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Arbeitslosenversicherung

Schnäppchen für Notfälle?

Selbstständige können sich seit dem 1. Februar zu niedrigen Preisen für den Fall der Arbeitslosigkeit absichern. Bis zu 1200 Euro Arbeitslosengeld gibt es für monatlich 39,81 Euro Versicherungsbeitrag. Klingt doch günstig. Oder nicht?

Selbstständige können sich seit dem 1. Februar zu niedrigen Preisen für den Fall der Arbeitslosigkeit absichern. Bis zu 1200 Euro Arbeitslosengeld gibt es für monatlich 39,81 Euro Versicherungs-

von Jörg Wiebking

Das Angebot wirkt attraktiv. Tischlermeister Peter S. aus München, seit 35 Jahren selbstständig, scheint sich für die Versicherung zu interessieren. Vor einem Jahr musste ich meinen Gesellen entlassen und jetzt reichen die Aufträge noch nicht einmal für mich selbst, zitiert der Münchner Merkur den Unternehmer. Da greife man nach jedem Strohhalm, schreibt die Zeitung. Der Tischlermeister würde für die 39,81 Euro Versicherungsbeitrag 1200 Euro Arbeitslosengeld kassieren. Ob er sich wirklich versichern wird? Der Merkur lässt die Frage offen.

So funktioniert die Vorsorge

Für Handwerker, die sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit absichern wollen, gelten folgende Regeln:

Beiträge: Egal ob Tischlermeister oder Bäcker: Für 39,81 Euro im Monat (in den neuen Bundesländern sind es 33,56 Euro) können Sie sich bei der Bundesagentur für Arbeit freiwillig versichern. Die Sätze gelten pauschal, Einkommensunterschiede macht die Bundesagentur nicht.

Leistung: Nach zwölf Monaten hätten Sie bereits Anspruch auf ein halbes Jahr Arbeitslosengeld. Da sich die Zahlungen nicht nach Ihren Beiträgen richten, sondern nach der Qualifikation, hätte ein Meister nach Angaben der Bundesagentur in den alten Bundesländern dann Anspruch auf ein Arbeitslosengeld, das monatlich zwischen rund 916 Euro (Steuerklasse I) und cirka 1220 Euro (Steuerklasse III mit einem Kind) liegt.

Voraussetzung: Nur wer vor der Selbstständigkeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt oder Arbeitslosengeld bezogen hat, kann der Versicherung beitreten. Die Bundesagentur für Arbeit überprüft dabei die letzten zwei Jahre vor der Selbstständigkeit. Innerhalb dieses Zeitraums müssten Sie mindestens zwölf Monate Arbeitslosenversicherung gezahlt oder Arbeitslosengeld bezogen haben.

Antragsfrist beachten

Die freiwillige Versicherung gibt es nur auf Antrag bei der jeweils zuständigen Arbeitsagentur. Dabei gelten folgende Fristen:

Gründer: Wer sich nach dem 31. Januar 2006 selbstständig macht, muss den Antrag innerhalb von einem Monat stellen.

Alle anderen: Wer am 1. Februar 2006 bereits selbstständig war und die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung erfüllt, kann den Antrag noch bis zum 31. Dezember 2006 stellen.

Problem: Wer gilt als arbeitslos?

Unklar ist allerdings die Frage, wann überhaupt Anspruch auf die Zahlungen besteht. "Wer weniger als 15 Stunden in der Woche selbstständig arbeitet, kann sich arbeitslos melden", sagt Heinz Oberlach, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Wie das in der Praxis funktioniert? Welche Nachweise ein Handwerker erbringen muss? Ob die Agentur Belege für eigene Akquiseanstrengungen verlangen kann? "Man muss schauen, wie das in der Praxis läuft", sagt Oberlach. Das Gesetz beantworte diese Fragen nicht. "Das wird dann vor Ort von den Agenturen entschieden, und es wird auf die Rechtssprechung ankommen."

Risiken: Was bringt die Zukunft?

Das Angebot ist umstritten. Experten befürchten, dass sich vor allem bereits gefährdete Unternehmer versichern könnten, was die Bundesagentur für Arbeit bald in finanzielle Schwierigkeiten bringen werde. Das könnte zu steigenden Arbeitnehmerbeiträgen führen. Oder zur Einführung einer Pflichtversicherung für alle Selbstständigen. In beiden Fällen wäre der Versicherungsschutz teuer erkauft.

Werden Sie sich freiwillig versichern?

Was halten Sie von der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige? Ist sie wirklich ein Schnäppchen? Oder sind die damit verbundenen Probleme zu groß? Schreiben Sie uns Ihre Meinung - entweder als Leserbrief oder vertraulich direkt an den Autor.

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