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Betriebsübergabe

Noch kein Nachfolger in Sicht?

Wenn die Kinder den Betrieb nicht übernehmen wollen, muss ein anderer Nachfolger her. Doch wo sollen Handwerker suchen und was zählt bei der Übergabe wirklich?

von Martina Jahn

In zwei Jahren will Marie-Luise Schierkolk die Nachfolge für den Betrieb geklärt haben, in den sie vor 35 Jahren mit eingestiegen ist. Ihr Mann hat in dem Betrieb gelernt. "Wir haben uns mit dem Thema Nachfolge schon beschäftigt", sagt Schierkolk. Beide sind jetzt 60 Jahre alt und denken langsam an den Ruhestand.

So wie den Schierkolks wird es bis 2014 schätzungsweise 110.000 Familienunternehmen in Deutschland gehen. Das hat das Institut für Mittelstandsforschung (IFM) in Bonn errechnet. In Niedersachsen stehen der Schätzung zufolge 9800 und in Sachsen-Anhalt 2200 Betriebe vor der Übergabe. Die häufigsten Gründe der Nachfolgersuche sind demnach das Erreichen des Ruhestandsalters (86 Prozent), die Übergabe aufgrund von Tod (10 Prozent) oder Krankheit des Eigentümers (4 Prozent).

Das SHK-Unternehmen mit zehn Mitarbeitern hat sich im Bad- und Solarbereich einen Namen gemacht, die Geschäfte laufen gut. Dass die Kinder nicht im Betrieb bleiben würden, steht schon lange fest. Mittlerweile ist das Thema präsenter denn je. Schierkolk liebäugelt damit, dass die beiden angestellten Meister den Betrieb in Rodewald übernehmen. Die endgültige Entscheidung steht noch aus.

Angestellte Meister sind die Favoriten
Die Übergabe an angestellte Meister hätte Vorteile: "Sie haben oft engen Kontakt zu Kunden und Geschäftspartnern und kennen die Strukturen der Firma", sagt Matthias Zieler, Betriebsberater bei der Handwerkskammer Magdeburg. Außerdem hätten die scheidenden Eigentümer das Gefühl, dass alles in guten Händen ist. Das wäre auch bei Schierkolks der Fall: Die Meister haben im Betrieb gelernt.

Doch wo können Handwerker Nachfolger finden, wenn nicht im eigenen Betrieb? Zieler empfiehlt die Betriebsbörse der Kammern, die mit dem bundesweiten Nachfolgeportal www.nexxt-change.org zusammenarbeiten. Wer den Kontakt zur Kammer sucht, könne damit rechnen, dass sie auch potenzielle Existenzgründer auf frei werdende Chefposten aufmerksam mache.

Egal ob intern oder extern: Im Idealfall sollten zwischen dem Beginn der Nachfolgersuche und der Betriebsübergabe fünf Jahre liegen, sagt Zieler. Zwei Jahre seien gängige Praxis, doch die sind unbedingt erforderlich. "Wer von außerhalb kommt, muss den Betrieb und die Strukturen kennenlernen. Der neue Chef muss eingearbeitet und Kunden und Geschäftspartnern vorgestellt werden. Das geht nicht von heute auf morgen", betont der Betriebsberater.

Der Sympathiewert muss stimmen
Steht der Nachfolger fest, müssen beide Seiten testen, ob die Chemie stimmt. "Persönliche Interessen und Eigenschaften spielen eine große Rolle. Das birgt Konfliktpotenzial", sagt Zieler. Schon deshalb sei eine längere Vorlaufzeit nötig. Zieler habe schon erlebt, dass die Übergabe aufgrund persönlicher Differenzen scheiterte.

"Wer aussteigt, kann oft schlecht loslassen und möchte den Betrieb mit gutem Gewissen abgeben", weiß der Experte. Und das funktioniere nur, wenn man sich einig ist. Dass der Nachfolger Strukturen verändert und frischen Wind in den Betrieb bringt, sei normal und schade den Unternehmen nicht.

Damit sie für den Übergabeprozess gewappnet sind, haben Marie-Luise und Gerhard Schierkolk in diesem Jahr an einem Nachfolgeseminar der Kammer Hannover teilgenommen. "Viel Zeit ist schließlich nicht mehr", sagt die Unternehmerfrau.   

So sichern Sie sich ab

Ist ein Nachfolger in Sicht, müssen Chefs folgende Dinge beachten:

Kredite: Hat der alte Chef noch Kredite auf den Betrieb ­laufen, muss er sicherstellen, dass der Nachfolger sie übernimmt und zu welchen Konditionen. Übernimmt er sie nicht, müssen Sie das auch schriftlich regeln.

Gewährleistungen: Sichern Sie per Vertrag, ab welchem Zeitpunkt der Neue die Gewährleistungspflichten für bereits abgeschlossene Aufträge übernimmt. Finden Chefs keine Lösung, sind die Justiziare der Handwerkskammer die ersten Ansprechpartner.

Bewertung: Wollen Sie den ­Betrieb verkaufen, übernimmt die Handwerkskammer eine ­Bewertung in den Bereichen Grund und Boden, Maschinen und Betriebswirtschaft. Dann steht der Kaufpreis fest. Banken vergeben unter Umständen leichter Kredite, wenn sie wissen, was der Betrieb wert ist.

Bürgschaft: Sie können Sie sich zur Absicherung eine Bürgschaft geben lassen. Entweder von der Bank des Käufers oder von einem zahlungsfähigen Dritten.

Unterwerfungsklausel: ­
Nehmen Sie in den Kaufvertrag eine ­sogenannte Unterwerfungs­klausel auf und lassen Sie das Ganze ­notariell beurkunden. Damit ­unterwirft sich der Käufer automatisch einer Zwangs­­voll­streckung, wenn der Betrag fällig ist.

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