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Foto: handwerk.com

Zorn um Zaun II

Plagiats-Prozess: Damit darf der Kunde nicht durchkommen

Oskar Hafen hat einen Kunden vor Gericht gezerrt, der seine Entwürfe abgekupfert haben soll. Wir zeigen Ihnen die Original-Zeichnungen und die Bilder des strittigen Zauns. Die Ähnlichkeit ist extrem – und daher schon fast zum Schmunzeln.

Hafen ist Metallgestalter in Meckenbeuren (Baden-Württemberg). Dass sich der Handwerksmeister vor Gericht gegen einen Kunden wehrt, hatten wir in der vergangenen Woche berichtet.

Herr Hafen, kommt es eigentlich öfter vor, dass Ihre Ideen geklaut werden?
Oskar Hafen: Ja, aber da muss man unterscheiden. Unsere individuellen Grabkreuze werden immer mal wieder fotografiert. Der Kunde geht dann zu seinem einheimischen Schlosser und legt ihm das Bild auf die Werkbank. Der Schlosserkollege denkt sich nichts Böses, erfüllt den Wunsch. Manchmal entdeckt man so etwas, ganz zufällig, meistens wahrscheinlich nicht. Aber damit gehe ich anders um, da halte ich mich zurück. Positiv gesehen: Das gefällt jemandem, da schätzt jemand meine Arbeit.

Wo liegt der Unterschied zum aktuellen Fall?
Hafen: Der Kunde ist ein betuchter Mensch, der ein Millionen-Projekt realisiert hat. Für das Innengeländer des Hauses konnte ihm sein Architekt keinen Entwurf liefern, der ihm gefallen hat. Darauf haben wir ein Geländer aus Bronze entworfen – und der Kunde war total zufrieden. Dann hieß es, Herr Hafen, ich brauche auch noch einen schönen Gartenzaun und Tore. Ich bin dann nach Hause gefahren, war kreativ, habe fünf Entwürfe gezeichnet, die die Charakteristik des Hauses berücksichtigen. Das Ganze haben wir dem Architekten geschickt. Keine Reaktion.

Bei diesem Anblick trifft den Metallgestalter der Schlag: Die komplette Bildstrecke sehen Sie hier.

"Einige Wochen später trifft mich der Schlag"

Wollen Sie die Bilder größer sehen? Einfach auf die Fotos klicken!

Und wie haben Sie auf das Schweigen reagiert?
Hafen: Ich habe einen Brief geschrieben. Sehr geehrter Herr, geben Sie mir bitte Gelegenheit, Ihnen unsere Entwürfe persönlich vorzustellen. Keine Reaktion. Da hatte ich eine Ahnung, sein Schlosser war ein Fußballkollege von ihm. Der Architekt hat dann tatsächlich durchblicken lassen, dass die Geschichte für uns erledigt sei, der Schlosser würde das übernehmen.

Von da an dürften Sie misstrauisch gewesen sein.
Hafen: Ja, das ist ja der Mist. Eigentlich bin ich nämlich der Ansicht, dass Gottvertrauen eine schöne Sache ist. Aber ich habe dann einen zweiten Brief aufgesetzt, weil ich den Braten roch: Sehr geehrter Herr, leider haben Sie unsere Entwürfe nicht angenommen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass unsere Entwürfe urheberrechtlich geschützt sind. Kein Echo. Einige Wochen später, ich war neugierig, fahre ich dort vorbei – und mich trifft der Schlag. Der Zaun wurde detailgetreu nach unserer Zeichnung gebaut.

Warum Oskar Hafen totz aller Hürden den Prozess durchzieht, erfahren Sie auf Seite 3.

"Die Prozesskosten sind es mir moralisch wert"

Hat der Kollege Ihre Entwürfe wenigstens gut umgesetzt?
Hafen: Na ja, so ein Entwurf ist von einem Schlosser natürlich herstellbar. Im Detail ist das nicht so gut geworden wie von uns gezeichnet. Optisch aber auf jeden Fall ansprechend. Wissen Sie, es gibt immer wieder Kollegen, die zu uns kommen und um Rat fragen. Das ist gar nicht ungewöhnlich. Dann bringt der eine eine Kiste Wein mit, der andere sagt danke oder fragt, was die Hilfe kosten soll. Diese Brücke hatte ich dem Kollegen gebaut. Ich hätte ihm das wie eine Architektenleistung verkauft und der Fall wäre erledigt gewesen.

Wie schützen Sie sich normalerweise vor dem Diebstahl Ihrer Ideen?
Hafen: Meistens gar nicht. Der Streitwert ist relativ gering. Mein Anwalt hat 4.000 Euro gefordert, die Richterin hat einen Vergleich von 1.500 Euro vorgeschlagen. Und das hätte ich angenommen, da setzt dann bei aller Wut wieder die Vernunft ein. Wenn ich am Schluss 300 Euro draufzahle, ist das in Ordnung, das ist es mir moralisch wert. Mir geht es nur darum, mich gegen Menschen zu wehren, die Macht durch Geld haben. Mit Geld kann ich gegen den nicht anstinken. Aber jetzt steht er in der Zeitung und im Internet – in Kressbronn weiß ja jeder, wer gemeint ist. Das ist fast schon Strafe genug.

(sfk)

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