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Rote Karte für Tariftreuegesetz?

Rote Karte für Tariftreuegesetz?

Dass es "bundesweit ein Tariftreuegesetz" geben wird (handwerk.com berichtete), hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Jetzt hat Gerhard Schröder nachgezogen. Aber: Experten melden verfassungsrechtliche Bedenken an.

Das Gesetz solle noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden, sagte Schröder in einer Rede auf dem Gewerkschaftstag der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Wie schon Müller, hielt sich auch der Kanzler bei den Einzelheiten der Regelung bedeckt. Nur soviel ließ er durchsickern: Die Tariftreueregelung werde auf dem #8222;am Ort üblichen Tarif" basieren.

Eher zurückhaltend in der Bewertung der Kanzlerrede zeigt sich Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Das #8222;vielfach existenzgefährdende Ungleichgewicht der Wettbewerbsverhältnisse in der Bauwirtschaft" sei größtenteils darauf zurück zu führen, dass die bereits geltenden Vorschriften nicht ausreichend berücksichtigt werden würden. Schon heute stünden die öffentlichen Auftraggeber in der Pflicht, #8222;unverhältnismäßig billige Angebote zu kontrollieren und durch entsprechende Aufklärung die Transparenz der Auftragsvergabe sicher zu stellen".

Grundsätzlich könne ein Tariftreuegesetz, so der ZDH-Präsident, zwar ein Instrument zur notwendigen Konsolidierung der Wettbewerbsverhältnisse in der Bauwirtschaft sein: #8222;Dies setzt jedoch voraus, dass die vorgesehenen Regelungen zur Tariftreue im öffentlichen Auftragswesen strikt kontrolliert werden." Verstöße müssten mit spürbaren Sanktionen verbunden sein. Zudem dürfen die Neuregelungen nach Phillips Ansicht nur so lange gelten, bis die tiefgreifenden Strukturprobleme der Bauwirtschaft überwunden seien.

Teures Wahlgeschenk an die Gewerkschaften

Der Kampf gegen das "Krebsgeschwür illegale Beschäftigung" ist mit einem Tariftreuegesetz noch lange nicht beendet, meint Arndt Frauenrath, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Frauenrath begrüßt Schröders Vorstoß zwar #8222;nachhaltig", fordert aber gleichzeitig, Schwarzarbeitern nicht länger den Versicherungsschutz der Baugewerkschaften zu gewähren: #8222;Wer illegal Arbeitnehmer beschäftigt, kann nach heutiger Rechtslage nicht für die von den Berufsgenossenschaften erbrachten Leistungen in Regress genommen werden." Dies sei nicht länger hinnehmbar.

Auf Zustimmung ist das angekündigte Gesetzeswerk auch beim Hauptverband Farbe, Gestaltung und Bautenschutz gestoßen. Verbandspräsident Heinz Werner Bonjean mahnte in einer ersten Stellungnahme jedoch "strikte Kontrollen und wirksame Sanktionsmechanismen #8221; an. Ein "Allheilmittel #8221; sieht Bonjean in der angestrebten Neuregelung jedoch nicht. Dabei handele es sich allerdings um einen "Schritt in die richtige Richtung #8221;, meinte er.

Dass die Bundesregierung #8222;ihr Wahlgeschenk an die Gewerkschaften" teuer bezahlen könnte, vermeldet das Handelsblatt. Hintergrund: Der Bundesgerichtshof habe eine Tariftreueerklärung des Landes Berlin für verfassungswidrig erklärt und den Verfassungsrichtern zur Prüfung vorgelegt, weil die Vorschrift dem Grundsatz der so genannten #8222;Koalitionsfreiheit" widerspreche. Danach könne kein Unternehmen und kein Arbeitnehmer zur Anwendung von Tarifverträgen gezwungen werden. Doch genau das sei das Ziel der Tariftreuepflicht. Der Politik drohe die #8222;rote Karte der Verfassungshüter".

Bayern hat den möglichen Bedenken des Bundesverfassungsgerichts bereits vorgegriffen. Vor dem Hintergrund des Berliner Urteils hat das Bundesland den Bereich des Tiefbaus in seinem eigenen Vergabegesetz ausgeklammert. Mit einer abschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist nach Einschätzung des ZDB in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen.

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