Das Leitmotiv der Vorläufigen Zahlungsanordnung klingt einleuchtend. Wenn die Erfolgsaussicht einer Klage wahrscheinlich ist, könnte ein Richter den Schaden des Klägers begrenzen, indem er ihm vorab einen Teil seiner offenen Forderung zuspricht.
Ein Beispiel: Ein 30.000 Euro-Auftrag landet vor Gericht, weil der Auftraggeber Fehler in der Arbeit moniert. Wäre die Mängelrüge voll berechtigt, würde die Reparatur 5.000 Euro kosten. Jetzt könnte ein Richter noch einen Sicherheitszuschlag von 5.000 Euro dazu rechnen, würde aber anordnen, dass der zahlungsunwillige Kunde die verbleibenden 20.000 Euro dem Unternehmer sofort überweisen muss.
Bislang wird über die "Sache" nach einer Mängelrüge als Ganzes entschieden. Und fix verlaufen Bauprozesse bekanntermaßen eher selten.
Geht es um langwierige Auseinandersetzungen vor Gericht, ist Eckart Kleine ein Experte wider Willen. Denn er wartet. Und wartet. Eine Rechnung, die der niedersächsische Elektrotechnikmeister im November 2002 Jahren geschrieben hat, steckt nach wie vor in einer juristischen Warteschleife fest (wir berichteten). Hätte ihm die VZA helfen können? "Absolut. Denn dass die Gegenseite auf Zeit spielt und Mängel vorschiebt, war eigentlich von Anfang an klar", sagt Kleine.
Einziger Schönheitsfehler für ihn und andere Kollegen, die ähnliche Geduldsproben erleben: Das Forderungsicherungsgesetz (FoSiG) enthält zahlreiche positive Neuerungen die Vorläufige Zahlungsanordnung gehört nicht dazu. Die Prozess-Abkürzung ist nach langen Jahren der Entscheidungsfindung im Gesetzgebungsverfahren zur Sackgasse verkommen. Zwar haben sich die Beteiligten darauf verständigt, dass sie den "prozessualen Teil" des FoSiG noch einmal überdenken wollen. Insider des Bauhandwerks gehen allerdings davon aus, dass die VZA vom Tisch ist. "Mit der SPD ist das nicht zu machen. So lange die Große Koalition am Ruder ist, wird da nichts mehr kommen", sagt Felix Pakleppa, Leiter der Hauptabteilung Recht des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes.
Volkssport Mängelrüge
Dabei sehen zahlreiche Baurechtsexperten das Gesetz positiv. "Wenn Richter die Vorläufige Zahlungsanordnung konsequent anwenden müssten, würden wir den Zusammenbruch des Volkssportes Restfinanzierung durch Mängelrüge erleben", sagt Heinz-Josef Kemmerling vom Fachverbandes des Tischlerhandwerks NRW. Ein Auftraggeber, der wisse, dass er durch einen Prozess "keinen Zins- und Zusatzgewinn" erwirtschaften kann, würde einen Prozess erst gar nicht heraufbeschwören.
Die VZA könne aber nur von den Richtern sinnvoll umgesetzt werden, die "etwas vom Baualltag verstehen", gibt Kemmerling zu bedenken. Und leider würden viele der bezahlten Staatsdiener die Sorgen der Betriebe nicht kennen. Kleine sieht das ähnlich. Er empfiehlt spezielle Unterrichtseinheiten für Juristen. Das Schulfach: Realität der Mängelrüge. "Dann würden Richter schneller merken, ob sich ein Handwerker tatsächlich einen groben Fehler geleistet hat die Feinheiten könnten sie weiterhin den Sachverständigen überlassen."
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(sfk)