
Der Mann ist medienerfahren. Der Chef der Firma Wolf Elektrotechnik in Bad Honnef hat bereits für verschiedene Fernsehsender Handwerksunternehmer getestet. Das ZDF-Format "Der Oma-Trick" war aber auch für Stefan Wolf eine neue Erfahrung.
Der Ablauf: Eine Seniorin hatte "Handwerker" für eine Kühlschrankreparatur in ihre Küche bestellt, Wolf saß im Nebenzimmer und flüsterte ihr während der Reparatur Fragen ein, die sie dann den Servicetechnikern gestellt hat (wir berichteten). Ein launiges Konzept. Weil dieser Test aber so überaus mies für das Handwerk ausgegangen ist, haben wir uns mit Wolf über die Details des Drehs unterhalten – und Hintergründe erfahren, die das ZDF den Zuschauern vorenthalten hat.
Herr Wolf, wie sind die Betriebe, die Oma Penski getestet hat, eigentlich ausgewählt worden?
Wolf: Über das Prinzip Zufall, die kannte vorher keiner, das waren die erstbesten Betriebe aus dem Branchenbuch.
Was wäre denn anders gewesen, wenn Oma Penski zufällig Ihren Betrieb angerufen hätte?
Wolf: Alles wäre anders gewesen. Wissen Sie, wir sitzen in Bad Honnef, da wäre so etwas ganz einfach nicht möglich. Das ist ein Großstadtproblem.
Großstadtproblem? In welcher Stadt wurde denn getestet? Lesen Sie Seite 2.

Wieso, in welcher Stadt wurde denn getestet?
Wolf: In Berlin. Bad Honnef hat 25.000 Einwohner, Berlin mehr als 3,5 Millionen. Das ist jetzt eine reine Vermutung, aber der Großteil der Firmen, die bei Oma Penski aufgelaufen sind, waren keine richtigen Betriebe.
Und wie definieren Sie den Begriff "Betrieb"?
Wolf: Ein richtiger Betrieb hat einen fähigen Meister und richtige Kundendienstmonteure, die auf Fortbildungen geschickt werden. Der bildet junge Leute aus, die später zu Fachkräften werden. Das ganze Programm. Die meisten Betriebe aus dem Oma-Trick waren nach meinem Eindruck einfach nur Einsammler.
Könnte es nicht sein, dass die Betriebe in Berlin ganz einfach keine guten Leute finden?
Wolf (lacht): Nein, ich bleibe dabei, das sind einfach nur Einsammler – und das ist ein Großstadtproblem. Der Handwerker, der den Fehler tatsächlich behoben hat, hatte nämlich einen entscheidenden Vorzug, er hatte ein richtiges Messgerät dabei. Die anderen nicht. Da waren sogar Leute dabei, die nicht genau sagen konnten, von welcher Firma sie eigentlich kommen.
Bitte? Wie kann denn das sein?
Wolf: Das ist jetzt eine reine Vermutung, aber ich nehme an, dass die von einer Zentrale angerufen worden sind, die solche Reparaturen organisiert. Die "Außendienstler" sammeln die Geräte ein. Der Imageschaden, der dadurch angerichtet wird, ist extrem – aber das ist natürlich auch ein Kundenproblem.
"Was für ein Haifischbecken!" Lesen Sie Seite 3!

Kundenproblem? Das müssen Sie erklären.
Wolf: Der Kunde, der glaubt, dass ihm einer etwas schenken kann, liegt klar daneben. Ich habe 15 Mitarbeiter, die stehen bei mir in Lohn und Brot, die wollen am Monatsende pünktlich ihr Geld. Ich kann keine Anfahrt verschenken, kein Ersatzteil, ich kann keine großen Rabatt-Aktionen starten. Da gibt es dieses alte Sprichwort: 'Rabatt, Rabatt, was soll ich sagen, wurd' meistens vorher draufgeschlagen'.
Das heißt, dass die mangelnde Wertschätzung und die Schnäppchenmentalität von Kunden zu Berliner Verhältnissen führen kann?
Wolf: Als Handwerker würde ich das so unterschreiben, ja.
Aber wie geht denn ein Kunde vor, der die Arbeit von Handwerkern wertschätzt und gute Betriebe sucht?
Wolf: Wie in Bad Honnef, man muss sich umhören. Ein A.A.A.-Notdient ist nicht unbedingt die beste Empfehlung. Da hat eine neue Kundin von mir kürzlich für den Tausch einer Sicherung 350 Euro bezahlt. Wenn meine Leute an einem Feiertag den Notdienst übernehmen, nehmen wir auch einen Zuschlag. Aber das können wir den Leuten erklären – und das teilen wir ihnen auch vorher mit.
Was war denn Ihre erste Reaktion, als Sie die "Kollegen" in der Küche von Oma Penski erlebt haben?
Wolf: Ganz ehrlich, ich war richtig erschrocken. Ich bin nach dem ersten Drehtag nach Hause gekommen und habe meinen Jungs gesagt, Leute, so etwas habe ich noch nicht erlebt – was für ein Haifischbecken. Ich habe für den WDR auch schon Betriebe in Köln getestet, aber das ist alles harmlos im Vergleich zu dem, was ich in Berlin erlebt habe.
Kleiner Nachtrag: Nach diesem Gespräch drängen sich Fragen auf, die wir dem ZDF stellen werden. Warum wird in der Auftaktfolge der Serie "Der Oma-Trick" mit keiner Silbe erwähnt, dass ausschließlich Betriebe in Berlin getestet worden sind? Müsste den Redakteuren nicht klar sein, dass sie über ein Großstadtphänomen berichtet haben? Ist es nicht völlig sinnfrei über Berliner Verhältnisse und spezialisierte Abzocker zu informieren, ohne das Thema (die unseriöse Arbeit von "Einsammlern") für den Zuschauer genauer einzuordnen? Und ist das nicht wiederum ein geradezu fahrlässiger Umgang mit dem Image des Handwerks? Über die Antworten der ZDF-Pressestelle halten wir Sie auf dem Laufenden.
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(sfk)
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