von Jörg Wiebking
Öko hier und Bio da. Viele Unternehmen reagieren auf das wachsende Umweltbewusstsein der Deutschen. Denn rund die Hälfte unserer Mitbürger hält den Umweltschutz für sehr wichtig, 25 Prozent sehen in ihm sogar das wichtigste Problem überhaupt, wie eine Studie des Umweltbundesamtes zeigt. Mit so viel Haltung muss sich doch Geld verdienen lassen, oder nicht?
Kühle Rechner überwiegen
Die Praxis sieht etwas komplizierter aus, weiß Anne Schütte, Umweltberaterin der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen. Das ist auf jeden Fall ein Markt, aber leicht ist es nicht, damit Geld zu verdienen. Für Umweltschutz seien viele, doch wer dafür auch zu zahlen bereit sei, das steht auf einem anderen Blatt. Dennoch lässt sich auf diesem Markt erfolgreich wirtschaften. So hat Detlev Pape sein Unternehmen, die ode Energie- und Sicherheitstechnik GmbH in Göttingen, vor fünf Jahren neu ausgerichtet: vom Elektrofachbetrieb zum Anbieter von regenerative Energien und Sicherheitstechnik. Die regenerativen Energien machen bei uns inzwischen 65 Prozent des Umsatzes aus - und das bei stetigem Wachstum, berichtet der Elektromeister. Pape ist selbst seit mehr als 30 Jahren auf diesem Gebiet engagiert, ein Spezialist für Wärmepumpen, Photovoltaik und Solarthermie. Der Umweltschutz ist ihm ein Anliegen, nicht nur ein Auskommen. Dennoch weiß er, dass für die Kunden irgendwann nur noch wirtschaftliche Fragen zählen. Ich habe in den vergangenen fünf Jahren höchsten sieben Gespräche geführt, bei denen am Ende die Ökologie den Ausschlag gegeben hat. Die Kunden kommen zwar mit der Frage nach umweltfreundlicher Energie zu ihm, doch jedes Gespräch schwenke irgendwann um. Denn es sind keine ausgewiesenen Ökos, sondern ganz normale Leute, die sich für diese Angebote interessieren.
Betriebe müssen glaubhaft sein
Genügt es also, mit Technik und Kalkulation zu argumentieren? Keineswegs, meint Pape. Die Glaubwürdigkeit beim Umweltschutz erwarten seine Kunden ebenso. So hat der Unternehmer eine lebende Ausstellung eingerichtet, in der Kunden wie auch Schulklassen und Kindergärten anschauen und ausprobieren können, wie die regenerative Technik funktioniert. Ohne diese Ausstellung wären wir heute nicht da, wo wir stehen. Denn die Kunden wollen nicht nur sparen und umweltfreundlich investieren - sie wollen sich auch sicher sein, dass Öko drin ist, wenn Öko draufsteht. Dieses Geschäft ist sehr beratungsintensiv, betont Pape. Zumal sich die Kunden oft selbst vorher umhören und ihre Infos gerne einbringen. Darum mussten auch seine Mitarbeiter dazu lernen - technisch und im Umgang mit derart interessierten Kunden.
Wer auf umweltfreundlich umsteigen will, muss dicke Bretter bohren, bestätigt Anne Schütte. Kein schnelles Zusatzgeschäft, keine Angebote, die sich praktisch von selbst verkaufen. Auf der anderen Seite laufen schnell Kosten auf (siehe Aufwand prüfen). Wer da einsteigen will, sollte sich genau überlegen, ob er das auch leisten kann, rät Schütte. n
Aufwand prüfen vor dem Start
Wer vom wachsenden Umweltmarkt profitieren will, sollte zunächst einige Fragen klären, rät Umweltberaterin Anne Schütte von der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen.
Profil: Wie passen ökologische Produkte und Leistungen in das Unternehmensprofil? Was lässt sich auf Öko umstellen, was könnten Sie zusätzlich anbieten? Welche Leistungen sollten Sie auf jeden Fall weiterhin klassisch anbieten, und vielleicht auch parallel als ökologische Variante?
Einkauf: Welche Lieferanten bieten welche umweltfreundlichen Rohstoffe, Techniken und Produkte an? Wie zuverlässig sind die Beschaffungswege, welche Mehrkosten entstehen, und werden Ihre Kunden Mehrkosten und vielleicht auch Wartezeiten akzeptieren?
Produktion: Können Sie Ihre Leistungen problemlos zweigleisig anbieten oder müssen Sie für getrennte Prozesse sorgen? Falls ja: Wie lässt sich das bewerkstelligen? Müssen Sie in spezielle Maschinen investieren?
Qualifikation: Müssen sich Ihre Mitarbeiter weiterbilden, um neue Rohstoffe und Techniken richtig einsetzen und Kunden informieren zu können? gt;
Nachfrage: Welche Marktchancen haben die neuen Angebote? Können Sie zunächst Bestandskunden versorgen oder müssen Sie von Anfang an mehr investieren, um neue Kundengruppen zu erschließen.