Aufträge abonniert", sagt Arnold zu diesen Kooperationen. "Handwerker sollten nicht in Subunternehmerpositionen geraten", gibt jedoch Andreas Müller, Geschäftsführer Technik beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima, zu bedenken. "Kooperationen müssen immer auf Augenhöhe verlaufen."

Für Arnold liegen die Vorteile des Contracting auf der Hand: "So lassen sich Einkünfte erzielen, über die man sich keine Gedanken mehr zu machen braucht." Und gerade für die SHK-Branche sei die Planungssicherheit wichtig: "Mit ein paar Anlagen kann man seine Mitarbeiter auslasten."

Contracting bezeichnet einen Mix aus Energie- und Finanzdienstleistung. Es wird zwischen Anlagen- und Einspar-Contracting unterschieden:

Beim Anlagen-Contracting lagert der Auftraggeber die Energie-, Wärme- oder Kältelieferung an einen Contractor aus. Der Contractor finanziert, installiert, betreibt und wartet die nötigen Anlagen, besorgt die Brennstofflieferung und rechnet über die gelieferte Menge Energie, Wärme oder Kälte ab. Der Vertrag läuft meist über einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren. Danach kann er verlängert werden oder die Anlagen gehen in das Eigentum des Auftraggebers über.

Beim Einspar-Contracting zielt der Contractor darauf, den Energieverbrauch seines Auftraggebers zu senken. Die erzielten Einsparungen fließen in die Tasche des Contractors. Auch hier plant und finanziert der Contractor die Maßnahmen und kümmert sich um Betrieb und Instandhaltung.

Kunden vermeiden oder senken mit Contracting ihre Investitionskosten, deren Finanzierung der Contractor übernimmt. Oft arbeiten Contractoren dabei mit Leasing-Gesellschaften zusammen. Seine Erträge erzielt der Contractor aus den monatlichen Zahlungen der Endkunden.

Vorteile Contracting

Die von handwerk.com befragten Handwerksunternehmer mit Contracting-Angeboten sehen darin folgende Vorteile:

höhere Wertschöpfung

Synergieeffekte und bessere Präsenz im lokalen Markt

lange Vertragslaufzeit und dadurch hohe Kundenbindung, Planungssicherheit und Absicherung von Arbeitsplätzen

mehr Möglichkeiten bei der Preisgestaltung als bei konventionellen Aufträgen oder Ausschreibungen

fachliche Herausforderung und Gestaltungsmöglichkeiten, da nur Eckdaten vorgegeben werden und die Umsetzung eigenständig erfolgt

Handwerker berichten von ihren Erfahrungen

#132;Wir zielen auf die Kommunen"

Heinz-Jürgen Schröter ist Inhaber der Schröter GmbH, Pirna, www.shk-schroeter.de

von Heinz-Jürgen Schröter

#132;In Sachsen ist Contracting etwas schwerer aufzubauen. Es gab eine kontinuierliche Steigerung bis zum Jahr 2000, dann kam der Knick. Um 1990 wurden viele Heizanlagen modernisiert, es wird noch dauern, bis die wieder erneuerungsbedürftig sind.

Wir arbeiten vornehmlich mit privaten Contracting-Kunden. Zehn Wohnobjekte und ein Bürogebäude beliefern wir mit Wärme, zwei Objekte mit Kälte. Unser Zielmarkt sind die Kommunen mit ihren Immobilien. Da muss man ständig bohren und dranbleiben.

Die Vorfinanzierung ist unkompliziert. Ein Leasinggeber schultert die Anlageninvestition, wir zahlen sie dann über Jahre ab. Das Verhältnis zur Hausbank ist gut.

Allerdings muss man aufpassen, sich keine riskanten Kunden ans Bein zu binden. Bei Objekten interessiert mich daher die Lage und die Vermietbarkeit. Ich befrage eine Wirtschaftsauskunftstei über den Eigentümer, gibt dann meine Bank nach ihren Recherchen grünes Licht, können die Verträge gemacht werden. Die Bindung läuft meist über 15 Jahre, da bin ich lieber vorsichtig."

#132;Unsere Stärke ist die Umsetzung"

Peter Stange ist Geschäftsführer der B.R.A.S.S.T. Bau, Berlin, www.brasst.de

von Peter Stange

#132;Unser Schwerpunkt liegt auf Wärme-, Strom- und Kälteanlagen bis 300 Kilowatt. Die Kraftwärmekopplung verfolgen wir besonders und wir sind Partnerbetrieb eines Blockheizkraftwerk-Herstellers. Einen bestimmten Zielmarkt streben wir nicht an, allein der Energiebedarf des Kunden entscheidet. Allerdings haben wir auch schon größere Projekte realisiert wie die Edison-Höfe in Berlin mit 1,8 Megawatt Leistung.

Wir sind darauf spezialisiert, die Leistungsinhalte eines Contracting umzusetzen. Das heißt: Entwicklung, Aufbau, Betriebsführung und Wartung der Anlagen. Da liegen unsere Stärken. Wir haben einen Kundendienst und ein eigenes Callcenter, das 24 Stunden besetzt ist. Wir stellen für große Contractoren wie etwa Energieversorger Anlagen auf oder betreiben welche in Eigenregie. Aber das Hauptaugenmerk liegt auf der Leistungserbringung.

Denn das Gesamtgeschäft Contracting ist auch eine Frage der Finanzierung, da lauern Risiken und Rückschläge.

Ein Beispiel: Wenn der Eigentümer einer Wohnanlage insolvent ist oder der Mietstand auf Null sinkt, dann haben Sie ein Problem und zwar ein richtiges. Dann hilft Ihnen auch keine Grundbucheintragung."

#132;Die Zeit ist reif"

Peter Tischmacher ist Inhaber der Tischmacher GmbH Gebäudetechnik- und Lüftungsbau, Edesheim (bei Landau, Pfalz).

von Peter Tischmacher

#132;Ich habe mich früh beim Contracting engagiert und beobachte den Markt genau. Allerdings habe ich mich in den vergangenen sechs Jahren auf die Rolle des Planers, Zulieferers und Umsetzers konzentriert #150; mit Erfolg übrigens. Es schien mir in dieser Zeit nicht sinnvoll, in direkte Konkurrenz zu den anderen Contracting-Anbietern zu treten. Zumal die Konkurrenz meist aus den Energieversorgern besteht.

Aber jetzt ist die Zeit gekommen, aus der Deckung zu treten.

Der Markt ist gereift und es werden Objekte ausgeschrieben, die ich mit meiner Größenordnung optimal abdecken kann. Mein Zielmarkt besteht im Absatz und Betrieb von Anlagen bis 150 000 Euro. Die erste Kommune in meiner Region hat nun ein Contracting-Projekt dieser Größenordnung ausgeschrieben. Das war das Signal für mich. Ich gehe die Wärmelieferung jetzt auch werblich an.

Die im Contracting tätigen Energieversorger haben einen Vorteil: die von Kunden unterstellte Langelebigkeit, die bei Vertragslaufzeiten von 15 Jahren ja auch wichtig ist. Den Großen wird da mehr zugetraut. Obwohl mein Betrieb auch schon in der vierten Generation besteht. So ist es leider oft für mittelständische Betriebe."

Expertentipp: Sicherheit für Kunden und Betriebe

"Garantie für störungsfreie Energielieferung"

Birgit Arnold ist Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied des Verbandes für Wärmelieferung e. V. (VfW) in Hannover,

www.energiecontracting.de

von Birgit Arnold

#132;Es gibt beim Contracting einen Punkt, auf den man achten sollte. Da es sich um ein langfristiges Geschäft handelt, bei dem es üblich ist, Verträge mit Laufzeiten zwischen 10 bis 20 Jahren abzuschliessen, muss während der gesamten Laufzeit die Energieversorgung sichergestellt sein. Aber was geschieht, wenn der Contractor ausfällt #150; zum Beispiel durch Konkurs oder Tod?

Der Verband für Wärmelieferung e. V. (VfW) hat ein Lösungskonzept entwickelt, das sowohl dem Gebäudeeigentümer als auch dem Energielieferanten große Vorteile und die nötige Sicherheit bringt.

Die Weiterbetriebsgarantie des VfW stellt sicher, dass bei Ausfall des Energielieferanten der Betrieb der Energieerzeugungsstation störungsfrei weiter läuft. Im konkreten Fall hat der Verband direkt nach Ausfall des Energielieferanten die Treuhänderschaft über die Anlage übernommen und einen qualifizierten Ersatzlieferanten als Nachfolger gesucht.

Der Verband für Wärmelieferung prüft als unabhängiger Dritter das Projekt auf rechtliche sowie kaufmännische Sicherheit und weist gegebenenfalls den Contractor auf Unsicherheiten hin. Das garantiert neben der Weiterbetriebsgarantie auch optimale Lieferverträge, angepasste Preisgestaltung und eine qualitativ hochwertige Energieversorgung.

Buchtipps zum Contracting?

Leitfaden Energie-Contracting #150; Wärmelieferung durch das SHK-Handwerk, Ausgabe 1999, Bestell-Nummer: T57, 112,15 Euro

Dieser Leitfaden bietet Basiswissen zum Contracting und soll gleichzeitig Unternehmern helfen, dieses Geschäftsfeld für sich zu erschließen. Dazu werden alle wichtigen Aspekte behandelt: Marketing, Finanzierung, Fördermaßnahmen, Vertragsgestaltung, technische Ausführung, Versicherungen und Kooperationsmöglichkeiten.

Contracting Handbuch 2003. Energiekosten einsparen: Strategien #150; Umsetzung #150; Praxisbeispiele, von Ulrich Bemmann, Sylvia Schädlich, 400 Seiten, Deutscher Wirtschaftsdienst, März 2003, 64 Euro, ISBN: 3871565555

Unternehmer sollen mit Hilfe dieses Buchs Contracting erlernen, also den Mix aus Energie- und Finanzdienstleistung, und eigenständig umsetzen. Der Autor beschreibt, wie sich Contracting zum Vorteil von Kunde und Auftragnehmer gestalten lässt. Neben der Wirtschaftlichkeit spielen praktische Fragen eine besondere Rolle: Versicherungsthemen, Steuerfragen und DIN-Normung. Der Autor verschließt nicht die Augen vor den Risiken und Hemmnissen des Contractings, sondern spricht sie offen an. Praxisbeispiele runden das Buch ab. Der Autor Ullrich Bemmann ist Dipl.-Ing. der Energietechnik und sein Spezialgebiet sind regenerative Energien. Sylvia Schädlich ist ebenfalls Ingenieurin der Energietechnik und ist Vorstandsmitglied des Verbands für Wärmelieferung e.V. (VfW).

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