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Markenaufbau

Nur Nullen haben keine Kanten

Unternehmenswerte leben – mit Mut zu einem klaren Profil, gelebter Unternehmenskultur und kluger Kommunikation mit kleinen Mitteln. So erreichen Betriebe heute ihre Kunden. Wie das in der Praxis funktioniert, verrät Marketingexpertin Andrea Eiger.

Zeit für neue Ideen im Marketing:

Marketing

Ambitioniert und gut im Geschäft:
Diese Handwerksmeister treibt längst nicht mehr um, woher sie den nächsten Auftrag bekommen, egal welcher Art. Sie wollen die Aufträge, die Spaß machen. Sie wollen die Aufträge, die sich lohnen. Sie wollen die Aufträge, hinter denen Wunschkunden stehen, mit denen das Arbeiten Freude und nicht Stress macht. Sie wollen die guten und engagierten Mitarbeiter, mit denen sich all das auch verwirklichen lässt. Sie wollen raus aus dem Image des x-beliebigen Handwerksbetriebs. Hin zu einem Unternehmen, das wertgeschätzt und anerkannt wird. Hin zu Leistungen, die begehrt und etwas Besonderes sind. Hin zu einem guten Ruf bei Jobbewerbern, die den Betrieb aus der Fachkräftemangel-Bredouille bringen.

Ob das ein bisschen viel Wollen ist? Viel eher deutet sich hier ein neuer Trend im Handwerk an. Diese Handwerksmeister wollen weg vom austauschbaren Betrieb, hin zum Handwerksunternehmen mit klarer Marken-Kante. Denn das machen die großen Konzerne vor: Wer ein Markenprodukt, eine Markenleistung statt No-Name-Ware verkauft, verkauft sie zu besseren Preisen. Wer eine Marke ist, bindet seine Kunden nicht nur sachlich, sondern auch emotional an sich. Wer Markencharakter hat, weckt Begehrlichkeiten und setzt eine Weiterempfehlungskette in Gang. Und nicht zuletzt: Wer als Marke wahrgenommen wird, kann sein Image, seine Angebotspalette deutlich besser steuern und seinen Betrieb als ganzen nach den eigenen Vorstellungen gestalten. Das klingt alles gut. Und das Beste: Es ist machbar.

Der Kern ist das Profil
Jeder Betrieb hat eine unverwechselbare DNA. Nur: Die Mehrheit macht sich die eigene Besonderheit nicht bewusst, arbeitet nicht damit und versäumt, sie Mitarbeitern und Kunden klar zu vermitteln. Womit schon die erste Aufgabe auf dem Weg zur Marke ins Visier genommen wäre: die Profilbildung. Profil ist nicht das, was Kunden und Mitarbeiter von einem Betrieb selbstverständlich erwarten: dass eine KFZ-Werkstatt Autos repariert, ein Stuckateur verputzt oder ein Raumausstatter Vorhänge näht, ist keine bemerkenswerte Überraschung. Profil ist dagegen, was den Raumausstatter von seinen Raumausstatter-Kollegen unterscheidet, seine Einzigartigkeit ausmacht und von ihm mit tiefster Überzeugung gelebt wird.

Für diese Profilbildung gibt es handfeste Ansatzpunkte. Profilbildung kann beispielsweise über einen funktionalen Gesichtspunkt wie eine klare fachliche Spezialisierung erfolgen: Da gibt es den Friseur, der sich der Königsdisziplin der Haarkoloration, der Blondierung, ganz verschrieben hat. Oder den österreichischen Küchenbauer, dessen Spezialität haustiertaugliche Küchen sind – neben dem gesamten gewohnten Service. Profil lässt sich auch aus Stärken gewinnen, die im Betrieb schlummern und das Bild des Betriebs auf emotionale Art aufladen: nachgewiesene Kompetenz, eine besondere Firmengeschichte, Auszeichnungen oder private Talente des Betriebsinhabers sind hier die Schatzkästchen, in denen das eigenständige Profil zu finden ist.

So, wie es ein Maler aus Schwaben macht, indem er seine Liebe zur Musik mit seiner Liebe zur Farbgestaltung im wahrsten Sinne in Einklang bringt. Profil sprudelt auch aus Quellen, die die Haltung eines Betriebs, sein überbetriebliches Engagement oder seine Bodenständigkeit und Regionalität zum Thema haben oder die Menschen hinter dem Betrieb in den Mittelpunkt stellen: Ein kleines Holzbauunternehmen am Bodensee setzt darauf und vermittelt das Bild von den ehrlichen, kernigen Zimmermännern und -frauen extrem griffig und glaubwürdig.

Die größte Herausforderung auf dem Weg zum eigenen Markenprofil besteht darin, sich für einen schlüssigen betrieblichen Charakter zu entscheiden – und all das andere, was man vielleicht auch noch ist, wegzulassen. Vielleicht eckt man damit öfter an, vielleicht verliert man etwas an Stromlinienförmigkeit, womöglich kann man sich dann nicht mehr hinter einer schwammigen Kontur verstecken. Doch das ist gewollt. Weil, provokant zugespitzt: Nur Nullen haben keine Kanten.

Eine Marke hat Gestaltungsfreiheit
Steht das Markenprofil, muss es natürlich sicht- und spürbar übersetzt werden für die Menschen, die der Betrieb erreichen will. Das beginnt bei der genauen Skizzierung der Kunden- und der Mitarbeiterpersönlichkeiten, die angesprochen werden sollen. Und es umfasst die Ausrichtung der gesamten Kommunikation, vom Erscheinungsbild und von Werbemitteln bis zur Websitegestaltung und dem Social-Media-Auftritt, auf das Profil und den Markenkern des Handwerksbetriebs. Die Umsetzung dieser Maßnahmen geht selbstredend nicht von heute auf morgen: Eine Marke zu führen und sie zu etablieren – das ist auch im Handwerk kein Sprint, sondern ein Marathon.

Doch diese Ausdaueraufgabe scheint den Betrieben, die sich auf den Markenweg begeben haben, sehr viel Freude zu machen: Eine genaue Vorstellung von der eigenen Marke ist für den Betrieb ein wertvoller Kompass, der die Marschrichtung vorgibt – über Vieles muss dann nicht mehr langwierig nachgedacht und diskutiert werden. Der Hauptgewinn für einen Betrieb, der als Marke wahrgenommen wird, ist jedoch das Mehr an Handlungsfreiheit, das immer mehr Handwerksmeister anstreben: Denn Markenbetriebe gestalten ihren Markt selbst, statt Spielball des Markts zu sein.

Die Autorin Andrea Eigel ist Expertin für Handwerk und Mittelstand. Sie berät und trainiert seit über 20 Jahren Unternehmer und ihre Mitarbeiter in besserer Kommunikation und zielgerichtetem Marketing. Ihr begehrtestes Thema bei Vorträgen, Seminaren und den individuellen Beratungen ist derzeit die Fragestellung: Wie wird mein Betrieb zur Marke? Mehr zu ihrem Beratungs-, Seminar- und Vortragsangebot zu diesen Themen stellt sie vor auf www.handwerkstrainerin.de

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