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Was ist erlaubt im Web?

Rechtssicher über Mitarbeiter im Internet informieren

Wer sich im Internet über Bewerber informiert, riskiert teure Klagen. Was ist erlaubt, was verboten?

„Die Rechtslage ist schwierig“, sagt Tim Wybitul, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Experte für Datenschutzfragen aus Frankfurt. „Das Gesetz ist sehr schwammig formuliert, da hängt man als Arbeitgeber in der Luft.“

In so einer Lage können sich Arbeitgeber nur an der Rechtsprechung orientieren: Wie haben die Arbeitsgerichte bisher zum Thema „Hintergrundrecherchen“ entschieden?

Diese 3 Kriterien entscheiden über die Rechtmäßigkeit
Klare Vorgaben habe dazu vor allem das Bundesarbeitsgericht in einigen neueren Entscheidungen gemacht. „Entscheidend ist demnach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“, betont Wybitul. Dafür gebe es drei Kriterien:

  • Hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse? Die Recherche müsse für einen betrieblichen Zweck geeignet, also relevant sein für den Arbeitsplatz, betont der Jurist. Einfach so „mal gucken“, ohne einen konkreten Anlass und Zweck? Das wäre unzulässig.

  • Ist die Internetrecherche das mildeste Mittel? An diesem Punkt wird es kritisch. Das „mildeste Mittel“ ist immer jenes, das die Rechte des Bewerbers am wenigsten einschränkt. „Der Arbeitgeber muss sich fragen, ob er sich auch ohne die Internetrecherche ebenso wirkungsvoll und mit dem gleichen Aufwand über den Bewerber informieren könnte.“ Das mildeste Mittel sei in der Regel, Fragen im Bewerbungsgespräch zu stellen, nicht die Recherche im Internet.

  • Vor allem muss der Arbeitgeber zwischen dem eigenen Informationsinteresse und dem Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung abwägen. Die Gerichte prüfen an dieser Stelle, ob der Umgang mit Beschäftigtendaten auf einer angemessenen Interessenabwägung beruht. Andernfalls ist das geplante Vorgehen unverhältnismäßig.
  • Nur, wenn der Arbeitgeber alle drei Fragen mit „Ja“ beantworten kann, ist eine Internetrecherche zulässig.

    Ganz konkret: Was ist bei Google erlaubt, was auf Facebook?

    Darf man nicht einmal nach einem Bewerber googeln?

    Hier sieht Wybitul etwas rechtlichen Spielraum: „Meine Meinung ist: Wenn jemand über sich bewusst etwas im Web offenbart, sind diese Informationen frei zugänglich und offen über Google auffindbar. Dann spricht auch vieles dafür, dass hier kein schutzwürdiges Interesse vorliegt. In solchen Fällen darf der Arbeitgeber diese Informationen nutzen. Anders sieht die Sache aus, wenn Informationen offensichtlich gegen den Willen des Betroffenen ins Netz gestellt wurden, etwa durch einen Stalker. Da darf man nicht weiter graben.“

    Wann sind Recherchen in privaten sozialen Netzwerken erlaubt, zum Beispiel bei Facebook?
    Auch hier gelte ganz klar: nur, wenn die 3 Kriterien erfüllt sind. „Zulässig wäre eine Facebook-Recherche etwa, wenn der Arbeitgeber eine Vertrauensposition besetzen will, also zum Beispiel einen Geschäftsführer oder Vorstand einstellen will“, sagt Wybitul. „In so einem Fall ist es zulässig, wenn der Arbeitgeber auch nach persönlichen Informationen über den Bewerber sucht.“

    Geht es hingegen um die Stelle eines Gesellen oder eines Azubis, dann fallen Facebook und Co. in der Regel aus. „Eine Recherche auf Facebook wäre nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber schon im Vorfeld aus anderen Quellen arbeitsplatzrelevante Informationen über den Bewerber hat, die er nur auf Facebook überprüfen kann. Dann wäre die Recherche auf Facebook das geeignete und mildeste Mittel und damit zulässig. Aber in der Praxis dürfte so eine Situation die absolute Ausnahme sein.“

    Welche Risiken drohen bei Verstößen?

    Und wenn ein Arbeitgeber sich nicht an die Regeln hält?

    Falls ein Bewerber von unberechtigten Recherchen des Arbeitgebers im Internet erfährt, kann das ernsthafte Konsequenzen haben. Wybitul: „Wenn ein abgelehnter Bewerber das nachweisen kann, dann sollte sich der Arbeitgeber über eine Schadensersatzklage oder eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz nicht wundern.“


    (jw)

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