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Foto: handwerk.com

Lenk- und Ruhezeiten

Ohne Papierkrieg über die Runden

Handwerker mit Kleinlastern müssen ihre Lenk- und Ruhezeiten nicht mehr dokumentieren. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Wer fertige Produkte transportiert, den bremst die Bürokratie.

Die berüchtigte Schikane ist jetzt entschärft: Die "50-Kilometer-Marke" zwingt bei vielen Touren nicht mehr zum Bremsen. Handwerker, die einen Transporter mit einem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen steuern, können künftig beliebig weit fahren, ohne ihre Lenkzeiten aufzeichnen zu müssen. Vorausgesetzt, sie transportieren ausschließlich Material, Ausrüstung oder Maschinen zur Ausübung der handwerklichen Tätigkeit. Und verstoßen nicht gegen das Arbeitszeitgesetz. Weitere Erleichterung: Freie Fahrt ohne Papierkrieg haben auch Unternehmer mit leichten "Verkaufsfahrzeugen", die auf Märkten zum Einsatz kommen.

Kammern und Verbände loben die geplanten Regelungen als "praxisgerecht", üben aber an einigen Punkten massive Kritik. So nimmt der Gesetzgeber Handwerker wie bisher an die Kandare, wenn sie mit "fertigen Produkten" unterwegs sind. Dabei ist es egal, ob diese aus dem eigenen Betrieb stammen oder zugekauft sind. "Ein Tischler, der fertige Fenster oder Türen zum Kunden liefert, oder ein Bäcker, der Brot oder Brötchen ausliefert, soll aufwändige Nachweise für seine Fahrten führen #150; wo bleibt da der Bürokratieabbau?", moniert der Präsident der Handwerkskammer Lüneburg-Stade, Gernot Schmidt.

Fraglich ist aus Sicht von Handwerksvertretern nicht nur, warum für solche Touren schon ab dem ersten Kilometer die Nachweispflicht beginnen kann. Sondern auch, wie die Polizei bei Verkehrskontrollen handwerkliche Produkte und Komponenten immer sicher auseinanderhalten will. Und wie sie defekte oder reparierte Waren einstuft. Hintergrund der Kritik: Die bisherige Regelung führt dazu, dass die Polizei mit Handwerkern nicht selten verfährt, als wären sie Fuhrunternehmer.

Schmidt und andere Handwerksvertreter fordern, Kleinlaster von Handwerksbetrieben "pauschal vom Geltungsbereich der Verordnung herauszunehmen". Außerdem müsse für Transporter mit mehr als 3,5 Tonnen die 50-Kilometer-Barriere beseitigt werden. Zumindest gelte es, mittelstandsfreundliche Ausnahmeregelungen festzulegen, wenn Handwerker mit Brummis nur wenige Male im Jahr weiter als 50 Kilometer von der Firma wegfahren. Ein digitaler Tachograf #150; seit Mai 2006 vorgeschrieben #150; sollte Unternehmern in derartigen Fällen erspart bleiben. Die "Regeln, Anschaffungs- und Begleitkosten" bürden Kleinbetrieben schwerwiegende finanzielle und bürokratische Lasten auf", warnt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Der Verband verlangt, dass die Dokumentationspflicht für Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7 Tonnen erst ab Kilometer 150 gilt. Dass ausgerechnet Handwerker mit Vehikeln ab 3,5 Tonnen schon bei 50 Kilometern ausgebremst werden, sei logisch "nicht nachvollziehbar", sagt ZDH-Referent Carsten Benke. Gartenbauer und Landwirte seien bis 100 Kilometer von der Dokumentationspflicht freigestellt, Transporteure tierischer Nebenprodukte bis 250 Kilometer. Für Wasser-, Gas- und Stromversorger oder Telefonfirmen gebe es sogar keinerlei Einschränkung, erläutert der Verkehrsexperte.

Dass "schweren" Transportern mehr Aktionsradius zugestanden wird, ist kurzfristig nicht zu erwarten. Denn "hier greift europäisches Recht, die Umsetzung wird dauern", sagt Benke. Bis dahin gelte es, den Druck auf Kleinbetriebe auf nationaler Ebene zu verringern. Handwerker bereits nach einmaligem oder geringfügigem Verstoß gegen die 50-Kilometer-Regel zu verpflichten, einen digitalen Tachografen anzuschaffen, widerspreche dem "Gebot der Verhältnismäßigkeit", stellt der ZDH klar.

Mehr Klarheit erwartet man sich auch bei den Kontrollen. "Polizei und Handwerk brauchen zur Umsetzung der komplexen Regelungen bundesweit einheitliche, praxisgerechte Ausführungsbestimmungen. Es soll ja nicht vor Ort zu Konflikten um die Einschätzung eines einzelnen Transportvorgangs kommen #147;, betont Benke.

Wie diese Bestimmungen im Detail aussehen, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob noch nachgebessert wird bei der Fahrpersonalverordnung. Das neue Fahrpersonalgesetz ist am 14. Juli in Kraft getreten. Die entsprechende Verordnung wird gerade umgesetzt. Das Bundesverkehrsministerium sieht offenbar nachträglichen Bewegungsspielraum: "Die Forderungen des Handwerks könnten Thema bei der nächsten Konferenz mit den Landesverkehrsministern im Herbst sein", sagt ein Sprecher der Behörde.

(mfi)

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