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Kostenfalle BYOD

Private Handys im Betrieb lohnen sich nicht

Mitarbeiter nutzen private Smartphones oder Tablets bei der Arbeit – also spart der Chef Geld. Sollte er dafür nicht eine Aufwandsentschädigung zahlen?

Wenn Mitarbeiter eigene Geräte bei der Arbeit nutzen (Bring Your Own Device, kurz BYOD), sind viele Aspekte zu beachten, vom Datenschutz bis zu Haftungsfragen. Und dann gibt es noch eine andere Frage, die immer wieder auftaucht: Sollte der Chef das nicht finanziell honorieren? Immerhin sparen ihm die Mitarbeiter so ja einige Kosten.

„Das ist sehr schwierig, ich würde davon abraten“, sagt Dirk Witte, Steuerberater aus Oldenburg. „Der Aufwand wäre viel zu hoch“.

Seine klare Botschaft: Der Betrieb sollte alle für den betrieblichen Einsatz erforderlichen Geräte stellen – auch aus finanziellen Gründen. „Das ist unter dem Strich eindeutig die günstigste Lösung.“

Warum sich alles andere nicht lohnt – weder für den Chef noch für den Mitarbeiter, das erklärt der Experte hier:

1. Nutzung spitz abrechnen: zu aufwendig!
Das wäre für beide Seiten – Betrieb und Mitarbeiter – finanziell die beste Lösung. Der Betrieb erstattet genau den betrieblichen Nutzungsanteil und kann diese als Betriebsausgaben absetzen. Für den Mitarbeiter ist die Zahlung steuer- und sozialabgabenfrei.

  • Praxis-Problem #1: Der Anteil der betrieblichen Nutzung muss genau nachgewiesen werden. Das bedeutet: Einzelgesprächsnachweise Monat für Monat, anhand derer der Chef den betrieblichen Anteil an Gesprächs-und Grundkosten genau ermitteln kann. „Das bedeutet einen enormen Aufwand für Betrieb und Mitarbeiter“, warnt Witte. Ohne diesen Nachweis geht es nicht. Sonst würde das Finanzamt eine verdeckte Lohnzahlung vermuten, einen sogenannten geldwerten Vorteil. Und der ist steuer- und sozialabgabenpflichtig.
  • Praxis-Problem #2: Andere betriebliche Einsätze sind praktisch nicht nachzuweisen und damit auch nicht erstattungsfähig. Ihr Mitarbeiter kommuniziert mit Ihnen und Kollegen per WhatsApp oder schießt Fotos von der Baustelle, die er Ihnen schickt? Wie soll da der Anteil der betrieblichen Nutzung nachgewiesen werden? „Das geht einfach nicht“, sagt Witte.

2. Nutzung pauschal erstatten: zu aufwendig!

Alternativ könnte die betriebliche Nutzung pauschal abgegolten werden. Dafür gibt es klare Regeln vom Fiskus, doch auch die sind aufwendig.

Praxisproblem: Steuer- und sozialabgabenfrei ist diese Pauschale nur, wenn es eine vom Finanzamt anerkannte Berechnungsgrundlage gibt. Praktisch bedeutet das: Drei Monate sollte der Einzelnachweis für jedes Gespräch geführt werden. Daraus ergibt sich der durchschnittliche betriebliche Nutzungsanteil. Erst wenn der ermittelt und so dokumentiert wurde, ist eine entsprechende Pauschalierung für die Zukunft zulässig.

3. Nutzung pauschal erstatten: ohne Nachweise

Der Aufwand der Einzelnachweise lässt sich auch komplett umgehen: Der Betrieb zahlt dem Mitarbeiter einfach so eine angemessen erscheinende Pauschale.

Praxisproblem: Dann handelt es sich um einen geldwerten Vorteil, steuer- und sozialabgabenpflichtig. „Von der Pauschale bleiben bei einem durchschnittlichen Gesellenlohn nach Steuern und Sozialabgaben maximal 50 Prozent der Pauschale übrig“, schätzt Witte. Aber lohnt sich das noch? Je höher die Pauschale, desto mehr wird für den Mitarbeiter übrig bleiben. Doch je höher die Pauschale, desto eher würde es sich für den Betrieb lohnen, gleich ein Firmen-Handy für den Mitarbeiter anzuschaffen.

4. Stattdessen ein Gehaltsextra? Verboten!

Und wenn der Arbeitgeber die Aufwandsentschädigung nicht als solche deklariert? Sondern stattdessen als Ausgleich ein Gehaltsextra springen lässt, zum Beispiel einen Sachgutschein bis maximal 44 Euro Nennwert pro Monat? Vorteil: Darauf würden nur eine pauschalierte, deutlich geringere Lohnsteuer anfallen und gar keine Sozialabgaben.

  • Praxisproblem #1: „Finger weg“, warnt Witte, „so geht das schon rein rechtlich nicht, das wäre Steuerbetrug.“
  • Praxisproblem #2: Selbst wenn es steuerrechtlich erlaubt wäre, hätte Witte Bedenken. „Gehaltsextras sollen der Motivation dienen und eher zu besonderen Anlässen gewährt werden“, erklärt Witte. Denn die Wirkung verpuffe erfahrungsgemäß schnell, wenn es das Extra automatisch jeden Monat gibt. „Das Extra wird dann als selbstverständlich wahrgenommen – und eben nicht mehr als Extra.“ Mit diesem Effekt müssten Unternehmer also auch hier rechnen.
  • Praxisproblem #3: Wen das noch nicht abschreckt, der sollte sich mit einem Juristen unterhalten, am besten einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, rät Witte. „Da ist einiges zu beachten, damit aus dem freiwilligen Extra auf Dauer nicht eine Pflicht wird.“

Alternative Werbungskosten? Lohnt sich nicht!

Wäre es da nicht viel einfacher, wenn nicht der Chef für den finanziellen Ausgleich sorgt, sondern der Fiskus? Der Mitarbeiter könnte die betriebliche Nutzung doch als Werbungskosten ansetzen. „Theoretisch ja, praktisch ist das total schwer, zumindest bei Handys“, sagt Steuerberater Dirk Witte.

  • Praxisproblem #1: Der Aufwand ist zu hoch. Denn auch das funktioniert nur mit einem ständigen Einzelkostennachweis oder Pauschalierung auf der Basis eines mehrmonatigen Einzelkostennachweises. Der bedeutet für den Mitarbeiter in jedem Fall zeitlichen Aufwand. Hat er einen Tarif mit Flatrate, könnten Extrakosten für die Einzelnachweise hinzukommen, je nach Provider und Vertrag.
  • Praxisproblem #2:  Es lohnt sich nicht. Werbungskosten bedeuten nur, dass das zu versteuernde Einkommen sinkt.

    Ein Beispiel: Der Anteil der betrieblichen Nutzung liegt bei 20 Prozent. Die Flatrate kostet 35 Euro monatlich, davon 20 Prozent entspricht 7 Euro monatlich. Das zu versteuernde Einkommen sinkt also um 84 Euro. Die Steuerersparnis daraus: „Vielleicht 20 Euro im Jahr“, sagt Witte. Ähnlich sieht es bei den ebenfalls absetzbaren Gerätekosten an. Die wären über drei Jahre verteilt als Werbungskosten ansetzbar. Bei einem 900 Euro teuren Gerät wären das bei 20 Prozent betrieblicher Nutzung 180 Euro, über drei Jahre abzuschreiben, also 60 Euro pro Jahr. Steuerersparnis: rund 15 Euro im Jahr, je nach Steuersatz.
  • Praxisproblem #3: Arbeitnehmer können eine Werbungskostenpauschale von 1000 Euro jährlich ganz ohne irgendwelche Nachweise ansetzen. Mehr geht nur, wenn nachweislich mehr als 1000 Euro Werbungskosten im Jahr anfallen. Sonst ist die ganze Mühe umsonst.

Die Lösung: Firmenhandys und Gruppenverträge statt BYOD!

Unter dem Strich sei BYOD mit Kostenerstattung eben ein schlechtes Geschäft, so Witte. Also zurück zu seinem ersten Rat: Schluss mit BYOD, her mit Firmen-Geräten. „Den ganzen Verwaltungsaufwand kann man sich so sparen.“ Am günstigsten fahre, wer für die Firma gleich einen Satz Handys bestellt und dafür einen Gruppenvertrag mit Flatrates plus Festnetz für das Büro abschließt. Witte: „Das spart richtig Geld und Zeit – auch die ganzen anderen Probleme umgeht man damit.“

Und das Beste daran ist: Der Fiskus hat nichts dagegen, wenn Mitarbeiter die Geräte auch privat unentgeltlich mitnutzen, berichtet der Experte. „Die Kontrolle dieser Nachweise wäre nämlich der Finanzverwaltung zu aufwendig.“

Sonderfall: Werbungskosten für Kameras

Mitarbeiter nutzen nicht nur ihr Smartphone betrieblich. Manche haben einen Fotoapparat oder eine Video-Kamera dabei, schießen Bilder oder Videos für die Firmen-Website, Angebotsunterlagen …

Da gehe über die Werbungskosten schon eher etwas, berichtet Steuerberater Dirk Witte. Je höher der betriebliche Anteil, desto eher bleibt etwas übrig. Doch das ist an Bedingungen geknüpft:

  • Die betriebliche Nutzung muss vom Arbeitgeber veranlasst sein. Ideal ist eine Arbeitsanweisung, zum Beispiel. „Machen Sie regelmäßig hochauflösende Fotos für unsere Firmen-Website.“
  • Die Nutzung muss nachweisbar sein. „Das ist bei Videos oder Fotos kein Problem, denn die kann man ja leicht nachweisen.“
  • Der genaue betriebliche Nutzungsanteil ist in so einem Fall nicht zu ermitteln. „Aber das kann der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt aushandeln, wenn man glaubwürdig argumentiert“, sagt der Experte.

Unter diesen Voraussetzungen könnte der Mitarbeiter beim Finanzamt Werbungskosten für die Kamera geltend machen. Die Abschreibungsfrist hängt in dem Fall davon ab, ob die Kamera neu oder gebraucht angeschafft wurde und wie schnell das Modell veraltet.



Ein Beispiel

: Eine Videokamera kostet 1800 Euro. 50 Prozent betriebliche Nutzung = 900 Euro. Abgeschrieben über drei Jahre wären das 300 Euro Werbungskosten pro Jahr, um die das zu versteuernde Einkommen sinkt. Je nach Steuersatz läge die Steuererstattung in diesen drei Jahren bei rund 80 Euro jährlich.




 

(jw)

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