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Kredite

Raus aus der Bürgschaftsfalle

Kündigt die Bank einem Handwerker den Kredit, ist oft auch die Familie dran: Als Bürgen werden Ehegatten, Kinder oder Eltern gleich mit zur Kasse gebeten. Doch nicht jede Bürgschaft ist legal: Bürgen können sich wehren.

Regelmäßig sichern sich Banken per Bürgschaft gegen Kreditausfälle ab. „Häufig sind die Verträge so gestaltet, dass die Bank bei Kündigung der Kredite wählen darf, ob sie die Begleichung der Kreditschuld vom Kreditnehmer oder dem Bürgen verlangt“, berichtet Rechtsanwalt Ernst-August Bach aus Hannover. Somit bleibe dem Bürgen am Ende oft nur der Rückgriff auf den Kreditnehmer. Doch das ist meist ein Griff ins Leere. Doch nicht jede Bürgschaft muss so weit führen. „Es gibt inzwischen viele Urteile zugunsten von Bürgen“, sagt Bach. Denn nach Erfahrung des Experten sind Bürgschaften häufig schlichtweg nichtig. In solchen Fällen müssten die Bürgen nicht zahlen.

Nichtigkeit wegen krasser finanzieller Überforderung
Besteht ein grobes Missverhältnis zwischen Bürgschaftshöhe und finanzieller Leistungsfähigkeit des Bürgen, so handele es sich um eine „krasse finanzielle Überforderung“, betont Bach. In solchen Fällen sei eine Bürgschaft sittenwidrig und damit nichtig. Ob ein Bürge dermaßen überfordert ist, hängt von seinem Einkommen und Vermögen ab.

Das Einkommen des Bürgen
Um eine krasse Überforderung handele es sich, wenn der Bürge die im Kreditvertrag festgelegten Zinsen nicht aus seinem pfändbaren Einkommen bezahlen kann.

Ein Beispiel: Die Ehefrau eines Handwerkers bürgt für einen Firmenkredit in Höhe von 150.000 Euro. Der Kreditvertrag sieht einen Zinssatz von 8,25 Prozent vor, also monatliche Zinsen von 1031,25 Euro. Die Ehefrau ist berufstätig und hat ein monatliches Netto-Einkommen von 1650 Euro. Davon wären rund 504 Euro pfändbar, was nicht ausreichen würde, um die Zinsen zu bedienen.

Das Vermögen des Bürgen
Verfügt der Bürge allerdings über Vermögen, so könne das dazu führen, dass trotz des nichts ausreichenden Einkommens keine krasse Überforderung vorliegt.

Beispiel: Gehört im oben genannten Beispiel der Ehefrau eine unbelastete Immobilie mit einem Verkehrswert von 130.000 Euro, so wäre sie zum Verkauf gezwungen, um die Bürgschaft zu erfüllen. Anders könnte es aussehen, wenn die Immobilie mit Grundpfandrechten belastet ist. Würde der Verkaufserlös aufgrund der Marktlage lediglich die Grundschuld decken, so würde der Verkauf die Vermögenssituation der Bürgin nicht verbessern. Folglich erhöht ihr Vermögen nicht ihre finanzielle Leistungsfähigkeit. Sie wäre nicht zum Verkauf gezwungen. Es bleibt bei der krassen Überforderung.

Sittenwidrige Bürgschaften
Zusätzlich können Bürgen Indizien für einen sittenwidrigen Vertrag anführen. „Voraussetzung für die Nichtigkeit einer Bürgschaft ist jedoch die krasse Überforderung. Nur wenn sie vorliegt, können vor Gericht weitere Anhaltspunkte eine Rolle spielen“, betont Bach. Solche Anhaltspunkte können sein:

  • Wirtschaftliche Sinnlosigkeit: Häufig fordern Banken nach Bachs Erfahrung Bürgschaften, um einer behaupteten Verschiebung von Vermögen vorzubeugen, zum Beispiel vom Kreditnehmer auf die Ehefrau. „Ohne konkrete Verdachtspunkte ist so eine Bürgschaft jedoch sittenwidrig, und in der Praxis können Banken meist keine Anhaltspunkte für Vermögensschiebung vorlegen.“
  • Emotionale Abhängigkeit: Häufig sind Ehegatten, Kinder oder Eltern die Bürgen. „In solchen Fällen kann regelmäßig von einer emotionalen Abhängigkeit ausgegangen werden. Dann handelt es sich in der Regel um einen fremdbestimmten Willensbeschluss, was ebenfalls sittenwidrig ist.“
  • Überrumplung: Immer wieder komme es vor, dass Banker die Bürgen nicht ausreichend über Haftung und Risiken aufklären, sondern die Bürgschaft als Formalität verharmlosen (zum Beispiel: „Die Bürgschaft brauchen wir nur für unsere Akten.“)Auch das sei ein zusätzlicher Hinweis auf eine sittenwidrige Bürgschaftsvereinbarung.
Auf der folgenden Seite lesen Sie, warum Zeugen bei einer Bürgschaftsvereinbarung so wichtig sind und wie Sie sich gegen unzulässige Bürgschaften wehren.

Widerstand gegen Bürgschaften ist möglich

Nicht ohne Zeugen
Rechtsanwalt Ernst-August Bach rät dringend dazu, eine Bürgschaft nur im Beisein eines Zeugen einzugehen. „Wenn ein Banker zum Beispiel das Risiko verharmlost oder nicht richtig aufklärt, kann das nur ein Zeuge bestätigen. Sonst steht Wort gegen Wort.“

Ein Zeuge sei auch wichtig, wenn die Bank den Bürgen nicht über sein Widerrufsrecht belehrt. Dann auch in solchen Fällen sei die Bürgschaft nichtig.

Als Zeuge komme auch der Kreditnehmer selbst infrage, für den die Bürgschaft gestellt wird.

Sofort handeln
Hat ein Bürge den Eindruck, dass seine Bürgschaft sittenwidrig zustande gekommen sein könnte oder aus anderen Gründen nichtig ist, so sollte er sich rechtlich beraten lassen. „Zu klären ist dann, ob es sinnvoll ist, die Bürgschaft anzugreifen oder darauf zu verzichten, um den Kreditnehmer zu schonen“, sagt Bach.

Test infograf

Bedenken sollten Bürgen in jedem Fall, dass eine Bürgschaft ihre eigene Bonität belastet. „Das ist besonders ärgerlich, wenn die Bank die Bürgschaft einfordert, um Vermögensverschiebung vorzubeugen. Denn solche Bürgschaften werden häufig mit Null bewertet.“ Den Bürgen würde sie hingegen bei jeder Selbstauskunft mit dem vollen Betrag belasten. In solchen Fällen sollten Kreditnehmer und Bürge darauf hinweisen, dass eine nicht bewertete Bürgschaft unzulässig und daher herauszugeben sei, betont Bach. „Das sollte auch für den Kreditnehmer kein Problem sein, da seine Sicherheiten sich in diesem Fall nicht verschlechtern. Die Bank kann dann nicht einfach Sicherheiten nachfordern.“

Ständige Änderungen in der Rechtsprechung seien ein weiterer Grund, schnell zu handeln: „Wenn sich die Rechtsprechung in fünf Jahren ändert, dann ist eine Bürgschaft dann danach zu beurteilen. Ob die Bürgschaft nach heutigem Recht nichtig ist, interessiert dann nicht mehr.“

(jw)

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