Jemand geht pleite und führt sein Unternehmen trotzdem weiter. Dank Insolvenzplanverfahren. Noch wird diese Sanierungschance nur von wenigen genutzt.
von Astrid Funck
An Aufträgen habe es ihm nie gemangelt, sagt Ludwig Dierle, Geschäftsführer eines kleinen Bauunternehmens in Offenburg-Windschläg im Schwarzwald. Aber die nachlassende Zahlungsmoral seines Hauptauftraggebers, einer Wohnungsbaugesellschaft, machte ihm schwer zu schaffen. Anfang 2006 musste Dierle Insolvenz anmelden, doch er gab nicht auf. Die Firma hat überlebt, und Dierle ist immer noch ihr Chef.
Er hatte Glück, weil er an einen Insolvenzverwalter geriet, der das Unternehmen fortführen wollte, und weil der Gesetzgeber dafür 1999 mit der Reform des Insolvenzrechts ein Instrument geliefert hat: das Insolvenzplanverfahren. Der Insolvenzplan stellt die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens dar und beschreibt, in welchen Schritten es saniert werden soll. Außerdem legen die Beteiligten darin fest, wie die Gläubiger befriedigt werden sollen und ob und wann der Unternehmer von seinen restlichen Schulden befreit wird. Voraussetzung ist, dass die Gläubiger dadurch nicht schlechter gestellt werden als bei einer Auflösung der Firma.
Nach Angaben von Peter Kranzusch, Insolvenzexperte am Institut für Mittelstandsforschung Bonn (ifm), sind viele Insolvenzplanverfahren bereits nach einem Jahr abgeschlossen. Die Unternehmer sind ihrer Schulden ledig, Arbeitsplätze bleiben erhalten. Dass die Quote der plansanierten Unternehmen in Deutschland noch unter einem Prozent vor sich hin dümpelt, liegt Kranzusch zufolge zum einen an den Insolvenzverwaltern, die von den Gerichten bestimmt werden, ohne dass die Schuldner dabei ein Mitspracherecht haben. Viele Insolvenzverwalter hätten weder die Erfahrung noch das Fachwissen, um unter extremem Zeitdruck einen Sanierungsplan aufzustellen. Sie scheuten die Haftungsrisiken und wählten meist den bequemeren Weg: die Zerschlagung des Unternehmens. Hinzu käme, dass die krisengebeutelten Unternehmer vor den Verfahrenskosten und bürokratischen Hürden zurückschreckten. Zum Beispiel sind hundertseitige Musterpläne entwickelt worden, obwohl sich viele Gläubiger auch mit kürzeren, aber plausiblen Plänen zufrieden geben.
Mit Abstand am größten ist der Sanierungswille in Sachsen: Dort gibt es nämlich den bundesweit einmaligen Finanzierungsfonds Krisenbewältigung und Neustart, aus dem speziell Betriebe gefördert werden, die das Insolvenzplanverfahren durchlaufen. Ein Vorab-Check der Handwerkskammern zeigt, ob das jeweilige Unternehmen die Fördervoraussetzungen erfüllt.
Bei der Ludwig Dierle Bauunternehmung GmbH hat das Planverfahren nur ein halbes Jahr gedauert. Insolvenzverwalter Cornelius Nickert ist mit dem Ergebnis zufrieden. Das A und O ist die frühzeitige Antragstellung, betont er. Für Ludwig Dierle geht es nun wieder bergauf: Obwohl er im Zuge der Sanierung drei Stellen streichen musste, hätten die übrigen sechs Mitarbeiter voll mitgezogen. Und seine Kunden seien ihm treu geblieben, weil er offen mit ihnen über die Insolvenzgründe geredet habe, sagt der Firmenchef. Sogar weiterempfohlen hätten sie ihn.
Frühzeitig Insolvenz anmelden:
Seit 1999 kann man eine Insolvenz nicht nur bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, sondern auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit anmelden. Viele Unternehmer zögern damit jedoch so lange, bis alles zu spät ist. Wer seinen Mitarbeitern zum Beispiel bereits monatelang keine Gehälter gezahlt hat, verbaut sich die Möglichkeit, den Betrieb fortzuführen.
Sanierungskonzepte erstellen:
Falls die Gläubiger einer Sanierung zustimmen, müssen der Schuldner oder der Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan einreichen. Dieser Fahrplan zur Rettung des Unternehmens sollte im Idealfall schon fertig sein, bevor man Insolvenz anmeldet. Die Betriebsberater der Handwerkskammern oder auf Turnaround-Management spezialisierte Unternehmensberatungen bieten dabei ihre Hilfe an.
Gläubiger sofort mit einbinden:
Überzeugen Sie Lieferanten, Geschäftspartner und Kunden mit übersichtlich aufbereiteten Zahlen und Konzepten davon, dass das Planverfahren für alle Beteiligten Vorteile bringt.
Verfahrenskosten aufbringen:
Eine wesentliche Hürde stellen die Verfahrenskosten dar, die der Unternehmer für die Verwaltung, Beratung und Planerstellung durch Dritte aufbringen muss. Anstelle des Insolvenzverwalters kann der Schuldner den Betrieb auch selbst verwalten, um die Kosten zu senken allerdings nur mit Zustimmung der Gläubiger.
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