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Putzengel als Retter in der Not

Sie halfen, wo die Not am größten war: Die Azubis der LR Gebäudereinigung aus Barnstorf bauten Kindergärten in der Tsunami-Region in Sri Lanka.

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Von Michael Bartel amp; Torsten Hamacher

Diese Fahrt wird Alexander Herr wohl nie vergessen: Acht Stunden war er mit seinen Mitazubis von Colombo nach Hambantota in den Süden Sri Lankas unterwegs. Die Fahrt führte die kleine Gruppe über staubige Pisten und verschlungene Pfade hinab ans Meer. Sie sahen einen Landstrich, der tief gezeichnet war von einer unvorstellbaren Naturgewalt. Selbst gut ein halbes Jahr, nachdem die Wassermassen am zweiten Weihnachtstag 2004 über Sri Lanka hereinbrachen, waren die Folgen der Katastrophe noch allgegenwärtig trotz der damals weltweiten Spendenbereitschaft. Davon war noch nichts in der Krisenregion angekommen, erinnert sich Christian Hinsenhofen, der damals im elterlichen Gebäudereinigerbetrieb seine Ausbildung absolvierte.

Hinsenhofen und Herr sind Teil eines wahrscheinlich einmaligen Projektes. Gemeinsam mit Friedhelm und Angelika Hinsenhofen, der Geschäftsführerin der LR Gebäudereinigung GmbH, haben die Azubis des Handwerksbetriebs auf eigene Faust Hilfe für die Opfer des Tsunamis organisiert. Bis heute haben sie mehr als 125 000 Euro zusammen gebracht, vor Ort sechs Kindergärten gebaut und aktiv beim Wiederaufbau nach der Katastrophe geholfen. Sie beschäftigen Betreuerinnen, die speziell für den Umgang mit traumatisierten Kindern geschult worden sind. Mittlerweile steht sogar ein Berufsbildungszentrum vor der Eröffnung.

Zurück im heimischen Barnstorf überkommt das Unternehmerehepaar rückblickend immer wieder das Staunen über die eigene Courage. Wir haben nicht gewusst, auf was wir uns da einlassen, räumt Angelika Hinsenhofen ein und schüttelt den Kopf. Entstanden ist die Idee zu helfen im Kreis der Familie. Wir sahen die Bilder im Fernsehen und dachten, da müssen wir etwas tun. Statt allerdings nur Geld an eine der Hilfsorganisationen zu spenden, stand für sie fest, auch selbst vor Ort aktiv zu werden. Als Sohn Christian nach den Feiertagen seinen Mitazubis von der Idee erzählte, erklärten die sich spontan bereit, auf einen Teil ihres Jahresurlaubs zu verzichten, um in der Krisenregion mit anzupacken. Neben der täglichen Arbeit für den Gebäudereinigerbetrieb wurden Pläne geschmiedet, Eltern informiert und überzeugt, medizinische Vorsorge getroffen, Reiseformalitäten geklärt und Kontakte geknüpft.

Sri Lanka stand als Ziel unseres Hilfsprojektes schnell fest, sagt Hinsenhofen. Als ehemaliger Einkaufsleiter eines namhaften Versandhausunternehmens kennt er das Land und auch die anderen vom Tsunami betroffenen Regionen. Thailand konnte sich nach unserer Einschätzung durch den Tourismus selbst helfen, die betroffene Region in Indonesien war viel zu gefährlich, um mit unseren Auszubildenen vor Ort aktiv zu werden. Also fiel die Wahl auf Hambantota, einen der am stärksten von der Flutwelle heimgesuchten Landstriche ganz im Süden Sri Lankas. Über einen ehemaligen Geschäftsfreund entstand der Kontakt zu Sajith Premadasa, dem Sohn des 1993 ermordeten Präsidenten des Landes. Der koordinierte vor Ort die Hilfe für die Opfer der Flut, die in der Region mehr als 10 000 Tote forderte hat und gut 40 000 Menschen ohne ihr gesamtes Hab und Gut zurückließ. Gemeinsam konkretisierten beide das Projekt.

Dann ging es los. Doch bereits am Düsseldorfer Flughafen drohte das Aus: Ein Dieb stahl die Tasche mit sämtlichen Reisedokumenten und 15 000 Euro Bargeld, das für die Soforthilfe gedacht war. Doch so schnell gab sich die hilfsbereite Truppe nicht geschlagen: Wir wollten nicht, dass durch so einen Blödmann das Projekt scheitert, sagt Hinsenhofen junior. Also stellten die jungen Leute auch den Rest ihres Urlaubs in den Dienst der guten Sache. Und auch für die Hinsenhofens stand fest: Wir machen weiter.

Fotos: privat

Per Flieger ging es wenige Wochen später nach Colombo und von dort mit dem klapprigen Van ins Krisengebiet. Berührungsängste? Fehlanzeige! Wir haben uns gefreut, gerade den Kindern helfen zu können, sagt Andreas Herr. Gezögert habe niemand. Vor Ort schuftete er mit seinen Kollegen täglich satte zwölf Stunden in sengender Sonne bei abenteuerlich hoher Luftfeuchtigkeit.

Zurück im heimischen Barnstorf ist bei den jungen Leuten vor allem eins in Erinnerung geblieben: Die unglaubliche Freundlichkeit der Menschen. Die sind viel zufriedener, als wir es hier sind, sagt Christian Hinsenhofen. Er ist von der Art und Weise, wie die Menschen mit ihrem Schicksal umgingen, tief beeindruckt. Wir haben einen vielleicht 15 Jahre alten Jungen kennengelernt. Täglich half er mit beim Bau. Eines Abends fragte er uns, ob wir ihn auf dem Weg zurück zum Hotel ein Stück mitnehmen könnten. Auf halben Weg bat er unseren Fahrer anzuhalten. Dann führte er mich hinunter zum Strand. Dort lebte er in einem zerschellten Boot, das er gemeinsam mit seinem Onkel notdürftig zu einer kleinen Hütte umfunktioniert hatte. Das war alles, was das Wasser ihm gelassen hatte.

Solche Bilder hinterlassen Spuren und spornten an, weiter zu helfen. Entsprechend mag bei den Hinsenhofens niemand ans Aufhören denken. Wer in die Gesichter geschaut hat, kann das einfach nicht beenden, resümiert Friedhelm Hinsenhofen.

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