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Darf ich als Chef einen Corona-Test von meinen Mitarbeitern verlangen?

Inhaltsverzeichnis

Corona

Pandemie: Wann dürfen Chefs Corona-Tests verlangen?

Ein infizierter Mitarbeiter kann Kollegen und Kunden anstecken, im schlimmsten Fall droht die Betriebsschließung. Doch darf ich von Mitarbeitern Corona-Tests verlangen?

Auf einen Blick:

  • Ohne Grund darf ein Arbeitgeber keinen Corona-Test von Mitarbeitern verlangen.
  • Ausnahmen sind möglich, wenn ein gesteigertes Interesse vorliegt, etwa weil der Arbeitnehmer Symptome zeigt, aus einem Risikogebiet zurückkommt oder Hygieneregeln nicht eingehalten werden können, sagen Fachanwälte für Arbeitsrecht.
  • Es gibt aber noch keine gerichtliche Entscheidung zur Zulässigkeit von Corona-Tests.

Was darf ein Arbeitgeber von Mitarbeitern verlangen, um das Einschleppen des Corona-Virus in seinen Betrieb zu verhindern? Ist ein verpflichtender Corona-Test vor der Arbeit zulässig? Und was passiert, wenn der Mitarbeiter ihn verweigert?

Erster Prozess wegen Corona-Test liefert nur Signal

Das Arbeitsgericht Offenburg hat jetzt den Eilantrag eines Klägers zurückgewiesen, dem sein Arbeitgeber den Zugang auf Werksgelände verwehrt hatte. Alle Beschäftigten waren laut einer Betriebsvereinbarung verpflichtet, vor der Arbeit einen PCR-Test vornehmen zu lassen, der Mitarbeiter hatte sich geweigert. Allerdings sah das Gericht zunächst nur die Eilbedürftigkeit nicht als erwiesen an. Der Kläger kann also Berufung einlegen. Aber was bedeutet das für andere Arbeitgeber?

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„Es ist auf jeden Fall ein Signal, das die Richter gegeben haben“, sagt Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Heidelberg. „Wenn das Eilverfahren abgewiesen wird, bedeutet das, dass der Arbeitnehmer weiterhin nicht zur Arbeit kommen darf, solange der Test nicht vorgenommen wurde.“ Zudem könnten ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung drohen, weil er seinen Teil des Arbeitsvertrages nicht erfülle.

Arbeitgeber muss gesteigertes Interesse begründen können

Doch ist es nun rechtens, von den Mitarbeitern einen Corona-Test zu verlangen? „Möglich ist dies nur, wenn der Arbeitgeber ein gesteigertes Interesse hat“, erklärt Joanna Zoglowek, Rechtsanwältin bei CMS Hasche Sigle in Köln. „Es muss ein besonderer Verdachtsmoment bestehen. Dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer an Erkältungssymptomen leidet.“

Doch auch ohne Symptome könne ein Arbeitgeber einen Corona-Test verlangen, meint Michael Eckert. Allerdings müsse der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse nachweisen. „Es kommt darauf an, wie groß die Gefahr ist, dass sich jemand ansteckt und welche anderen Schutzmaßnahmen diese Gefahr verringern könnten“, so Eckert.

Dies könne seiner Ansicht nach in folgende Fällen sein:

  • Die vorgeschriebenen Abstände können bei der Tätigkeit nicht (immer) eingehalten werden.
  • Der Mitarbeiter kommt aus einem Risikogebiet zurück.
  • Der Mitarbeiter verstößt gegen geltende Hygieneregeln wie Maskenpflicht.
  • Mehrere Menschen arbeiten in einem Raum.

Auch wer als Handwerker beispielsweise in einer Pflegeeinrichtung arbeitete, könne ohne besonderen Verdacht zum Test geschickt werden. Entscheidend sei aber die konkrete Situation. „Wenn der Handwerker dort allerdings nur im Keller eine Wasserleitung reparieren muss und niemand weiter dort ist, sieht die Sache anders aus als wenn ein Gebäudereiniger auf einer Krankenstation arbeitet“, so der Arbeitsrechtler.

Muss der Arbeitgeber Lohnfortzahlung leisten?

Ist der Arbeitgeber in so einem Fall verpflichtet, Lohnfortzahlung zu leisten? Nein, meinen beide Arbeitsrechtanwälte: „Hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Vorlage oder Durchführung eines Corona-Tests und verweigert der Arbeitnehmer diesen, entfällt der Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleitung deswegen nicht annimmt“, meint Joanna Zoglowek.

Michael Eckert nennt zur Begründung die Fürsorgepflicht, die der Arbeitgeber gegenüber den anderen Mitarbeiter und Kunden hat.

Achtung: Noch gibt es keine Rechtsprechung zu diesem Thema, wie beide Anwälte betonen. Arbeitgeber sollten sich deshalb rechtlich beraten lassen.

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