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Wirtschaftskriminalität

Schutz vor Wirtschaftskriminalität

Nicht nur Unternehmer haben pfiffige Geschäftsideen, auch Kriminelle verfeinern ihre Wege und Mittel. Wie sich Firmeninhaber vor letzteren schützen können, beschreibt Rechtsanwalt Michael-Christian Rössner in einem Leitfaden.

Als Spezialist für Wirtschaftskriminalität kennt er die Methoden von Betrügern und Dieben.

In einem Fall beriet Rössner den Inhaber eines Reparaturbetriebs aus der Metallbranche. Der hatte herausgefunden, dass sein Mitarbeiter Hartmut P. Aufträge abfing und sie im Laufe des Arbeitstages mittels Material und Maschinen seines Chefs erledigte. Die Rechnungssumme steckte er in die eigene Tasche.

Wirtschaftskriminalität nimmt viele Formen an, verursacht enorme Schäden und sie steigt. Die polizeiliche Kriminalstatistik listet für das vergangene Jahr 112.000 Fälle auf, ein Viertel mehr als im Jahr 2000. Die Schäden lassen sich aufgrund der hohen Dunkelziffer nur schätzen: Jahr für Jahr sind es Milliardenbeträge. Die Delikte reichen vom einfachen Griff in die Kasse über Betrug bis zur Fälschung von Jahresabschlüssen und Korruption. Die Täter gehören zur Konkurrenz oder schädigen die eigene Firma.

Der Münchener Rechtsanwalt Rössner rät, das Unternehmen systematisch vor Wirtschaftskriminalität zu schützen:

Bestandsaufnahme: Sie klärt, was am Unternehmen schützenswert ist. Dabei muss beachtet werden, dass nicht nur materielle Güter wie teure Büroausstattungen, Maschinen und Bargeld gesichert werden müssen, sondern auch nicht-materielle Werte wie geschultes Personal, Warenzeichen und Geschäftsgeheimnisse.

Vorbeugung: Kontrollmechanismen beugen Missbrauch und Unterschlagung vor. Indizien für kriminelle Taten können sein: Budgetüberschreitungen, Überweisungszweck Diverses, Verzicht auf Beförderung, plötzliche Übernahme zuständigkeitsfremder Tätigkeiten oder unerklärliche Wochenendarbeit im Betrieb.

Mitarbeiterzufriedenheit schützt das Unternehmen vor Wirtschaftskriminalität aus den eigenen Reihen. Es muss allen Mitarbeitern klar sein, dass schädigendes Handeln verfolgt wird, Hinweise auf Missbrauch erwünscht sind und keine negativen Folgen für den Zuträger haben. Auch Hartmut P. fiel durch anonyme Hinweise auf.

Verdachtsfall: Bei Verdacht auf kriminelle Taten eines Mitarbeiters rät Rössner dazu, sofort einen engen und verschwiegenen Krisenstab zu bilden. Falle dieser Stab unnötig groß aus, ist Indiskretion beinahe garantiert, sagt er.

Beweissicherung: Die Unternehmensleitung müsse sofort und diskret schadensbezogene Beweise und Informationen sichern. Laut Rössner gehören dazu: Informationen über Arbeitsabläufe und Aufgaben des Verdächtigen, E-Mails und Schriftstücke. Eine Detektei kann dabei unterstützen.

Die Informationen sind wichtig für Schadensbezifferung, Aufdeckung der Straftat, strafrechtliche Verfolgung, Schadensersatz und um die Sicherheitsstrategie zu optimieren.

Das weitere Vorgehen erfordere Fingerspitzengefühl. Eine spezialisierte Anwaltskanzlei kann nach Rössners Einschätzung dabei hilfreich sein. Externe Berater seien unabhängiger und weniger anfällig für falsche Rücksicht. Mit ihnen kann die konkrete Lösung des Falls abgestimmt werden.

Wann anzeigen?

Die Folgen einer schnellen Anzeige seien für den Unternehmer schwer absehbar: Wann wird der Anzeige nachgegangen? Wird diskret ermittelt oder werden die gesamten Geschäftsunterlagen beschlagnahmt? Wie reagieren Kunden oder Geschäftspartner auf eine polizeiliche Ermittlung? Was bedeutet das für das Unternehmensimage? Schließlich will ich als Unternehmer ein Szenario wählen, dass mir die Aufklärung bringt und nicht einen Imageschaden, fasst Rössner die Strategie zusammen.

Als Geschäftsführer der Polizeilichen Kriminalprävention (ProPK) kennt Kriminaloberrat Reinhold Hepp die Probleme, die manche Unternehmer mit einer Anzeige haben. Aber er führt zwei Vorteile an: Aus den Ermittlungen können sich Verbesserungsvorschläge ergeben, und eine Anzeige hat Signalwirkung. Sie macht allen Beteiligten klar, dass das Verhalten nicht nur personalrechtliche Folgen hat, sondern auch strafrechtlich verfolgt wird.

Zudem könne die stillschweigende Abwicklung einer Straftat handfeste rechtliche Folgen für das Unternehmen haben, warnt Rössner: Wird der überführte Mitarbeiter aus Angst vor Imageverlust mit gutem Zeugnis entlassen und schädigt auch seinen nächsten Arbeitgeber, könnte dieser den vorherigen Arbeitgeber haftbar machen.

Der Chef von Hartmut P. hat auf eine Anzeige verzichtet entgegen dem Rat Rössners. Mit Rücksicht auf die Geschäftspartner hatte der Unternehmer erfolgreich eine außergerichtliche Einigung angestrebt. Eine einstweilige Verfügung gegen den Mitarbeiter wurde vorbereitet, aber nicht mehr eingereicht.

Der Autor des Leitfaden zur Verhinderung von Wirtschaftskriminalität, Rechtsanwalt Michael-Christian Rössner, ist spezialisiert auf Wirtschaftskriminalität, Kapitalanlage- und Insolvenzrecht. Mit seiner Anwaltskanzlei ist er Mitglied im internationalen Anwaltsverein Eurojuris, der den Leitfaden auf seiner Internetseite veröffentlicht hat.

Weitere Informationen zu diesem Thema:

Leitfaden zur Verhinderung von

Wirtschaftskriminalität von Eurojuris e.V.

Eurojuris e.V.

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